Entscheidungsstichwort (Thema)
Allgemeines Schuldrecht
Leitsatz (amtlich)
Wird aufgrund eines vorläufig vollstreckbaren Titels eine Auskunft erteilt oder eine Rechnungslegung übergeben, so stellt dies auch dann eine Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs dar, wenn die Auskunftserteilung oder Rechnungslegung nur zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgte. Wird der erstinstanzliche Klageantrag in der Berufungsinstanz dennoch nicht für erledigt erklärt, sondern aufrechterhalten, so ist die Klage als unbegründet abzuweisen (entgegen BGH NJW 1985, 2405).
Normenkette
BGB §§ 259-260, 362; ZPO § 91a
Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 07.04.2009; Aktenzeichen 12 O 381/08) |
Tenor
Auf die Berufungen der Klägerin und des Beklagten wird das am 7.4.2009 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des LG Aachen teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, als Miterbe der Übertragung des Grundstücks W. 00 in F., eingetragen im Grundbuch des AG Eschweiler für F. Bl. XXX, Gemarkung F., Flurstücke Nr. 2X2 und 3X3, Größe 3XXX und 4X4 Quadratmeter, auf die Klägerin zuzustimmen und ihre Eintragung als Eigentümerin im Grundbuch zu bewilligen, sowie dieses Grundstück an die Klägerin herauszugeben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens erster Instanz haben der Beklagte zu 85 %, die Klägerin zu 15 % zu tragen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des gegen sie vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 275.000 EUR abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird insoweit zugelassen, als auf die Berufung des Beklagten die Verurteilung des Beklagten zur Erteilung von Auskünften und zur Rechnungslegung aufgehoben und die Klage abgewiesen worden ist. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien sind Geschwister und Kinder der am 29.4.2007 verstorbenen I. H.. Sie haben noch eine weitere Schwester, Frau N. L-H., die nicht am vorliegenden Rechtsstreit beteiligt ist.
Der Nachlass besteht im Wesentlichen aus drei Immobilien sowie Münzen, Gold und Briefmarken. Die Immobilien sind Gegenstand zweier Testamente, über deren Auslegung und Gültigkeit die Parteien streiten. Das erste Testament, das unstreitig von der Erblasserin stammt, von ihr unterzeichnet ist und vom 9.12.2004 datiert, hat folgenden Inhalt:
"Testament
Es ist mein letzter Wille:
Meine Tochter N. L.-H. soll das Anwesen X. 1-1 erhalten.
Mein Sohn S. H. soll die Häuser W. 01, 01a, 01b haben.
Meine Tochter O. H.-J. erhält das Anwesen W. 00.
Dies ist mein letzter Wille."
Das zweite Testament, dessen Urheberschaft streitig ist, lautet im vollen Text wie folgt:
"I. H. 4.110.06
Testament
D. soll
Grundstuck
W.
bebekonnnuen
[Unterschrift:]I. H.
4.10.2006"
Wegen des Schriftbildes im Original wird auf Bl. 9 der Beiakte 42 IV 379/07 AG Eschweiler verwiesen. Bei "D" handelt es sich um die Tochter des Beklagten.
Die Werte der vorgenannten Immobilien und des restlichen Nachlasses sind zwischen den Parteien streitig. Unstreitig ist jedoch das Wertverhältnis zwischen den Grundstücken dahingehend, dass das Grundstück X. 1-1 und die aus drei Reihenhäusern bestehende Wohnungseigentumsanlage W. 01 - 01b in F. jeweils nur halb so viel wert sind wie das Grundstück W. 00 in Eschweiler. Unstreitig ist gleichfalls, dass die drei vorgenannten Immobilien zusammen genommen jedenfalls den überwiegenden Anteil am Gesamtnachlass ausmachen.
Die Klägerin legt das erste Testament dahingehend aus, dass es sich bei der Zuwendung der drei Immobilien um Vorausvermächtnisse handele. Falls die Zuwendung als Erbeinsetzung nebst Teilungsanordnung zu verstehen sei, ergebe sich aus dem Verhältnis der Grundstückswerte zueinander eine Erbeinsetzung der Klägerin zu ½. Das zweite Testament hält die Klägerin für unwirksam. Sie bestreitet die Urheberschaft der Erblasserin sowie deren Testierfähigkeit im Zeitpunkt der Errichtung des zweiten Testamentes. Im Übrigen handele es sich nicht um ein mit Testierwillen aufgesetztes Schriftstück. Vielmehr habe D. die Erblasserin gebeten, ein solches Schriftstück einmal aufzusetzen, diese habe dann nur dem Wunsch entsprochen, ohne hiermit ernsthaft eine letztwilligen Verfügung zu beabsichtigen.
Die Klägerin hält ihren Bruder, den Beklagten, für auskunftspflichtig hinsichtlich des Bestands und Verbleibs des Nachlasses. Dies ergebe sich zum einen aus dem Umstand, dass der Beklagte - unstreitig - über eine umfassende Vollmacht seitens der Erblasserin verfügt habe, mit deren Hilfe er bereits vor dem Tod der Erblasserin deren Geschäfte geführt habe. Nach dem Tod habe er weiterhin über Nachlassgegenstände verfügt. Aus dem Haus der Er...