Leitsatz (amtlich)

1. Unternehmer i.S.d. § 14 BGB ist, wer am Markt nach seinem gesamten Erscheinungsbild als Unternehmer auftritt. Für die Anwendung der Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB) kommt es unter dem Gesichtspunkt des maßgebenden Schutzbedürfnisses des Verbrauchers weder darauf an, ob der Verkäufer mit Gewinnerzielungseigenschaft handelt, noch darauf, ob er die Kaufsachen im eigenen oder im fremden Namen veräußert.

2. Beim Kauf eines Pferdes ist die Podotrochlose kein Sachmangel, der mit der Beweislastumkehr aus § 476 BGB unvereinbar wäre.

 

Normenkette

BGB §§ 14, 474, 476

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Urteil vom 12.01.2007; Aktenzeichen 2 O 1234/06)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 2. Zivilkammer des LG Bonn vom 12.1.2007 (2 O 123/06) wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.692,17 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 2.900 EUR seit dem 11.11.2005 und aus 1.125,44 EUR seit dem 22.12.2005 zu zahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird nach §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Gründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache in vollem Umfange Erfolg. Die Klage ist aus §§ 434 Abs. 1, 437 Nr. 2 und 3, 440, 346 Abs. 1, 280 Abs. 1, 284, 325 BGB begründet.

1. Die Stute S, die die Klägerin von der Beklagten gekauft hat, litt im Zeitpunkt des Gefahrüberganges am 9.1.2005 an einem Sachmangel i.S.d. § 434 Abs. 1 BGB.

a) Als Sachmangel kommt zum einen die Anlage für das Entstehen des bei der Stute aufgetretenen Ovar-Tumors in Betracht. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. C in seinem schriftlichen Gutachten handelt es sich um ein Teratom, und zwar um eine angeborene, durch Entwicklungsstörungen entstandene embryonale Geschwulstart. Bei seiner mündlichen Anhörung hat er angegeben, dass die Anlage des Tumors höchstwahrscheinlich bereits bei der Geburt des Pferdes vorhanden gewesen sei. Ein solcher Tumor entstehe typischerweise infolge undifferenzierter Stammzellen, die bereits embryonal vorhanden seien. Es sei zwar theoretisch denkbar, dass auch im späteren Leben sich normale Zellen in Stammzellen umwandelten. Die Anlage sei aber mit größter Wahrscheinlichkeit schon vorhanden gewesen. Nicht angeben konnte er, ob und ggf. in welcher Größe der Tumor bereits im Januar 2005 ausgeprägt gewesen sei. Der Senat neigt jedoch dazu, bereits die Anlage zur Tumorbildung, die nach den Ausführungen des Sachverständigen im Rahmen des § 286 ZPO als bewiesen anzusehen ist, als Sachmangel i.S.d. § 434 Abs. 1 BGB einzuordnen. Allerdings bewertet der BGH eine genetische Disposition zur Entwicklung von Krankheiten erst dann als Mangel, wenn sich das Tier bei Gefahrübergang in einem Zustand befindet, aufgrund dessen bereits die Sicherheit oder zumindest hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass es alsbald erkranken wird (BGH NJW 2006, 2250, 2254 = BGHZ 167, 40). Das Vorhandensein undifferenzierter Stammzellen geht jedoch über eine solche genetische Disposition hinaus und stellt nach Ansicht des Senats bereits für sich betrachtet eine Abweichung von der vertraglich geschuldeten Beschaffenheit des Tieres dar, weil ein durchschnittlicher Käufer bei Kenntnis dieses Umstandes von einem Kauf des Tieres Abstand nähme oder auf einer Verringerung des Kaufpreises bestehen würde.

b) Diese Frage bedarf indes keiner abschließenden Entscheidung, weil die Stute außerdem an einer Podotrochlose litt. Diese wurde zwar erst im Juni 2005, also fünf Monate nach Gefahrübergang, diagnostiziert. Zu Gunsten der Klägerin streitet aber § 476 BGB, wonach vermutet wird, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, wenn sich innerhalb von 6 Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel zeigt. Diese Vermutung greift vorliegend ein.

aa) Die Beweislastumkehr nach § 476 BGB gilt im Rahmen des Verbrauchsgüterkaufes nach § 474 BGB. Die Stellung der Klägerin als Verbraucher (§ 13 BGB) ist nicht im Streit. Nach dem beiderseitigen Vorbringen im Berufungsverfahren ist die Beklagte im Rahmen des Kaufvertrages auch als Unternehmerin tätig geworden. Unternehmer ist nach der Legaldefinition des § 14 Abs. 1 BGB eine Person, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Eine gewerbliche Tätigkeit setzt - jedenfalls - ein selbständiges und planmäßiges, auf eine gewisse Dauer angelegtes Anbieten entgeltlicher Leistungen voraus. Nicht erforderlich ist, dass der Verkäufer mit seiner Geschäftstätigkeit die Absicht verfolgt, Gewinn zu erzielen (BGH NJW 2006, 2250, 2251 ff.). Es genügt deshalb, wenn die Pferdezucht nur als Hobby betrieben wird und die damit einhergehenden Geschäfte nur dazu dienen, die Verluste zu reduzieren (BGH, a.a.O.). Die Beklagte hat in der Berufungserwiderung und in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, im Zeitraum ab 1992 immer wieder Pferde veräußert zu haben. Insbesondere hat sie in größerem Umfange Pfe...

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