Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Aktivlegitimation der Unterhaltsgläubigerin (Klägerin) bei gesetzlichem Forderungsübergang
Leitsatz (amtlich)
Geht der Unterhaltsanspruch im Verlauf des Rechtsstreits durch gesetzlichen Forderungsübergang auf den Träger der Sozialhilfe über, so führt der bisherige Anspruchsinhaber den Prozess im eigenen Namen in gesetzlicher Prozessstandschaft weiter und hat grundsätzlich den Klageantrag dahingehend anzupassen, dass er Zahlung an diesen beantragt. Allerdings kann eine klagende Partei trotz des Anspruchsübergangs ausnahmsweise weiterhin Zahlung an sich verlangen, wenn der Sozialhilfeträger ihr eine materiell-rechtlich wirkende Einziehungsermächtigung erteilt hat (vgl. BGH FamRZ 1995, 302).
Eine wirksame materiell-rechtliche Einziehungsermächtigung des Sozialhilfeträgers liegt in einer uneingeschränkten Rückabtretungserklärung, mit welcher die Klägerin ausdrücklich ermächtigt wird, die Ansprüche weiterhin im eigenen Namen geltend zu machen und ein Vorbehalt dahingehend fehlt, dass Zahlung nur an den Sozialhilfeträger verlangt werden kann.
Dies gilt insbesondere dann, wenn der Sozialhilfeträger bestimmt hat, dass die Klägerin eingehende Unterhaltszahlungen bis zur Höhe der gewährten Sozialleistungen an ihn zu überweisen hat. Daraus ergibt sich, dass die Klägerin im Verhältnis zu diesem die Zahlung rückständigen Unterhalts uneingeschränkt an sich verlangen kann.
Normenkette
BGB §§ 1361, 1376 Abs. 2 S. 1, §§ 1384, 1579; ZPO § 265 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Brühl (Urteil vom 21.05.2008; Aktenzeichen 33 F 38/05) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des AG - Familiengericht - Brühl vom 21.5.2008 - 33 F 38/05 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin monatlich im Voraus bis zum dritten Werktag eines jeden Monats Trennungsunterhalt zu zahlen und zwar von Januar 2005 bis einschließlich Dezember 2006 von monatlich 1175 EUR, von Januar 2007 bis einschließlich Juli 2007 von monatlich 1180 EUR und ab August 2007 von monatlich 1418 EUR.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung des Beklagten werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen die Klägerin zu 40 % und der Beklagte zu 60 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Das AG Brühl hat mit Urteil vom 21.5.2008, auf dessen tatsächliche Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, den Beklagten verurteilt, an die Klägerin ab Januar 2005 Trennungsunterhalt i.H.v. monatlich 338 EUR zu zahlen. Mit ihrer Berufung begehrt die Klägerin die Zahlung weiterer 1596 EUR monatlich ab Januar 2005 als Trennungsunterhalt. Der Beklagte beantragt in seiner Anschlussberufung, die Klage auf Trennungsunterhalt unter Abänderung des angefochtenen Urteils insgesamt abzuweisen.
II. Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache teilweise Erfolg.
Die zulässige Anschlussberufung des Beklagten ist unbegründet.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Trennungsunterhalt aus § 1361 BGB.
Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Rechtshängig ist die Stufenklage der Klägerin nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Zustellung an den Beklagten ab dem 1.8.2005. Sozialleistungen erhält die Klägerin frühestens ab Juli 2005. Die Klägerin kann ungeachtet der erhaltenen Sozialleistungen aufgrund der Rückabtretung der Arge vom 29.4.2008 Zahlung an sich verlangen. Geht ein Anspruch im Verlauf des Rechtsstreits durch Übergang kraft Gesetzes auf einen Dritten über, so führt der bisherige Anspruchsinhaber den Prozess im eigenen Namen in gesetzlicher Prozessstandschaft weiter und hat grundsätzlich den Klageantrag dahingehend anzupassen, dass er Zahlung an den Dritten beantragt. Allerdings kann eine klagende Partei trotz des Anspruchsübergangs ausnahmsweise weiterhin Zahlung an sich verlangen, wenn der Sozialhilfeträger ihr eine materiell-rechtlich wirkende Einziehungsermächtigung erteilt hat (vgl. BGH FamRZ 1995, 302).
Eine wirksame materiell-rechtliche Einziehungsermächtigung des Sozialhilfeträgers liegt in der Rückabtretungserklärung der Arge vom 29.04. 2008. Darin wird die Klägerin ausdrücklich ermächtigt, die Ansprüche im eigenen Namen geltend zu machen. Ein Vorbehalt dahingehend, dass Zahlung an die Arge verlangt werden soll, enthält die Rückabtretung nicht. Vielmehr soll die Klägerin eingehende Unterhaltszahlungen bis zur Höhe der gewährten Sozialleistungen an die Arge überweisen. Daraus ergibt sich, dass die Klägerin im Verhältnis zum Beklagten die Zahlung rückständigen Unterhalts auch für die Zeit ab August 2005 uneingeschränkt an sich verlangen kann. Sie muss sich dann nach Erhalt des Geldes mit der Arge auseinander setzen.
Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Trennungsunterhalt ist nicht verwirkt. Die vom Beklagten behaupteten Verfehlungen der Klägerin vermögen eine Verwirkung des Unterhalts gem. § 1579 BGB nicht zu begründen.
Die Abhebungen der Klägerin vom gemeins...