Leitsatz (amtlich)
1. Hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer im Rahmen einer bestehenden Betriebshaftpflichtversicherung uneingeschränkt Versicherungsschutz i.S.v. Abwehrschutz gewährt, ist eine (vorweggenommenen Deckungs-) Klage des Versicherungsnehmers auf Feststellung, dass der von dem Versicherer geltend gemachte Leistungsausschluss wegen "Erfüllungsschäden" gemäß § 4 I Nr. 6 Abs. 3 AHB nur in Höhe eines bestimmten Betrages berechtigt ist, gemäß § 256 Abs. 1 ZPO unzulässig.
2. Bei der begehrten Feststellung der betragsmäßigen Höhe des unstreitig nicht nach § 4 I Nr. 6 Abs. 3 AHB vom Versicherungsschutz umfassten Erfüllungsschadens handelt es um eine reine Tatsachenfeststellung. Zulässiger Gegenstand einer Feststellungklage kann - abgesehen von der Echtheit einer Urkunde - dagegen nur das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses sein.
2. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die zugrundeliegenden Haftpflichtprozesse andauern und nach dem Vorbringen des Versicherungsnehmers eine Zuordnung der Positionen des Erfüllungsschadens zu den einzelnen Forderungen der Haftpflichtprozesse nicht möglich ist.
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 21.01.2016; Aktenzeichen 24 O 163/15) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 21.01.2016 verkündete Urteil des LG Köln - 24 O 163/15 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden der Klägerin auferlegt.
Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin wegen ihrer Inanspruchnahme aufgrund des Kranunfalls vom 29.04.2003 auf Schadensersatz durch die N AG in dem Verfahren vor dem LG Köln - 18 O 140/07 - und durch die IK GmbH vor dem LG Köln - 18 O 540/06 - Feststellung verlangen kann, dass Versicherungsschutz aus dem Betriebshaftpflichtversicherungsvertrag zu gewähren ist mit Ausnahme eines Betrages i.H.v. 111.758 EUR, der auf sog. Erfüllungsschäden im Sinne von § 4 I Nr. 6 Abs. 3 AHB entfällt.
Zwischen den Parteien bzw. ihren Rechtsvorgängern bestand im Jahr 2003 ein Betriebshaftpflichtversicherungsvertrag sowie ein hierauf aufbauender Exzedentenvertrag. Auf den Versicherungsschein (Anlage K 1, AH) und die Versicherungsbestätigung vom 06.02.2003 (Anlage K 1a, AH) wird Bezug genommen. In § 4 I Nr. 6 Abs. 3 der einbezogenen AHB ist geregelt, dass die Erfüllung von Verträgen und die an die Stelle der Erfüllungsleistung tretende Ersatzleistung nicht Gegenstand der Haftpflichtversicherung sind. Das Versicherungsverhältnis endete zum 01.01.2006.
Am 17.09.2002 schloss die Klägerin mit der Fa. P&Z GmbH (im Folgenden: Fa. P&Z GmbH) einen Vertrag über eine Dach-Arbeitsgemeinschaft (Anlage K 2, AH). Zweck der Dacharbeitsgemeinschaft mit der Bezeichnung "ARGE Baugrube D.." (im Folgenden: ARGE) war die gemeinsame Durchführung von Spezialtiefbau- und Abbrucharbeiten im Rahmen des Bauvorhabens Hotel IC in Düsseldorf (Bauprojekt "IC"). Die Klägerin war an dieser ARGE mit vorläufig 62,5 % beteiligt. Die ARGE wiederum schloss für bestimmte Arbeiten Nachunternehmerverträge, so u.a. für Spezialtief- und Verbauarbeiten mit der ARGE Spezialtiefbau D, an der die Klägerin wiederum mit 60 % und die Fa. Z GmbH mit 40 % beteiligt waren. Die Fa. P&Z GmbH unterhält eine Betriebshaftpflichtversicherung bei der M-Versicherung AG, die Fa. Z GmbH eine solche bei der A-Versicherung.
Die ARGE schloss am 23.08./26.08.2002 einen Werkvertrag mit der E & P Bauträger- und Projektentwicklungsgesellschaft mbH, die inzwischen als IK GmbH firmiert (im Folgenden: Fa. E & P). Die Fa. E & P war von der DKÖ Objektgesellschaft Dr. H KG (im Folgenden: Fa. DKÖ) als Generalunternehmer beauftragt worden. Letztere unterhielt eine Bauwesenversicherung bei der N AG.
Am 29.04.2003 kam es auf der Baustelle zu einem Umsturz zweier Turmkräne. Zwei Bauarbeiter kamen ums Leben. Es entstanden zudem Sach- und Vermögensschäden in Millionenhöhe. Mit Schreiben vom 14.11.2003 (Anlage K 9, AH) erklärte die Rechtsvorgängerin der Beklagten gegenüber der Klägerin:
"als Haftpflichtversicherer Ihres Unternehmens bestätigen wir Ihnen, dass für die im Rahmen des Bauvorhabens Kö 59, Düsseldorf, durch den Kranunfall vom 29.4.03 eingetretenen Folgeschäden im Rahmen des bei unserer Gesellschaft abgeschlossenen Versicherungsvertrages Deckung besteht."
Aus Kranunfall erwuchsen mehrere Schadensersatzklagen, die gegen die ARGE, die Klägerin und die Fa. P&Z GmbH sowie weitere am Bau Beteiligte geführt wurden und werden. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind Deckungsfragen betreffend zwei Haftpflichtklagen vor dem LG Köln:
Die N AG erbrachte an die Fa. DKÖ eine Entschädigung in Höhe von 3.200.000,- EUR aus der...