Leitsatz (amtlich)
Kosten für eine einem Hotel ähnliche Unterbringung im Sinne von Abschn. A § 8 Nr. 1 Buchst. c VHB 2014 können auch die Aufwendungen für die Anmietung eines Wohnmobils sein
Normenkette
VHB 2014 Abschn. A § 8 Nr. 1 Buchst. c
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Aachen (9 O 132/22) vom 19.01.2023 teilweise abgeändert und - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 86.400,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.12.2021 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.995,94 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.07.2022 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits insgesamt hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. 1. Die Parteien streiten um die Pflicht der Beklagten als Hausratversicherer, Kosten für die Anmietung eines Wohnmobils in der Zeit von Dezember 2021 bis Dezember 2022 zu erstatten, das die Kläger als Wohnraumersatz für ihr am 15.07.2021 überflutetes Wohngebäude angemietet haben.
Die Kläger unterhalten bei der Beklagten eine Hausratversicherung (Versicherungsschein Anlage K 5, Bl. 53 eA-LG), für das auf dem Grundstück O.-straße N01 in M. aufstehende Wohn- und Geschäftshaus. Der Hausratsicherung, die mit der Produktvariante "Premium" vereinbart worden ist, liegen die "Vertragsbestimmungen zur UT. FD. Versicherung (HUS SFB 18 2018-4)" zugrunde, deren Bestandteil die "Allgemeinen Hausratversicherungsbedingungen Grunddeckung Basis (VHB 2014)" (Anlage K 1, Bl. 8 ff. eA-LG) sind. Die Beklagte ist zugleich Gebäudeversicherer bezüglich der auf dem Grundstück aufstehenden Gebäude.
Nach Abschnitt A § 8 Nr. 1 c) der VHB 2014 sind versichert "die infolge eines Versicherungsfalles notwendigen" Hotelkosten:
"für Hotel- oder ähnliche Unterbringung ohne Nebenkosten (z. B. Frühstück, Telefon), wenn die ansonsten ständig bewohnte Wohnung unbewohnbar wurde und dem Versicherungsnehmer auch die Beschränkung auf einen bewohnbaren Teil nicht zumutbar ist. Die Kosten werden bis zu dem Zeitpunkt ersetzt, in dem die Wohnung wieder bewohnbar ist, längstens für die Dauer von 180 Tagen. Die Entschädigung ist pro Tag auf 1 Promille der Versicherungssumme begrenzt, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist. Soweit durch den Vertrag eine nicht ständig bewohnte Wohnung versichert ist, sind Kosten für Hotel oder ähnliche Unterbringung nicht versichert."
Ausweislich Abschnitt B Ziffer 1 "Hotelkosten - 7320" der Besonderen Bedingungen für die Produktvariante Premium in der Hausratversicherung (BBH Premium 2014) (Anlage K 1, Bl 30 ff, eA-LG) gilt:
"Abweichend von Abschnitt A § 8 Nr. 1 c) VHS 2014 ist die Entschädigungsgrenze je Versicherungsfall auf 2 Promille der Versicherungssumme für den Hausrat erhöht. Die Kosten werden bis zu dem Zeitpunkt ersetzt, in dem die Wohnung wieder bewohnbar ist, längstens für die Dauer von 360 Tagen."
Die Versicherungssumme beträgt 120.000,- EUR (vgl. Versicherungsschein, Anlage K 5, Bl. 43 eA-LG).
Zwischen den Parteien kam es nach dem Schadensereignis zu Unstimmigkeiten hinsichtlich der Frage, ob die Sanierung des Wohngebäudes technisch möglich und wirtschaftlich sinnvoll - die Kläger behaupten, wegen einer Unterspülung der Grundmauern sei die Statik des Gebäudes gefährdet - oder das Gebäude abzureißen sei ebenso wie über die Höhe der Kosten einer Sanierung. Die Parteien übersandten sich wechselseitig Angebote bzw. Kostenschätzungen (vgl. Anlagen K 5, Bl. 113 ff. eA-LG; Anlage K 6, Bl. 123 ff.eA-LG). Die Kläger leiteten schließlich gegen die Beklagte vor dem Landgericht Aachen ein selbständiges Beweisverfahren zur Feststellung des Schadensumfangs ein, das vor dem Landgericht Aachen unter dem Aktenzeichen 9 OH 2/22 geführt wird.
Nach dem Vorfall lebten die Kläger, deren Kind zu diesem Zeitpunkt noch kein Jahr alt war und die Eigentümer eines Hundes von der Größe eines Golden Retrievers (vgl. Lichtbild Bl. 255 eA-LG) sind, zunächst einige Zeit in einem Ferienhaus in Spanien, wohnten danach auch wieder im Wohnhaus, wie sich aus der vorgerichtlichen Korrespondenz ergibt (vgl. Vorstandsbeschwerde der Kläger vom 07.10.2021 vorgelegt als Anlage K 12, Bl. 253 eA-LG und Email vom 24.09.2021, vorgelegt als Anlage K 17, Bl. 258 eA-LG). Ein im September 2021 eingeholtes mikrobiologisches Gutachten (Anlage K 13, Bl. 239 ff eA-LG) ergab eine erhöhte Schimmelpilzbelastung in den Wohnräumen. Das Haus war im Herbst 2021 ohne Stromversorgung und Heizung (Bl. 225 eA-LG und An...