Leitsatz (amtlich)
1. Muss im Rahmen der Beseitigung eines Mangels auch das mit einem eigenständigen Mangel behaftete Vorgewerk instandgesetzt werden, ist die Instandsetzung des Vorgewerks Sache des Auftraggebers.
2. Ist eine erforderliche Mitwirkungshandlung des Auftraggebers zur Mängelbeseitigung diesem nicht bekannt, ist eine Fristsetzung zur Mängelbeseitigung ohne Angebot der Mitwirkungshandlung nur unwirksam, wenn der Auftragnehmer den Auftraggeber auf die erforderliche Mitwirkung konkret hinweist.
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 5 O 170/10) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 16.11.2021 - 5 O 170/10 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithilfe.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte bzw. die Streithelferin als Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beklagte beauftragte die frühere Klägerin D. GmbH (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin) unter dem 22.03.2007 mit der Durchführung von Fassadenbauarbeiten an dem Neubau der Städtischen Förderschule X in A. unter Einbeziehung der VOB/B. Die Leistungen der Insolvenzschuldnerin wurden von der Beklagten am 11.08.2009 abgenommen. Der Kläger, der als Insolvenzverwalter nach Insolvenzeröffnung und Umfirmierung der Insolvenzschuldnerin den Rechtsstreit aufgenommen hat, macht restlichen Werklohn geltend.
Die Parteien streiten insbesondere über die Ausführung der Attikaabdeckung, welche die Klägerseite zum einen unter Zuhilfenahme von Holzlatten verschraubte und nicht mit Klemmprofilen befestigte sowie zum anderen teils schwarz statt wie ursprünglich vereinbart kupferfarben ausführte. Die Beklagte hat zunächst ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht und hilfsweise die Aufrechnung mit einem Betrag von 226.331,09 EUR erklärt (Bl. 459 LGA). Während des Rechtsstreits ist die Attika im Jahr 2017 durch die Beklagtenseite erneuert worden. Die hierauf bezogene Schlussrechnung der Firma F. vom 13.11.2017 hat die Beklagte auf 219.398,84 EUR geprüft (AH III). Nebst weiteren Posten macht sie mit Schriftsatz vom 11.01.2018 zuletzt Sanierungskosten von insgesamt 256.719,69 EUR geltend (Bl. 540 LGA) und stellt diese Kosten in der Reihenfolge von Bl. 6 des Schriftsatzes vom 11.01.2018 zur Aufrechnung (Bl. 196 OLGA).
Mit Urteil vom 16.11.2021 (Bl. 930 ff. LGA), auf das wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge, der tatsächlichen Feststellungen und der Begründung im Einzelnen Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe zwar einen fälligen Anspruch auf Werklohn in Höhe von - lediglich - insgesamt 69.265,70 EUR brutto, diese berechtigte Werklohnforderung sei aber durch die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 11.01.2018 erklärte Hilfsaufrechnung mit Ersatzvornahmekosten für die Beseitigung von Mängeln erloschen.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, der im Berufungsrechtszug sein Klagebegehren hinsichtlich einer Hauptforderung in Höhe von 149.771,68 EUR nebst Zinsen hieraus sowie den sich aus diesem Teilbetrag ergebenden vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten weiterverfolgt. Das Landgericht habe bei der Werklohnforderung unstrittige Positionen in Höhe von 50.194,96 EUR brutto und 16.191,31 EUR brutto sowie eine strittige Forderung in Höhe von 14.119,71 EUR im Urteil nicht berücksichtigt. Zuzüglich der vom Landgericht angenommenen Forderung in Höhe von 69.265,70 EUR folge hieraus der im Berufungsrechtszug verfolgte Anspruch über 149.771,68 EUR. Die Berufung meint weiter, ein Anspruch auf Ersatz der Ersatzvornahmekosten bestehe nicht, etwaige Fristsetzungen hinsichtlich der Nachbesserung der Attikaabdeckung seien wirkungslos gewesen, weil auch eine Überarbeitung der - nicht zum Gewerk der Insolvenzschuldnerin gehörenden - Unterkonstruktion wegen Mängeln des Vorgewerks notwendig geworden sei und die Beklagte diese erforderliche Mitwirkung nicht angeboten habe.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn
1.) 149.771,68 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit 26.06.2010 und
2.) Rechtsanwaltskosten aus vorgerichtlicher Tätigkeit in Höhe von 2.080,50 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe der Berufungserwiderung vom 28.03.2022 (Bl. 128 ff. OLGA). Auch unter Berücksichtigung der drei Vergütungspositionen in Höhe von 50.194,96 EUR, 16.191,31 EUR und 14.119,71 EUR sei das Urteil zutreffend, weil auch diese Vergütungspositionen durch Aufrechnung mit ihrer die Klageforderung übersteigenden Gegenforderung erloschen seien. Erst durch da...