Verfahrensgang
LG Bonn (Urteil vom 09.05.2012; Aktenzeichen 9 O 48/11) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Bonn vom 9.5.2012 (9 O 48/11) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage hinsichtlich der Verurteilung zur Zahlung von Schmerzensgeld und vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten dem Grunde nach gerechtfertigt ist.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger wurde am 2.6.2006 mit einem Down-Syndrom (freie Trisomie 21) und einem Herzfehler (Fallot'sche Tetralogie) geboren. Er wurde zunächst im Marienhospital Bonn und sodann in der Asklepios Klinik Sankt Augustin behandelt und am 6.7.2006 in die ambulante Therapie entlassen, wobei eine Herzoperation für den September 2006 geplant war. Die Asklepios Klinik übersandte dem Beklagten zu 1), der als niedergelassener Kinderkardiologe tätig ist, eine Medikamentenliste für die Behandlung des Klägers. Diese enthielt u.a. das Medikament Lanitop, ein digitalishaltiges Präparat zur Stärkung der Herzfunktion, mit der auf dieses Medikament bezogenen Angabe "2 × 1 gtt", wobei mit "gtt" Tropfen gemeint sind.
Eine Mitarbeiterin des Beklagten zu 1) bereitete für die Mutter des Klägers noch am 6.7.2006 ein Rezept für den Kläger vor, das der Beklagte zu 1) auch unterschrieb. Dieses wies Namen und Geburtsdatum des Klägers aus und enthielt die Angabe insgesamt dreier Medikamente, darunter auch des Medikamentes Lanitop mit dem Zusatz "50 Tbl." (also Tabletten). Tabletten enthalten die gegenüber Tropfen achtfache Dosierung des Digitaliswirkstoffes und sind als Darreichungsform nur für Erwachsene und Heranwachsende vorgesehen. Die Mutter des Klägers löste das Rezept in der Apotheke des Beklagten zu 2) ein, dem die Situation des Klägers bekannt war und dem auch die Medikamentenliste der Asklepios Klinik vorlag. Seine Mitarbeiterin händigte ihr 50 Tabletten aus, wofür eine Packung, die es nur in der Größe von 100 Tabletten gab, geteilt werden musste. Sie empfahl der Mutter des Klägers, die Tabletten aufzulösen und dem Kläger einzuflößen.
Vom 6.7.2006 bis zum Abend des 9.7.2006 wurde dem Kläger jeweils morgens und abends eine aufgelöste Tablette des Medikamentes Lanitop verabreicht (insgesamt sieben Mal). In der Nacht vom 9. auf den 10.7.2006 traten bei dem Kläger Krämpfe, hohes Fieber und ein aufgeblähtes Abdomen auf. Er wurde notfallmäßig in die Asklepios Klinik Sankt Augustin aufgenommen. Dort kam es zu einem Herzstillstand mit nachfolgender Reanimation über einen Zeitraum von 50 Minuten mit Intubation, Herzdruckmassage und Defibrillation. Eine offene Bauch-Operation wegen akuten Abdomens ergab eine Entzündung weiter Teile des Dünndarms. Ein nekrotisierter Teil des Dünndarms musste entfernt und ein doppelläufiger Anus praeter angelegt werden, der nach einigen Wochen zurückverlegt werden konnte. Über eine Dauer von 11 Tagen war eine künstliche Beatmung erforderlich. Der angeborene Herzfehler wurde am 10.10.2006 operativ korrigiert. Wegen des weiteren Verlaufs der gesundheitlichen Entwicklung des Klägers wird auf die eingereichten Schriftsätze und die beigefügten Anlagen Bezug genommen.
Bei dem Kläger liegt ein erheblicher Entwicklungsrückstand vor, der im einzelnen Gegenstand von im Verlaufe des Rechtsstreits vorgelegten Berichten des Familienzentrums Kleinbüllesheim (Anlage K 34, Bl. 210 ff. d.A.) und der LVR-Klinik Bonn vom 13.3.2012 (Anlage K 37, Bl. 300 ff. d.A.) ist, ausweislich derer er insbesondere im Alter von fünf Jahren noch nicht in der Lage war, zu sprechen, zu laufen oder selbständig zu essen. Auch hierauf wird Bezug genommen.
Auf geltend gemachte Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderungen des Klägers haben die Beklagten bislang 5.000 EUR gezahlt.
Der Kläger hat behauptet, er habe durch den erlittenen Herzstillstand als Folge der Digitalisintoxikation einen hypoxischen Hirnschaden erlitten, der für seinen Entwicklungsrückstand verantwortlich sei. Er hat die Auffassung vertreten, dass beide Beklagten für seine Schäden, insbesondere die Hirnschäden, einzustehen hätten, weil sie jeweils grob fehlerhaft gehandelt hätten. Soweit es Zweifel am Ursachenzusammenhang zwischen dem jeweiligen Fehlverhalten und den bei ihm vorliegenden Schäden gebe, gingen diese zu Lasten der Beklagten.
Er hat beantragt,
1. die Beklagten zu verurteilen, an ihn ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens jedoch 200.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 5.1.2007 sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 4.739,18 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dem Kläger allen weiteren, derzeit nicht absehbaren immateriellen Folgeschaden zu ersetzen, der ihm durch das fehlerhafte Handeln der Beklagten am 6.7.2006 entstanden ist und in Zukunft noch entstehen wird,
3. festzustellen, dass die Be...