Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 24.02.2016; Aktenzeichen 28 O 156/15)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten zu 1) gegen das Urteil des LG Köln vom 24.2.2016 (28 O 156/15) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte zu 1). Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger, ein bekannter deutscher Sänger, nimmt die Beklagte zu 1) als Verantwortliche der Internetseite www.bild.de auf Unterlassung der Veröffentlichung eines Videos in Anspruch, welches am 23.12.2014 auf der dieser Internetseite eingestellt wurde. Das Video zeigt einen Zwischenfall am Flughafen KölnBonn, bei dem der Kläger sich in einer Auseinandersetzung mit zwei Fotoreportern (sog. Paparazzi) befindet. Hinsichtlich der Einzelheiten dieser Filmsequenz wird auf die Anlage K 1, hinsichtlich der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrags der Parteien sowie der gestellten Anträge auf das angefochtene Urteil (Bl. 371 d.A.) Bezug genommen.

Das LG hat der gegen die Beklagte zu 1) sowie die beiden Reporter - die früheren Beklagten zu 2) und 3) - gerichteten Klage mit Urteil vom 24.2.2016 stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, bei der streitgegenständlichen Bildberichterstattung handele es sich nicht um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte, welches gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG auch ohne Einwilligung des Klägers veröffentlicht werden dürfe. Zwar liege der für die Gewichtung der geschützten Interessen maßgebliche Anlass der Berichterstattung durchaus im öffentlichen Interesse, weil hier über die körperliche Auseinandersetzung eines prominenten Sängers mit Fotoreportern berichtet werde. Bei Würdigung der Mittel, mit denen die Berichterstattung von den Beklagten zu 2) und 3) verfolgt worden sei, ergebe sich jedoch ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse des Klägers. In dem Video werde die Auseinandersetzung - im Vergleich zum Gesamtablauf - wesentlich verkürzt dargestellt, weswegen sie relevante Informationen nicht enthalte. Die Berichterstattung erfolge zudem einseitig und vermittle dem Zuschauer der Wahrheit zuwider den Eindruck, der Kläger sei anlasslos auf die Beklagten zu 2) und 3) zugegangen, um sie körperlich anzugreifen. Dagegen enthalte die Berichterstattung nicht die Information, dass vor der körperlichen Auseinandersetzung versucht worden sei, die Aufnahmen zu unterbinden und der Beklagte zu 3) den Anschein erweckt habe, dennoch (weiter) Filmaufnahmen machen zu wollen. Das Video zeige nur die Situation der körperlichen Auseinandersetzung, dagegen würde keine Informationen zu der Situation im Vorfeld vermittelt, in welcher der Beklagte zu 2) angefangen habe, den Kläger und seine beiden Begleiter zu fotografieren und sodann der Begleiter des Klägers versucht habe, dies durch das Vorhalten seines Laptops vor die Linse des Fotoapparates zu verhindern. Auch sei in der Berichterstattung nicht mitgeteilt worden, dass der Kläger oder sein Begleiter zunächst "Keine Bilder! Wir sind privat hier!" gerufen hatten. Die einseitige Darstellung der Gesamtsituation werde dadurch verstärkt, dass auch die körperliche Auseinandersetzung nur punktuell wiedergegeben werde.

Aber auch bei Annahme eines zeitgeschichtlichen Ereignisses stehe dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu, weil in diesem Fall seine berechtigten Interessen nach § 23 Abs. 2 KUG verletzt würden. Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung sei neben dem Anlass und den Mitteln der Berichterstattung zugunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass diese in seine Privatsphäre eingreife, weil es bei lebensnaher Betrachtung nahe liege, dass eine Reise drei Tage vor Heiligabend aus privatem Anlass erfolgt sei.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte zu 1) Berufung eingelegt und verfolgt ihren erstinstanzlichen Antrag auf Klageabweisung weiter.

Sie macht geltend, das LG habe der überragenden Prominenz des Klägers kein ausreichendes Gewicht beigemessen. Mit seinen Wertvorstellungen und seiner Lebenshaltung erfülle er Leitbild- oder Kontrastfunktion, so dass es für die öffentliche Meinungsbildung von Bedeutung sei, wie er mit Fotoreportern umgehe, wenn er sich von diesen belästigt fühle. Die Beklagte zu 1) ist der Ansicht, das aggressive Verhalten des Klägers sei weder objektiv erforderlich noch von einem Verteidigungswillen getragen gewesen. Auf die damit völlig unverhältnismäßige Reaktion müsse sie aufgrund ihrer Stellung als "Wachhund der Öffentlichkeit" kritisch hinweisen. Bei Bewertung des öffentlichen Informationsinteresses sei weiter zu berücksichtigen, dass der Kläger "Wiederholungstäter" sei, nachdem er bereits im Jahre 2000 einem Pressefotografen die Kamera vom Hals gerissen und zu Boden geworfen habe. Die Befugnis zur Veröffentlichung des Videos ergebe sich auch aus einem Recht auf Gegenschlag, weil der Kläger in einer gezielten Medienkampagne die Beklagten zu 2) und 3) diffamiert habe.

Die Verbreitung des Videos sei zudem die ...

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