Entscheidungsstichwort (Thema)
Wegfall titulierten Ehegattenunterhalts wegen gesetzlicher Neuregelung
Leitsatz (redaktionell)
Die Änderung der Gesetzgebung zum Unterhaltsrecht stellt eine Änderung im Sinne des § 323 Abs. 1 ZPO dar. Der Gesetzgeber strebt eine weitgehende Anpassung alter Unterhaltstitel an das neue Recht nach Maßgabe des § 36 Nrn. 1 bis 3 EGZPO an.
Normenkette
ZPO § 323 Abs. 1; EGZPO § 36 Nr. 1; BGB § 1578b Abs. 2
Verfahrensgang
AG Bonn (Urteil vom 19.09.2008; Aktenzeichen 45 F 159/08) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 19.9.2008 verkündete Urteil des AG - Familiengericht - Bonn - 45 F 159/08 AG Bonn - unter Zurückweisung des Rechtsmittels und Klageabweisung im Übrigen für die Zeit ab Mai 2009 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
In Abänderung des am 28.10.2003 verkündeten Urteils des 4. Zivilsenates des OLG Köln - 4 UF 69/03 - zahlt der Kläger an die Beklagte von Mai 2009 bis Dezember 2009 nachehelichen Unterhalt i.H.v. monatlich 1.044 EUR.
Ab Januar 2010 entfällt ein Unterhaltsanspruch der Beklagten.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige - insbesondere frist- und formgerecht eingelegte - Berufung des Klägers hat in der Sache teilweise Erfolg, nämlich soweit er für die Zeit von Mai 2009 bis Dezember 2009 eine Herabsetzung seiner Unterhaltsverpflichtung auf 1.044 EUR verlangt und ab Januar 2010 eine Verpflichtung des Klägers zur Zahlung von Unterhalt ganz entfällt. Im Übrigen blieb seine Berufung erfolglos.
Der Kläger kann erst für die Zeit ab Mai 2009 gem. § 323 Abs. 1 ZPO eine Abänderung des Unterhaltstitels vom 28.10.2003 verlangen, da erst ab diesem Zeitpunkt eine so wesentliche Veränderung derjenigen Verhältnisse eingetreten ist, die für die Verurteilung zur Entrichtung des nachehelichen Unterhalts i.H.v. monatlich 1.533,88 EUR ab dem 1.12.2003 und die unbefristete Dauer seiner Entrichtung maßgebend waren.
Als wesentliche Änderungen im Sinne der Vorschrift sind zum einen die Gesetzesänderungen zum 1.1.2008 zum nachehelichen Unterhaltsrecht und zum anderen die Wiederverheiratung des Klägers zum 14.4.2009 anzusehen. Dagegen hat sich der Umstand, dass der Kläger mittlerweile Rente bezieht, nicht entscheidend auf seine Leistungsfähigkeit ausgewirkt.
Mit seiner Wiederverheiratung ist eine weitere Unterhaltsgläubigerin des Klägers hinzugekommen, die mit der Beklagten gleichrangig ist, so dass sich hierdurch bei unveränderten Einkommensverhältnissen des Klägers seine Leistungsfähigkeit ggü. der Beklagten mindert. Da der Kläger Mitte April 2009 geheiratet hat und seine Unterhaltsschuld ggü. der Beklagten jeweils monatlich im Voraus fällig wird, ist der Unterhaltstitel wegen der veränderten Leistungsfähigkeit des Klägers erstmalig ab Mai 2009 dahin abzuändern, dass nur noch ein monatlicher Aufstockungsunterhalt von 1.044 EUR geschuldet wird.
Zur Berechnung des noch bestehenden Unterhaltsanspruchs ist der Senat zunächst von den Einkommensverhältnissen der Parteien ausgegangen, die seiner Entscheidung aus dem Jahre 2003 zugrunde lagen. Substantiierter Vortrag zur Änderung ihrer wirtschaftlichen bzw. persönlichen Verhältnisse bis zu diesem Zeitpunkt - bis auf den Renteneintritt - fehlt. So hat der Kläger zunächst seine Abänderungsklage vornehmlich auf die zum 1.1.2008 eingetretene Gesetzesänderung zum Unterhaltsrecht gestützt und eine Befristung seiner Unterhaltsverpflichtung angestrebt. Soweit der Kläger mit seiner Abänderungsklage inzidenter auch die Unterhaltsberechnung im Unterhaltstitel, dessen Abänderung begehrt wird, angreift - so z.B. die Anrechnung von Mieteinnahmen -, kann dies wegen § 323 Abs. 2 ZPO mit der Abänderungsklage nicht geltend gemacht werden. Abweichungen zum Jahre 2003 haben sich insoweit nicht ergeben.
Beim Kläger war zwar zu berücksichtigen, dass er zwischenzeitlich Rente bezieht. Da er der Beklagten aber bislang Unterhalt zahlt, ist derzeit noch von seiner ungekürzten Rente auszugehen, wie er sie in der Klageschrift dargelegt hat, so dass sich bis Mai 2009 jedenfalls kein niedrigerer Unterhaltsanspruch der Beklagten als tituliert ergab.
Ab Mai 2009 war zu berücksichtigen, dass der Kläger wieder verheiratet ist und seine jetzige Ehefrau über ein Renteneinkommen von rund 745 EUR verfügt, wie der Kläger durch entsprechende Unterlagen belegt hat.
Bei der Beklagten ist weiterhin das ihr damals zugerechnete (fiktive) Einkommen der Unterhaltsberechnung zugrunde zu legen. Es liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor, wonach ihr der damals aus unterhaltsrechtlicher Sicht selbst verschuldete Verlust des Arbeitsplatzes und die damit verbundene deutliche Einkommenseinbuße nicht mehr zuzurechnen wäre. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte, wäre sie seinerseits beim Umzug des Bundestages unter Beibehaltung ihrer Anstellung mit nach Berlin gezogen, heute dennoch weniger verdienen würde als ihr jetzt - teilweise fiktiv - als Einkommen zugerechnet wird. Die Beklagte hatte ih...