Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung von Mehrwertsteuer bei fiktiver Ersatzbeschaffung eines gebrauchten Fahrzeugs nach § 249 Abs. 2 S. 2 BGB n.F., Höhe des Schmerzensgeldes bei HWS-Schleudertrauma
Leitsatz (amtlich)
1. Bei abstrakter Schadensberechnung nach den fiktiven Kosten der Ersatzbeschaffung eines gebrauchten Fahrzeugs ist im Bruttowiederbeschaffungswert i.d.R. nur ein nach § 249 Abs. 2 S. 2 BGB nicht zu ersetzender Mehrwertsteueranteil von ca. 2 % enthalten.
Handelt es sich um ein älteres Fahrzeug, das nahezu ausschließlich auf dem privaten Gebrauchtwagenmarkt angeboten wird, ist im Wiederbeschaffungswert keine Mehrwertsteuer enthalten, ein Abzug nach § 249 Abs. 2 S. 2 BGB kommt nicht in Betracht. Hat der Sachverständige im Schadensgutachten einen Bruttowiederbeschaffungswert einschl. 16 % Mehrwertsteuer angegeben, ist es eine Frage der tatsächlichen Feststellungen im Einzelfall, ob dieser Bruttowiederbeschaffungswert dem auf dem privaten Markt zu zahlenden Preis entspricht.
2. Schmerzensgeld i.H.v. 600 Euro für HWS-Schleudertrauma, verbunden mit Tragen einer Halskrause, physikalischer und Schmerztherapie sowie Arbeitsunfähigkeit für 2 Wochen
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 10.04.2003; Aktenzeichen 15 O 745/02) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers und unter Zurückweisung seiner weiter gehenden Berufung wird das Urteil des LG Köln vom 10.4.2003 – 15 O 745/02 – teilweise abgeändert und insgesamt, wie folgt, neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt,
1. an den Kläger 5.342,20 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.11.2002 zu zahlen;
2. an die T. GmbH u. Co. Autovermietung KG, M.-Str. 2, … Q., 934,02 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.11.2002 zu zahlen:
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen der Kläger zu 30 %, die Beklagten zu 70 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 34 %, die Beklagten zu 66 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die form- und fristgerecht eingelegte und auch i.Ü. zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache in dem erkannten Umfang Erfolg, i.Ü. ist sie unbegründet.
I. Dem Kläger steht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner gem. §§ 7, 17 StVG, 823, 847 BGB i.V.m. § 3 PflVersG ein Anspruch auf vollen Ersatz des ihm entstandenen Schadens i.H.v. insgesamt 5.676,22 Euro, davon ein Betrag von 934,02 Euro an die T. GmbH zu zahlen, sowie ein Schmerzensgeld i.H.v. 600 Euro zu.
1. Die Beklagten haften für das Unfallereignis nicht nur, wie das LG angenommen hat, zu 50 %, sondern zu 100 %. Nach dem Ergebnis der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme und unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Unfall auf ein derart grobes Verschulden des Beklagten zu 1) zurückzuführen ist, dass die auf Seiten des Klägers allein zu berücksichtigende Betriebsgefahr dahinter zurücktritt und es gerechtfertigt ist, den Beklagten zu 1) den Schaden allein tragen zu lassen.
Bereits die Stellung der Fahrzeuge nach dem Unfall, wie sie sich aus der polizeilichen Unfallskizze und den vom Kläger im Berufungsverfahren zu den Akten gereichten Fotos ergibt und i.Ü. zwischen den Parteien unstreitig ist, spricht eindeutig für die Richtigkeit der Unfallschilderung durch den Kläger, dass nämlich der Beklagte zu 1) von der linken Fahrspur kommend quer über die rechte, vom Kläger befahrene Fahrspur, in die auf dem rechten Seitenstreifen befindliche Parklücke eingefahren ist.
Die Darstellung der Beklagten, der Beklagte zu 1) habe auf der rechten Fahrspur stehend beabsichtigt, rückwärts einzuparken, ist schon deshalb nicht glaubhaft, weil bezogen auf die Ausgangsposition des Beklagten zu 1) vor seinem angeblichen „Fluchtmanöver” nach vorne rechts in die Parklücke wegen der auf dem rechten Fahrstreifen parkenden Fahrzeuge ein Rückwärtseinparken kaum möglich war, während der Beklagte zu 1) problemlos vorwärts hätte einparken können. Die Darstellung der Beklagten ist aber auch i.Ü. nicht plausibel und glaubhaft. Der Beklagte zu 1) will auf der rechten Fahrspur gestanden haben, um rückwärts einzuparken. Er will abgewartet haben, bis ein ihm folgendes Fahrzeug auf die linke Spur gewechselt hatte, sodann will er gesehen haben, wie sich der Kläger von hinten auf seiner Spur mit hoher Geschwindigkeit genähert habe und, aus Angst, der Kläger könne ihm auffahren, die Flucht nach vorne rechts in die Parklücke angetreten haben. Selbst wenn der Beklagte zu 1) in der Dunkelheit die Geschwindigkeit des Fahrzeugs des Klägers hätte einschätzen können, gab es für ihn zunächst keinen Anlass anzunehmen, der Kläger werde nicht, wie das vor diesem fahrende Fahrzeug, auf die linke Fahrspur wechseln. Dass der Kläger dies nicht tun würde, konnte dem Beklagten zu 1) erst auffallen, als der Abstand zwischen seinem Fahrzeug und dem des Klägers ein Ausweichen nicht mehr möglich erscheinen li...