Leitsatz (amtlich)
›Der nach § 592 S. 1 ZPO zur Statthaftigkeit des Urkundenprozesses erforderliche urkundliche Nachweis der anspruchsbegründenden Tatsachen kann auch durch ein Telefax geführt werden.‹
Gründe
c. ›Bei dem von der Kl. im Original vorgelegten Telefax handelt es sich um eine Urkunde i.S. von § 592 S. 1 ZPO. Der nach dieser Vorschrift erforderliche Urkundenbeweis kann mit allen Urkunden im Sinne der ZPO geführt werden, also mit allen Schriftstücken, die Gedankenäußerungen in Schriftzeichen enthalten, unabhängig davon, ob die Urkunden öffentlich oder privat, unterschrieben oder nicht unterschrieben, gedruckt, maschinen- oder handgeschrieben sind (vgl. OLG Köln, DB 1983,104,105...). Auf die Art der (technischen) Herstellung des Schriftstücks kommt es mithin nicht an, so daß beispielsweise auch ein Telegramm den formellen Anforderungen des § 592 S. 1 ZPO genügt .... Für den hier zu berurteilenden Fall einer Fernkopie (Telefax) gilt nichts anderes. Wie sich aus § 416 ZPO ergibt, ist die Unterzeichnung durch den Aussteller kein Wesensmerkmal der Privaturkunde. Der Umstand, daß die vom Empfangsgerät ausgedruckte Fernkopie infolge der technischen Übermittlung nicht selbst die handschriftliche Unterschrift des Ausstellers der übermittelten Erklärung trägt, sondern sie allenfalls - wenn das vom Absendegerät zur Übermittlung abgetastete Schriftstück unterschrieben war - wiederspiegelt, steht daher der Anerkennung des vom Empfangsgerät ausgedruckten Telefax als Urkunde i.S. des § 592 S. 1 ZPO nicht entgegen, sondern bewirkt nur, daß das Telefax als nicht unterschriebene Privaturkunde mangels Anwendbarkeit der Beweisregel des § 416 ZPO auch insoweit der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO unterliegt. ...
Gegen die Zulässigkeit der Verwendung eines Telefax als Beweismittel im Urkundenprozeß spricht auch nicht die Möglichkeit von Manipulationen, zumal die Möglichkeit von Fälschungen oder Verfälschungen auch bei sonstigen Urkunden nicht ausgeschlossen ist. Die Gefahr einer Manipulation kommt hier zudem schon deshalb geringes Gewicht zu, weil die Echtheit der klagebegründenden Urkunde und damit - wenn diese Urkunde eine Fernkopie ist - die Übereinstimmung des vom Empfangsgerät ausgedruckten Telefax mit der Erklärung der anderen Seite im Urkundenprozeß dann, wenn die Beklagtenseite die Echtheit bestreitet, vom Kl. nach § 440 Abs. 1 ZPO - mit den Beweismitteln des § 595 Abs. 2 ZPO - zu beweisen ist. ...
Der vorl. Fall bietet keinen Anlaß zur Prüfung der Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen auch eine Fotokopie als Urkunde i.S. von § 592 S. 1 ZPO anerkannt werden kann, Denn die Fotokopie unterscheidet sich von einer Fernkopie (Telefax) in einem für die hier in Rede stehende Frage wesentlichen Punkt: Die Fotokopie soll die Originalurkunde und die in ihr enthaltenen Erklärungen lediglich abbilden (›ablichten‹). Bei Telefax handelt es sich dagegen um diejenige verkörperte Gedankenerklärung des Ausstellers, die mit seinem Willen dem Adressaten übermittelt wird und zugeht, also um das technisch hergestellte, für den Empfänger bestimmte Original der Erklärung. Deshalb kann es auch nicht darauf ankommen, ob das Telefax durch die Übersendung eines gleichlautenden Schreibens per (Brief-)Post anschließend bestätigt wird. Wenn nach dem Willen der Beteiligten die Erklärung schon mit der Übermittlung per Telefax wirksam wird und zugleich im Telefax selbst beweiskräftig dokumentiert ist, kann die Durchsetzung der hierdurch begründeten Ansprüche - auch im Urkundenprozeß - nicht davon abhängen, ob die Erklärungen der Beteiligten anschließend wiederholt werden. Ob etwas anderes zu gelten hat, wenn die Parteien darüber einig sind, daß die per Telefax getroffene Vereinbarung anschließend - zu Beweiszwecken - nochmals mit gewöhnlichem Brief bestätigt werden soll, bedarf hier keiner Entscheidung.‹
Fundstellen
Haufe-Index 2994040 |
NJW 1992, 1774 |
DRsp IV(416)314c |
JuS 1992, 969 |
MDR 1991, 900 |