Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausweiskontrolle bei Teilnahme gesperrter Spieler an Sportwetten
Leitsatz (amtlich)
1. Einem ausländischen Wettanbieter kann nicht unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauches ein Interesse daran abgesprochen werden, die Beachtung der Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages durch die Inhaber des staatlichen Sportwettenmonopols mit den Mitteln des Wettbewerbsrechts einer gerichtlichen Überprüfung zuzuführen.
2. Die durch § 21 Abs. 3, Satz 2 GlüStV zum Ausschluss gesperrter Spieler von Sportwetten geforderte Identitätskontrolle wird durch die sog. Westlotto-Basiskarte nicht gewährleistet; erforderlich ist vielmehr die Vorlage eines Ausweises, der über ein Lichtbild verfügt.
Das in einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ergangene Urteil ist gem. § 542 Abs. 2 ZPO seit seiner Verkündung rechtskräftig.
Normenkette
BGB § 242; UWG §§ 3, 4 Nr. 11; GlüStV § 21 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Bonn (Beschluss vom 24.08.2010; Aktenzeichen 1 O 314/10) |
Tenor
1.) Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des LG Bonn vom 24.8.2010 abgeändert:
Den Antragsgegnern wird es jeweils einzeln bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt, bei geschäftlichen Handlungen im Bereich des Glücksspielwesens spielgesperrten Personen die Teilnahme an öffentlichen Glückspielen durch Verkauf von Sportwetten zu ermöglichen, und zwar dann, wenn dies durch Vorlage einer Lottobasiskarte einer dritten Person geschieht, ohne dass ein Personalausweis oder vergleichbarer Lichtbildausweis vorgelegt wird, wie am 17.7.2010 geschehen in
- der Lottoannahmestelle des Herrn V C,..., gegen 11:40 Uhr,
- der Lottoannahmestelle des Herrn Q K,..., gegen 10:57 Uhr,
- der Lottoannahmestelle der Frau T N,..., gegen 9:00 Uhr,
- der Lottoannahmestelle des Herrn O S,..., gegen 10:16 Uhr,
- der Lottoannahmestelle des Herrn D U,..., gegen 11:30 Uhr, und
- der Lottoannahmestelle des Herrn P X,..., gegen 10:53 Uhr.
2. Die Kosten des Verfahrens werden den Antragsgegnern jeweils zu 1/3 auferlegt.
Gründe
I. Die Antragstellerin, eine Kapitalgesellschaft nach dem Recht der britischen Kanalinsel Alderney, bietet im Internet Spielern in Deutschland die Teilnahme an Sportwetten an. Die Antragsgegnerin zu 1 ist die nordrhein-westfälische Landesgesellschaft des Deutschen Lotto- und Totoblocks; die Antragsgegnerin zu 2, deren Geschäftsführer der Antragsgegner zu 3 ist, ist ihre Komplementärin.
Die Antragstellerin beauftragte eine für die Teilnahme an Sportwetten bei der Antragsgegnerin zu 1 gesperrte Person, sich unter Vorlage der "Westlotto Basis-Karte" eines nicht spielgesperrten Dritten, in den im Tenor genannten Lottoannahmestellen an der Sportwette Oddset zu beteiligen. Dies gelang der Testperson; nach einem amtlichen Ausweis wurde sie nicht gefragt.
Die Antragstellerin hat beim LG den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt. Das LG hat den Antrag ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen. Mit der Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter; die Antragsgegner verteidigen den angefochtenen Beschluss.
II. Die zulässige Beschwerde führt zum Erlass der einstweiligen Verfügung.
1. Der Antrag ist zulässig. Hinsichtlich des Verfügungsgrundes bestehen keine Bedenken. Der Antrag ist aber auch nicht rechtsmissbräuchlich.
a) Es kann dahinstehen, ob die Antragstellerin rechtmäßig von der Veranstaltung von Glücksspielen, insbesondere Sportwetten, in Deutschland ausgeschlossen ist. Der Senat hat bisher nicht abschließend entschieden, ob die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags wegen Verstoßes gegen das Europarecht nicht zu Lasten ausländischer Anbieter angewendet werden können. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist diese Frage durch die Urteile des Europäischen Gerichtshofs vom 8.9.2010 (C-316/07 und C-46/08) nicht abschließend geklärt. Denn zum einen war der Europäische Gerichtshof an die Sachverhaltsfeststellungen der vorlegenden Gerichte gebunden und diese Feststellungen waren - soweit dies den Urteilen entnommen werden kann - jedenfalls im Hinblick auf die Regelungen der Spielverordnung unvollständig; zum anderen hat der Europäische Gerichtshof die grundsätzliche Möglichkeit, den Vertrieb von Glücksspielen über das Internet wegen dessen besonderen Gefahren zu verbieten, ausdrücklich anerkannt (C-46/08, Rz. 102 ff.). Welche Schlussfolgerungen aus den genannten Entscheidungen zu ziehen sind, muss in diesem Verfahren jedoch nicht entschieden werden, weil das Vorgehen der Antragstellerin auch dann nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden kann, wenn man von der Wirksamkeit des Verbots ihrer Geschäftstätigkeit ausgeht.
Wie der das LG zutreffend ausgeführt hat, führt allein der Umstand, dass ein Wettbewerber selbst einen Rechtsverstoß begeht, nicht dazu, dass ihm der Schutz gegen unlauteren Wettbewerb versagt wäre; dies gilt vielmehr erst dann, wenn die Geltendmachung der auf die St...