Leitsatz (amtlich)
›Die Auslegung der in einem Formularvertrag über den Verkauf von Gebrauchtwagen enthaltenen Klausel: "Der Verkäufer sichert zu: ... dass das Kfz, soweit ihm bekannt, eine Gesamtfahrleistung von ... km aufweist", führt beim privaten Direktverkauf aus mindestens zweiter Hand ohne Hinzutreten besonderer Umstände nicht zur Anwendung der Unklarheitenregel des § 5 AGBG (Abgrenzung zu BGH v. 13.05.1998 - VII ZR 292/97 -, NJW 1998, 2207 = MDR 1998, 900 = DAR 1998, 308 m.Anm. Eggert).‹
Verfahrensgang
LG Aachen (Aktenzeichen 10 O 266/97) |
Gründe
Das angefochtene - in DAR 1998, 238 veröffentlichte - Urteil, mit dem das Landgericht die Klage abgewiesen hat, hält den Angriffen der Berufung stand. Die nach Verkündung jenes Urteils ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13. Mai 1998 - VIII ZR 292/97 - (NJW 1998, 2207 = DAR 1998, 308 m. Anm. Eggert), auf die sich die Rechtsmittelbegründung hauptsächlich stützt, gibt dem Senat keine Veranlassung zu einer anderen Beurteilung.
Mit dem angefochtenen Urteil ist davon auszugehen, daß die formularmäßigen Erklärungen des vom Beklagten (und dessen Sohn) verwendeten, vom Betreiber des privaten Automarktes zur Verfügung gestellten Vordrucks am AGBG zu messen sind. Das gilt auch für die mit der "soweit-bekannt-Klausel" versehenen Erklärungen, die - wie die Angaben zur Kilometerleistung - erst durch das Ausfüllen von Leerräumen konkretisiert und vervollständigt werden (sog. unselbständige Ergänzungen). Dem Landgericht ist darin zuzustimmen, daß derartige Wissenseinschränkungen im privaten Direktgeschäft weder inhaltlich ungewöhnlich noch für den durchschnittlichen Privatkäufer überraschend, sondern beim Privatverkauf aus mindestens zweiter Hand typisch sind und daher nicht an § 3 AGBG scheitern.
Das Landgericht hat aufgrund der interessengerecht vorgenommenen Auslegung auch mit Recht keinen Anlaß gesehen, unter Anwendung der Unklarheitenregel des § 5 AGBG zu einer uneingeschränkten Gewährsübernahme des Beklagten für die Richtigkeit der angegebenen Kilometerleistung zu kommen. Die Tatsache, daß das hier verwendete Verkaufsformular offenbar identisch mit demjenigen ist, welches der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13.05.1998 (aaO.) zugrundelag, bedeutet entgegen der Meinung der Berufung nicht, daß auch hier keine andere Auslegung möglich sei, ohne jener - auch vom erkennenden Senat für richtig gehaltenen - Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu widersprechen. Zunächst sind im Rahmen der gebotenen Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB die formularvertraglichen Erklärungen auf den im jeweiligen Einzelfall dem Gegner erkennbaren Erklärungswert zu untersuchen. Diese Auslegung kann durchaus dazu führen, daß im einen Fall - wie in dem vom BGH (aaO.) entschiedenen - aufgrund der sog. kundenfreundlichen Auslegung gemäß § 5 AGBG eine Gewährsübernahme anzunehmen, im anderen Fall - wie hier - angesichts eines grundlegend verschiedenen Käuferverständnisses indessen zu verneinen ist.
a) Zusicherung i.S.d. § 459 Abs.2 BGB setzt voraus, daß der Verkäufer in vertragsmäßig bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein einer Eigenschaft der Kaufsache übernimmt und damit die Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Eigenschaft einzustehen. Ob eine solche Zusicherung vorliegt, ist eine Frage der Auslegung, bei der nicht am Wortlaut gehaftet werden darf, sondern das Verhalten des Verkäufers aus der Sicht des Käufers unter Berücksichtigung seines Erwartungshorizonts bei objektiver Würdigung der Umstände nach Treu und Glauben zu werten ist. Wie ein Wissensvorbehalt nicht von vornherein ausschließt, daß im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände gleichwohl eine ausdrücklich oder schlüssig erklärte Zusicherung anzunehmen ist, so kann andererseits trotz der formularmäßigen Einordnung solcher Wissenserklärungen unter der Rubrik "Der Verkäufer sichert zu...." die Auslegung aufgrund der Gesamtumstände dazu führen, eine Zusicherung in dem für den Gebrauchtwagenhandel maßgebenden Sinne zu verneinen. Anhaltspunkte für das Verständnis können sich im einen wie im anderen Falle beispielsweise aus schriftlichen Angaben an anderer Stelle des Formulars, aus der Erwartungshaltung des Käufers und aus mündlichen Erklärungen des Verkäufers ergeben (vgl. BGH NJW 1997, 2318). Dem trägt die Begründung des angefochtenen Urteils Rechnung (§ 543 Abs.1 ZPO).
b) Anders als in dem der Entscheidung des BGH vom 13. Mai 1998 (aaO.) zugrundeliegenden Fall ist das streitgegenständliche, auf dem P.er Automarkt abgewickelte Gebrauchtwagengeschäft aus der Sicht des Klägers als Privatverkauf zu beurteilen, da der Beklagte und sein Sohn keine Fachhändler sind und sich auch nicht als solche ausgegeben haben. Das ist ein Umstand, der schon im Rahmen der objektiven Auslegung des den formularmäßigen Erklärungen des Verkäufers über Eigenschaften der Kaufsache vorangestellten Satzes "Der Verkäufer sichert zu...." zu berücksichtigen ist, und zwar unabhängig davon, ob der Kläger den Beklagten und desse...