Entscheidungsstichwort (Thema)
"Nachbildungen von Le-Corbusier- Möbeln" - Präsentation von in Italien legal hergestellten Nachbildungen in der Lounge einer Kunsthalle in Deutschland, wo die Originale urheberrechtlich geschützt sind
Leitsatz (amtlich)
1. Durch die mit dem 3. Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetztes vom 23.6.1995 erfolgte Änderung des § 17 UrhG ist die Überlassung von Werken der angewandten Kunst dem Ausschließlichkeitsrecht des Urhebers nicht von vornherein entzogen worden. Die in § 17 Abs. 3 S. 1 UrhG vorgenommene Definition der "Vermietung" besagt nicht, dass der Begriff des "Inverkehrbringens" in § 17 Abs. 1 UrhG nicht eine weiterreichende Bedeutung haben kann. Möbelnachbildungen werden daher "in den Verkehr gebracht", wenn sie in der Lounge einer Kunsthalle aufgestellt und so der allgemeinen Öffentlichkeit zugeführt werden.
2. Ein in Deutschland ausgesprochenes Verbot, in Italien rechtmäßig als Nachbildung hergestellte Möbel öffentlich auszustellen, lässt die rechtliche Zulässigkeit grenzüberschreitender Veräußerungsgeschäfte unberührt und kollidiert daher nicht mit Art. 28 EG-Vertrag.
Normenkette
UrhG §§ 17, 97; EGV Art. 28
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 23.11.2005; Aktenzeichen 28 O 268/05) |
Tenor
Die Berufungen der Beklagten und ihrer Streithelferin gegen das am 23.11.2005 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des LG Köln - 28 O 268/05 - werden zurückgewiesen.
Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren tragen die Beklagte und ihre Streithelferin je die Hälfte; ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagte und ihre Streithelferin jeweils selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte und ihre Streithelferin können jedoch die jeweils gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Gläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin, die auf der Grundlage eines unter Anderem mit der Fondation M. F. in Paris geschlossenen urheberrechtlichen Exklusivvertrages M. F. Möbelmodelle herstellt und vertreibt, nimmt die Beklagte, die - nach ihrem Vortrag in der mündlichen Verhandlung erster Instanz im Rahmen eines Kooperationsvertrages mit der Kunst- und Ausstellungshalle-GmbH, in dessen Rahmen ein Vertragsgastronom eingeschaltet werden sollte, der wiederum mit der Beklagten weitere Vereinbarungen hinsichtlich der Möblierung und Ausstattung treffen sollte - eine Zigarrenlounge in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn eingerichtet und dort mehrere, bei der Streithelferin mit Sitz in Bologna erworbene Nachbildungen von M.F.Möbelmodellen aufgestellt hat, auf Unterlassung in Anspruch.
Das LG hat mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen wegen des zugrunde liegenden Sachverhalts Bezug genommen wird, der Klage aus § 97 UrhG stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Das Aufstellen der nach deutschem Recht urheberrechtswidrig hergestellten Möbelmodelle stelle ungeachtet ihres in Italien zulässigen Erwerbs einen selbständigen Verbreitungsakt in Form des Inverkehrbringens der zugunsten der Klägerin urheberrechtlich geschützten Werke unter Missachtung deren alleinigen Verbreitungsrechts gem. § 17 UrhG dar, der mangels Zustimmung der Klägerin zur Veräußerung der Möbelmodelle in Italien nicht vom Erschöpfungstatbestand des § 17 Abs. 2 UrhG erfasst werde. Ob es sich bei diesem Verbreitungsakt um eine nach § 17 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 UrhG privilegierte Vermietung von Originalen oder Vervielfältigungsstücken der angewandten Kunst handele, könne dahinstehen, weil diese Regelung eine Rückausnahme zu der in § 17 Abs. 2 UrhG vom Erschöpfungstatbestand ausgenommenen Vermietung darstelle, auf die es nicht mehr ankomme, wenn der Erschöpfungstatbestand von vornherein nicht gegeben sei. Dem danach gegebenen Verbotsrecht der Klägerin stehe auch Art. 28 EG-Vertrag nicht entgegen. Danach gelte zwar innerhalb der Mitgliedstaaten der EU und des Europäischen Wirtschaftsraums eine europaweite Erschöpfung, wenn das Vervielfältigungsstück in einem der Mitgliedstaaten mit Zustimmung des Berechtigten veräußert worden sei. Dem könne aber der Fall, dass die streitgegenständlichen Möbelmodelle als Nachbildungen in Italien nicht dem Urheberrechtsschutz unterliegen, nicht gleichgesetzt werden. Die Frage, ob die Beklagte nach dem Erwerb der Plagiate diese durch einen neuen gewerblichen Verbreitungsakt in Verkehr bringen dürfe, könne keinen möglichen Eingriff in den freien Warenverkehr darstellen.
Dagegen richten sich die Berufungen der Beklagten und ihrer Streithelferin, mit denen diese ihre Anträge auf Klageabweisung weiterverfolgen und die Streithelferin der Beklagten hilfsweise beantragt, die Frage der Vereinbarkeit des Verbotes einer "Vermietung" i.S.v. § 17 Abs...