Leitsatz (amtlich)
Die Regelung in den Bedingungen eines Hausratversicherers, wonach "die infolge eines Versicherungsfalls notwendigen Kosten... für Hotel- oder ähnliche Unterbringung ohne Nebenkosten (z.B. Frühstück, Telefon), wenn die ansonsten ständig bewohnte Wohnung unbewohnbar wurde und dem Versicherungsnehmer auch die Beschränkung auf einen bewohnbaren Teil nicht zumutbar ist", versichert sind, kann nicht dahin ausgelegt werden, dass eine Ersatzpflicht schon dann besteht, wenn lediglich ein versichertes Ereignis - hier: Leitungswasser - im Bereich der Wohnung aufgetreten ist, ohne dass auch ein Versicherungsfall am Hausrat die Entstehung dieser Kosten notwendig gemacht hat.
Normenkette
VHB § 9 Nrn. 1c, 3
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 13.07.2022; Aktenzeichen 14 O 56/19) |
Tenor
I. Auf die (Zweit-)Berufung der Beklagten wird das am 13. Juli 2022 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 14 O 56/19 - teilweise abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 4.850,79 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.253,07 Euro seit dem 21. Februar 2019, abzüglich eines am 9. August 2019 gezahlten Betrages in Höhe von 475,- Euro, und aus weiteren 3.597,72 Euro seit dem 8. Oktober 2021 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die (Erst-)Berufung der Kläger gegen das vorgenannte Urteil des Landgerichts Saarbrücken wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz mit Ausnahme der Kosten, die durch die Anrufung des unzuständigen Amtsgerichts entstanden sind und die den Klägern zur Last fallen, sind von den Klägern zu 73 Prozent und von der Beklagten zur 27 Prozent zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Klägern auferlegt.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
VI. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 12.617,46 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Kläger begehren von der Beklagten Leistungen aus einer Hausratversicherung; zuletzt haben sie ihre Klage unter Berufung auf eine Abtretungserklärung der Eheleute S. vom 28. Dezember 2021 (Bl. 698 GA) auch auf "Leistungs- und Freistellungsansprüche aus versichertem Schaden" aus einer bei der Beklagten unterhaltenen, hinsichtlich ihres Umfangs nicht näher beschriebenen Gebäudeversicherung ihrer Vermieterin gestützt.
Die Kläger waren Mieter einer Wohnung ...weg 4, Dachgeschoss (106 qm), in ... (Zuschnitt Bl. 182 GA). Das Mietverhältnis wurde zwischenzeitlich beendet. Der Kläger zu 1) unterhält bei der Beklagten für diese Wohnung unter der Versicherungsnummer ... eine "Sorglos-Hausratversicherung" mit einer Versicherungssumme von 72.000,- Euro; die Jahresprämie betrug zuletzt 110,91 Euro brutto (Bl. 183 GA). Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Hausratversicherungsbedingungen VHB 2012 (Bl. 6 GA) zugrunde; in deren Teil A heißt es dort auszugsweise:
§ 1 Versicherte Gefahren und Schäden (Versicherungsfall),
generelle Ausschlüsse
1. Versicherungsfall
Der Versicherer leistet Entschädigung für versicherte Sachen, die durch
(...)
c) Leitungswasser
(...)
zerstört oder beschädigt werden oder infolgedessen abhanden kommen.
§ 4 Leitungswasser
(...)
2. Nässeschäden
Der Versicherer leistet Entschädigung für versicherte Sachen, die durch bestimmungswidrig austretendes Leitungswasser zerstört oder beschädigt werden oder abhanden kommen. ...
§ 7 Versicherte und nicht versicherte Sachen, Versicherungsort
1. Beschreibung des Versicherungsumfangs
Versichert ist der gesamte Hausrat in der im Versicherungsschein bezeichneten Wohnung (Versicherungsort)
(...)
2. Definitionen
a) Zum Hausrat gehören alle Sachen, die dem Haushalt des Versicherungsnehmers zur privaten Nutzung (Gebrauch bzw. Verbrauch) dienen.
(...)
4. Nicht versicherte Sachen
Nicht zum Hausrat gehören
a) Gebäudebestandteile, es sei denn, sie sind in Nr. 2) b) aa) genannt
(...)
§ 9 Versicherte Kosten
Versichert sind die infolge eines Versicherungsfalls notwendigen
(...)
3. Kosten für Hotel- oder ähnliche Unterbringung ohne Nebenkosten (z.B. Frühstück, Telefon), wenn die ansonsten ständig bewohnte Wohnung unbewohnbar wurde und dem Versicherungsnehmer auch die Beschränkung auf einen bewohnbaren Teil nicht zumutbar ist. Die Kosten werden bis zu dem Zeitpunkt ersetzt, in dem die Wohnung wieder bewohnbar ist, längstens für die Dauer von 100 Tagen. Die Entschädigung ist pro Tag auf 2 %o der Versicherungssumme begrenzt, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist.
(...)
Am 28. Juni 2018 meldete die Vermieterin der Kläger der Beklagten zu ihrer Gebäudeversicherung einen Leitungswasserschaden unter der Duschtasse im Badezimmer der angemieteten Wohnung der Kläger. Im Rahmen sich anschließender Sanierungsarbeiten wurden am 11. Juli 2018 im Badezimmer die Duschtasse und im Schlafzimmer ein mit dem Kleiderschrank und der Wand verbauter Tresor ausgebaut; der Ausbau des Tresors wurde den Klägern in Höhe von 572,39 Euro in Rechnung gestellt (Bl. 84 GA), der Kleiderschrank wurde zum Zwecke der Trocknung der zwischen B...