Verfahrensgang
LG Bonn (Entscheidung vom 02.05.1989; Aktenzeichen 11 O 192/88) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 2. Mai 1989 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn - 11 O 192/88 - abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 12.882,- DM nebst 5 % Zinsen seit dem 12. März 1988 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die gesamten Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg, da die Klägerin Anspruch auf die begehrte Zahlung nach § 535 BGB hat.
Zwischen den Parteien ist, worüber auch nicht gestritten wird, ein verbindlicher Mietvertrag über einen Messestandplatz zu einem Entgelt von 25.764,- DM einschließlich Mehrwertsteuer für die "Frühjahrs-Fibo 88" zustandegekommen.
Dieser Vertrag ist später nicht einverständlich unter Entlassung der Beklagten aus ihren Verpflichtungen aufgehoben worden. Man wird bereits zweifeln können, ob die Beklagte ein Begehren um entschädigungslose Vertragsaufhebung mit Schreiben vom 18. Januar 1988 (vgl. Bl. 14 GA) an die Klägerin gerichtet hat. Dies kann aber dahinstehen, da die Klägerin jedenfalls einem derartigen Vorschlag nicht zugestimmt hat. Vielmehr hat die Klägerin der Beklagten unter dem 10. und 28.3.1988 Zahlungsaufforderungen übersandt, aus denen eindeutig zu entnehmen war, daß die Klägerin in eine entschädigungslose Vertragsaufhebung nicht einwilligen wollte. Solcher Erklärungswert läge auch nicht in der vom Zeugen v. d. N. bekundeten Äußerung der Klägerseite, man werde sich um einen anderen Mieter bemühen. Darin liegt nicht der Verzicht auf vertraglich zustehende Rechte.
Im landgerichtlichen Urteil ist bereits mit überzeugenden Ausführungen, auf die verwiesen sei, im einzelnen dargelegt, daß die Zahlungspflicht der Beklagten aus keiner der formularmäßig getroffenen besonderen Abreden folgt, da diese entweder nicht einschlägig oder nach den Vorschriften des AGB-Gesetzes nicht wirksam sind.
Die Mietzahlungspflicht der Beklagten ergibt sich aber allein aufgrund des Vertrages aus § 535 BGB.
Der durch Vertragsschluß übernommenen Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses steht nicht entgegen, daß die Beklagte an der Messe nicht teilgenommen und den Stand nicht benutzt hat. Nach allgemeiner, vom Senat geteilter Auffassung bleibt die Verpflichtung zur Mietzinszahlung unberührt davon, daß der Mieter die ihm eingeräumte Nutzungsmöglichkeit aus in seiner Sphäre liegenden Gründen nicht wahrnimmt, so auch bei einem bewußten Verzicht auf die Nutzungsmöglichkeit (vgl. BGH NJW 1963, 341 sowie OLG Hamm in NJW 1986, 2321, 2322 m.w.N.).
Dem Begehren der Klägerin steht vorliegend auch nicht § 552 Satz 3 BGB entgegen.
§ 552 Satz 3 BGB ist für das Mietverhältnis zwischen den Parteien allerdings grundsätzlich anwendbar und nicht etwa dadurch abbedungen, daß die Klägerin sich im formularmäßigen Mietvertrag das Recht vorbehalten hatte, auch nach hier schon erfolgter Standfestlegung dem Mieter andere Plätze zuzuweisen. Diese Abrede ist mit dem Landgericht als unwirksam anzusehen. § 10 Nr. 4 AGBG verbietet es nämlich, daß sich ein Verwender von Geschäftsbedingungen das Recht vorbehält, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht diese Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist. Diese, über § 9 AGBG auch für den kaufmännischen Verkehr maßgebliche Vorschrift läßt formularmäßige Abänderungsvorbehalte nur dann zu, wenn die Voraussetzungen einer einseitigen Änderung im einzelnen hinreichend konkretisiert sind und keine Abweichungen möglich werden, die zu Lasten des Kunden nicht unerheblich nachteilige Veränderungen gestatten (vgl. BGH in NJW 1983, 1322, 1325; Ulmer-Brandner-Hensen, Rdn. 9 zu § 10 Nr. 4 AGBG). Die von der Klägerin in Nr. 2 und Nr. 3 des Formularvertrages beanspruchten Änderungsmöglichkeiten sind von ihren Voraussetzungen her aber nur sehr allgemein umschrieben und lassen zudem Abweichungen zu, die den Charakter des vereinbarten Standplatzes vollständig verändern können. Dies ist den Partnern der Klägerin als deren einseitige Maßnahme nicht zumutbar, auch nicht mit Rücksicht auf das besondere Gepräge von Messen.
Der somit grundsätzlich anwendbare § 552 Satz 3 BGB greift vorliegend aber dennoch nicht ein. Seine Anwendung muß stets im Einklang mit Treu und Glauben (§ 242 BGB) stehen. So kann sich etwa ein Mieter auf § 552 Satz 3 BGB nicht berufen, wenn der Vermieter den Gegenstand auch im Interesse des Mieters weiter vergibt, um so die entstehenden Ausfälle gering zu halten (vgl. OLG Hamm in NJW 1986, 2321 1. Sp. mit zahlreichen weiteren Nachweisen und Palandt, Anm. 4 b zu § 552 BGB).
Im vorliegenden Fall wird man eine Berufung auf § 552 Satz 3 BGB nach Auffassung des Senates für unangemessen und treuwidrig betrachten müssen. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senates fest, daß die Klägerin...