Verfahrensgang
AG Duisburg-Ruhrort (Aktenzeichen 5 C 8/20 BSch) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin zu 1) wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das Urteil des Amtsgericht Duisburg-Ruhrort - Schifffahrtsgericht -, Az. 5 C 8/20, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten zu 1) - 5) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin zu 1) 88.524,79 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.02.2020 zu zahlen.
Die Beklagten zu 1) bis 5) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin vorprozessuale Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 2.572,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 10.08.2020 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Berufungen der Beklagten zu 1) und 2) und der Beklagten zu 3) - 5) werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 1) zu 15 %, die Klägerin zu 2) zu 17 % und die Beklagten zu 1) - 5) als Gesamtschuldner zu 68 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 1) zu 15 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 85 %. Die Kosten des Verklarungsverfahrens vor dem Schifffahrtsgericht in Duisburg-Ruhrort, Az. 25 II 4/19 BSch, tragen die Beklagten zu 1) bis 5) zu 85 % als Gesamtschuldner und die Klägerin zu 2) zu 15 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin zu 1) ist führender Kaskoversicherer des TMS "A", die Klägerin zu 2) dessen Schiffseignerin. Sie verlangen von den Beklagten Ersatz für Schäden, die bei einer Schiffskollision am 23.11.2019 gegen 5 Uhr im B (B) kurz hinter der Schleuse C im Bereich der Brücke "D-straße" zwischen TMS "A" und dem SV "E" entstanden sind.
Die beteiligten Versicherer des TMS "A" haben den Kaskoschaden zusammen mit der Klägerin zu 1) reguliert und ihre Regressansprüche an diese abgetreten.
Die Klägerin zu 2) hat ihre nicht versicherten Ansprüche ebenfalls an die Klägerin zu 1) abgetreten.
TMS "A" ist 110 m lang und 11,45 m breit. TMS "A" befand sich leer mit Ballastwasser gefüllt in der Bergfahrt auf dem B und wurde in der Südkammer der Schleuse C zu Berg geschleust. Im bergwärtigen Schleusenvorhafen lagen in der Nacht der Havarie keine Schiffe. In etwa 500 m Entfernung vom oberen Schleusentor befindet sich bei B-km 6,24 die Brücke "D-straße". Die Brücke ist 5,32 m hoch. Auf der Höhe der Brücke knickt der an dieser Stelle 40 bis 50 breite Kanal bergwärts gesehen um 20 Grad nach rechts ab.
Im Kanal und bis über die Brücke und die Spundwand hinausragend war der SV "E" festgemacht. Dessen Ausrüsterin ist die Beklagte zu 1), verantwortlicher Schiffsführer zum Unfallzeitpunkt war der Beklagte zu 2).
SV "E" besteht aus dem Motorschiff "E" und dem Schubleichter "F". MS "E" ist 104,92 m lang, 11,38 m breit bei einer Tragfähigkeit von 2.932,399 t. Der Schubleichter "F" ist 76,50 m lang und 11,40 m breit bei einer Tragfähigkeit von 2.401 t. Der Schubverband war mit 3.347 t Kokskohle abgeladen auf der Talfahrt von G nach H/Belgien.
Der Beklagte zu 2) hatte am Nachmittag des 22.11.2019 die beabsichtigte Schleusung zu Tal wegen Hydraulikproblemen am Steuerhaus abgebrochen und den SV "E" so am linken Ufer des B abgelegt, dass der Kopf des Schubleichters seitlich etwa 15-16,50 m über die Spundwand hinaus in das Wasser des Schleusenvorhafens reichte.
Der Beklagte zu 2) informierte den Schleusenmeister, den Beklagten zu 4), über den Defekt. In einem weiteren Gespräch fragte er an, ob er auf der freien Nordseite des Vorhafens festmachen könne. Dies lehnte der Beklagte zu 4) ab.
Der SV "E" war im Kollisionszeitpunkt beleuchtet mit der Fahrt-Triangel, die sich abgesenkt vor der Schanz des Schubleichters unmittelbar über der Wasseroberfläche befand. Es wurde ein Ankerlicht auf den Poller des Steuerbordbugs, ein anderes im hinteren Bereich des Leichters auf einem Poller aufgestellt. Ein weiteres Ankerlicht befand sich auf dem Steuerhaus des Schubschiffes. Dort war die Roofbeleuchtung eingeschaltet. Auf dem aufgerichteten Radarmast des Schubschiffs waren ein weiteres Ankerlicht und ein Scheinwerfer eingeschaltet. Am Ort der Havarie befinden sich auch an Land Lichtquellen. Der Kopf des Leichters lag teilweise im Lichtkegel einer Straßenlaterne.
Im Laufe der Nacht passierten mehrere Schiffe in der Bergfahrt den stillliegenden SV "E". Ab Eintritt der Dunkelheit gegen 17:30 Uhr wurden vor der Schleusung von TMS "A" vier Schiffe in der Südkammer und zwei in der Nordkammer zu Berg geschleust (Bl. 166 ff. Verklarungsakte).
SV "E" verfügte im Kollisionszeitpunkt über ein gültiges Schiffsattest. Die Funktion der Steuerhaushydraulik wurde vor Erteilung ...