Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestellung eines Erbbaurechts zugunsten einer Stadt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Bestellung eines Erbbaurechts zugunsten einer nordrhein-westfälischen Stadt, die Trägerin der Bauleitplanung ist, ist auch dann wirksam, wenn sich im nachhinein herausstellt, dass der beabsichtigten Bebauung des Erbbaugrundstücks – behebbare – planungsrechtliche Belange entgegenstehen.

Denn wegen der Planungshoheit der Stadt ist dann die Bebauung des Grundstücks nicht „auf Dauer” aus Rechtsgründen ausgeschlossen (Fortführung von BGH v. 20.12.1985 – V ZR 263/83, BGHZ 96, 385 ff. = MDR 1986, 392 = NJW 1986, 1605 f.).

2. Die Herabsetzung des vereinbarten Erbbauzinses nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage findet auch dann nicht statt, wenn sich – nach Jahren – herausstellt, das die Erschließung des beabsichtigten Bauvorhabens nicht mehr gesichert ist.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 433-434; ErbbauVO § 1

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 5 O 274/00)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des LG Köln v. 13.2.2001 – 5 O 274/00 wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung der Klägerin hin wird dieses Urteil wie folgt abgeändert und neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 246.099,02 DM zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die aus dem Erbbaurechtsvertrag vom 18.8.1966 (UR-Nr. … des Notars Dr. G.) folgende Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Erbbauzinsen (§§ 2 und 3 dieses Vertrages) unverändert fortbesteht.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 270.000 DM abzuwenden, sofern nicht die Klägerin vor einer Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Sicherheit kann auch geleistet werden durch Bürgschaft eines als Zoll- oder Steuerbürge zugelassenen Kreditinstitutes mit Sitz in Deutschland.

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zahlung von Erbbauzinsen. Sie ist neben den Klägern des Parallelverfahrens LG Köln – 5 O 306/00 = OLG Köln – 22 U 104/01 Miteigentümerin eines etwa 14 ha großen Grundstücks in K., und zwar mit einem Miteigentumsanteil von einem Viertel.

Durch notariellen Vertrag vom 18.8.1966 wurde der Beklagten auf die Dauer von 99 Jahren, beginnend mit dem 1.7.1966, ein Erbbaurecht eingeräumt.

§ 6 des Vertrages hat folgenden Inhalt:

„Kraft des Erbbaurechts ist die Erbbauberechtigte berechtigt, auf dem Erbbaugrundbesitz Gebäude zu errichten, die der Verwendung als Krankenhäuser, Altenwohnhäuser oder zu ähnlichen Zwecken dienen.”

Hintergrund des Vertragsschlusses war die Absicht der Beklagten, das Erbbaugrundstück für einen geplanten Krankenhausneubau des evangelischen Krankenhauses K.-K. sowie eine Einrichtung des C. Werkes e.V. zur Verfügung zu stellen.

Zur Realisierung der Projekte kam es aus finanziellen Gründen nicht. Durch Schreiben des evangelischen Krankenhauses vom 6.5.1967 sowie durch Schreiben des C. werkes vom 10.4.1967 wurde der Beklagten mitgeteilt, dass die finanziellen Mittel nicht zur Verfügung stünden. Seitdem wird das Erbbaugrundstück als Ackerfläche genutzt.

In der Nachbarschaft des Erbbaugrundstücks befindet sich der Schießstand „A.P. Weg”. Am 7.1.1981 beschloß der Rat der Beklagten den Bebauungsplan Nr. …/05, der das Grundstück als Sondergebiet ausweist. Dieser Bebauungsplan ist bis heute gültig.

Nach § 2 des Vertrages ist ein Erbbauzins von 5 % des mit 35 DM/m2 angegebenen Bodenwertes zu zahlen. Die Zahlung soll in vierteljährlichen Teilbeträgen jeweils zum Quartalsersten erfolgen, und zwar entsprechend ihrem Miteigentumsanteil an die einzelnen Miteigentümer, an die Klägerin also jeweils ein Viertel.

§ 3 des Vertrages sieht eine Wertsicherungsklausel vor. In Anwendung dieser Klausel betrug nach Anpassung zum 1.7.1994 der Erbbauzins insgesamt 666.106,70 DM jährlich. Der auf die Klägerin entfallende vierteljährliche Anteil betrug demnach 41.631.67 DM.

Diese Beträge wurden von der Beklagten zuletzt für das zweite Quartal 2000 in voller Höhe gezahlt. Für das dritte Quartal 2000 zahlte die Beklagte an die Klägerin nur noch 3.691 DM.

Mit der Klage hat die Klägerin folgende Beträge geltend gemacht:

37.940,67 DM Differenzbetrag 3. Quartal 2000

41.631,67 DM Erbbauzins 4. Quartal 2000

41.631,67 DM Erbbauzins 1. Quartal 2001

121.204,01 DM Klageforderung.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 121.204.01 DM nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes vom 9.6.1998 aus 37.940,67 DM seit dem 3.7.2000, aus 41.631, 67 DM seit dem 04.10.2000 und aus 41.631,67 DM seit dem 03.01.2001 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, eine Zahlungspflicht bestehe nicht mehr, da der Klägerin die Erfüllung ihrer vertragsgemäßen Verpflichtung infolge eines von keiner Seite zu vertretenden Umstandes unmöglich geworden sei.

Unmöglich geworden sei...

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