Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 27.06.2002; Aktenzeichen 24 O 446/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27. Juni 2002 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 24 O 446/01 – teilweise geändert und neu gefaßt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin hatte bei der Beklagten eine Betriebshaftpflichtversicherung abgeschlossen, die sie am 4.8.2000 zum 1.1.2001 kündigte. Am 25.9.2000 kam es zu einem Schadenfall. Die Klägerin hatte von einem Großkunden, der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes (ZVK), einen Auftrag zur Fußbodenverlegung in einer Mietwohnung erhalten. Bei den Vorarbeiten verwendete der Monteur leicht entzündliches Material. Er unterließ es jedoch, neben der Stromversorgung für die Wohnung auch zentral den Strom für die Klingelanlage abzustellen. Als jemand die Wohnungsklingel betätigte, kam es nach Darstellung der Klägerin zu einer Verpuffung und einem erheblichen Schaden. Die Beklagte forderte die Klägerin noch am Tag der Schadensmeldung auf, keine Zahlungen zu leisten und teilte ihr am 15.11.2000 mit, sie habe gegenüber der ZVK Ansprüche abgelehnt. Sie ging davon aus, die Klägerin habe den Unfall nicht verschuldet. Für einen Rechtsstreit erteilte sie der Klägerin Deckungszusage und gab Verhaltensanweisungen. Am 6.3.2001 bat die Klägerin nochmals um Überprüfung der Eintrittspflicht. Es kam erneut zum Austausch von Informationen. Die Klägerin zahlte an ihren Kunden die von diesem geforderten 24.629,41 DM. Am 12.6.2001 lehnte die Beklagte endgültig Deckung ab.

Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe Anfang 2001 gezahlt, nachdem die ZVK, deren Aufträge 80 % ihres Auftragsvolumens ausmachten, mit einem Abbruch der Geschäftsbeziehungen gedroht habe. Sie hat die Beklagte auf Zahlung der 24.629,41 DM (12.592,82 EUR) nebst Zinsen in Anspruch genommen.

Die Beklagte hat sich u. a. auf Leistungsfreiheit wegen der Obliegenheitsverletzung berufen, die sie in der Zahlung der Klägerin sieht, aber auch auf Leistungsfreiheit wegen vorschriftswidrigen Umgangs mit brennbaren oder explosiblen Stoffen gem. Ziff. 4.3 BHB. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Es sei der Klägerin nicht zumutbar gewesen, sich von der ZVK verklagen zu lassen.

Mit der Berufung rügt die Beklagte, das Landgericht habe die Voraussetzungen des § 154 VVG verkannt und weite Teile ihres Sachvortrags, so z.B. zur Schadenshöhe (Abzüge neu für alt) unberücksichtigt gelassen. Die Klägerin trägt jetzt vor, sie habe nach Erhalt des Schreibens der ZVK vom 10.4.2001 gezahlt, nachdem der Kunde die Beendigung der Zusammenarbeit angedroht habe. Sie nimmt zum Umfang der mit der ZVK erzielten Umsätze weiter Stellung.

Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil, den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschrift vom 25. März 2003 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Berufung ist zulässig und begründet.

Entgegen der Ansicht der ersten Instanz ist die Klage unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch aus der Haftpflichtversicherung. Die Beklagte beruft sich mit Recht auf Leistungsfreiheit gem. §§ 6 AHB, 6 Abs. 3 VVG wegen eines Verstoßes gegen § 5 Nr. 5 AHB.

In § 5 Nr. 5 AHB heißt es unter anderem: „Der Versicherungsnehmer ist nicht berechtigt, ohne vorherige Zustimmung des Versicherers einen Haftpflichtanspruch ganz oder zum Teil … zu befriedigen.”

Gegen diese Obliegenheit hat die Klägerin verstoßen. Zur Zeit der Zahlung hatte die Beklagte der Klägerin ausdrücklich eine Deckungszusage erteilt. Allerdings war die Beklagte der Ansicht, sie habe – zumindest zunächst – Deckung nur zur Abwehr der Ansprüche zu leisten, die gegen die Klägerin erhoben wurden. Die Klägerin hatte in dieser Situation, weil keine Deckungsablehnung vorlag, weiterhin die vertraglich vereinbarten Obliegenheiten zu beachten.

Die im Ausgleich der Schadensersatzforderung liegende Obliegenheitsverletzung als solche ist unstreitig. Vorsatz wird nach § 6 Abs. 3 VVG vermutet. Hier kommt hinzu, daß die Klägerin von der Beklagten in deren Schreiben vom 25. September 2000 eine ausdrückliche Anweisung erhalten hatte, keinerlei Zahlung zu leisten. Die Klägerin wußte dementsprechend, daß sie gegen Anweisungen der Beklagten verstieß, als sie zahlte.

Die Obliegenheitsverletzung hat sich für die Beklagte nicht weiter ausgewirkt. Für derartige folgenlose Verletzungen tritt Leistungsfreiheit des Versicherers nach der Relevanzrechtsprechung des BGH (BGH VersR 1998, 447; BGH VersR 1969, 651) nur ein, wenn der Obliegenheitsverstoß objektiv – d. h. generell – geeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden und subjektiv von einigem Gewicht war, d. h. den Versicherungsnehmer muß ein erhebliches Verschulden treffen. Auch diese Voraussetzungen sind gegeben. Eine zusätzliche Belehrung über die Folgen der Obliegenheitsverletzung war nicht erforderlich. Nur bei Auskunftsobliegen...

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