Entscheidungsstichwort (Thema)
Abänderung eines Prozessvergleichs; Kein Wegfall der Geschäftsgrundlage des Prozessvergleichs bei Änderung der Art der Betreuung eines Patienten
Leitsatz (amtlich)
Auch wenn ein Prozessvergleich im Wesentlichen die regelmäßigen zukünftigen Pflegemehraufwendungen eines durch einen Behandlungsfehler geschädigten Patienten zum Gegenstand hat, stellt eine Umstellung der Pflege von einem professionellen Pflegedienst zu einer durch Angehörige geleisteten Pflege nicht automatisch eine Änderung der Geschäftsgrundlage des Vergleichs dar.
Normenkette
BGB §§ 249, 280, 313, 611, 823; ZPO § 323a
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 05.02.2014; Aktenzeichen 25 O 282/12) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 5.2.2014 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des LG Köln - 25 O 282/12 - in der Fassung des Ergänzungsbeschlusses des LG Köln vom 25.2.2014 - 25 O 282/12 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin ist Tochter und Alleinerbin des ursprünglichen Klägers, des am 24.9.1929 geborenen und am 14.3.2015 verstorbenen Herrn G, [zuletzt wohnhaft gewesen: Lstrasse 30, N; im Folgenden: der Patient]. Der Patient wurde im Krankenhaus der Beklagten in L2 im Jahr 1988 durch einen groben Behandlungsfehler schwer geschädigt. Er war seither querschnittsgelähmt, harn- und stuhlinkontinent und pflegebedürftig. Im Rahmen des deshalb angestrengten Verfahrens G ./. L3 zu dem Aktenzeichen 25 O 150/06 LG Köln - 5 U 64/07 OLG Köln kam es am 10.12.2007 vor dem OLG Köln zum Abschluss eines Vergleichs, aufgrund dessen die Beklagtenseite bzw. ihr Versicherer pro Quartal 16.888,08 EUR an die Klägerseite zahlte. Seit dem 1.1.2011 zahlte die Beklagtenseite aber nur noch 4.297,50 EUR pro Quartal.
Der ehemalige Kläger hat im Rahmen seiner Klage geltend gemacht, dass der Pflegeaufwand, der ein Faktor des Vergleichs vor dem OLG war, seither gestiegen sei und nicht gesunken. Der Kläger hat aber ausdrücklich keine Anpassung des Vergleichs nach oben angestrebt, sondern er hat mit seinen Leistungsanträgen zu 1. und zu 2. erneut das begehrt, was ihm aufgrund des Vergleichs zustand. Mit dem Antrag zu 3. hat er die Kosten für ein privates Sachverständigengutachten zu seiner Pflegebedürftigkeit geltend gemacht.
Die Beklagtenseite hat eine Anpassung des gerichtlichen Vergleichs vom 10.12.2007 nach unten erreichen wollen. Sie reduzierte vor diesem Hintergrund zum 1.1.2011 ihre Zahlungen und hat deshalb nunmehr Widerklage erhoben.
Der ehemalige Kläger hat das Anpassungserfordernis bestritten. Pflegeversicherungsleistungen - in Höhe von unstreitig 700,00 Euro monatlich seit dem 1.1.2012 - seien nicht zu berücksichtigen. Hilfsweise hat er argumentiert, dass bei Berücksichtigung der Pflegeversicherungsleistungen die Versicherungsbeiträge in Höhe von unstreitig 252,44 Euro monatlich gegenzurechnen seien. Behindertentransporte zu Ärzten seien unverändert erforderlich und entsprechend kostenträchtig. Der Pflegeumfang sei gestiegen, nicht gesunken.
Der ehemalige Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn die Differenz aus der Rentenzahlung für den Zeitraum 1.1.2011 bis zum 31.8.2012 in Höhe von insgesamt 83.937,20 Euro, d.h. 12.590,58 Euro pro Quartal, zu zahlen, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 4. Werktag eines jeden Quartals:
12.590,58 Euro nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 5.1.2011,
12.590,58 Euro nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 5.4.2011,
12.590,58 Euro nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 5.7.2011,
12.590,58 Euro nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 5.10.2011,
12.590,58 Euro nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 4.1.2012,
12.590,58 Euro nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 5.4.2012,
12.590,58 Euro nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 5.7.2012,
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab dem 1.9.2012 eine vierteljährlich im Voraus zu zahlende Rente, spätestens bis zum 3. Werktag eines jeden Quartals, und zwar in Höhe der anerkannten 4.297,50 Euro sowie weitere 12.590,58 Euro, insgesamt also 16.888,08 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 4. Werktag eines jeden Quartals zu zahlen,
3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.747,39 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.10.2012 zu zahlen und die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und widerklagend.
Ziffer II./2. des durch Beschluss des OLG Köln vom 10.12.2007 unter dem Aktenzeichen 5 U 64/07 festgestellten Vergleichs dahingeh...