Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 27.11.2014; Aktenzeichen 14 O 238/14)

 

Tenor

Auf die Berufung der Antragstellerin wird das am 27.11.2014 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des LG Köln - 14 O 238/14 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

I. Die Antragsgegnerin hat es unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR - ersatzweise Ordnungshaft - oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu vollziehen an einem ihrer Geschäftsführer, zu unterlassen, die Firmware V 2.00.0 für Controller-Module von T Sicherheit-Steuerungen zu vervielfältigen sowie solche Controller-Module zu verbreiten, sofern und solange darin die nachstehend mit ihrem Quellcode wiedergegebene Firmware V 2.00.0 enthalten ist: einfügen Bl. 51-172 d.A., jeweils Vor- und Rückseite

(Grafik nur in Originalentscheidung ersichtlich)

II. Die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz trägt die Antragsgegnerin.

III. Die Unterlassungsverfügung darf von der Antragstellerin nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 700.000,- EUR vollzogen werden.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin macht gegenüber der Antragsgegnerin einen urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch wegen der Vervielfältigung und Verbreitung von Firmware geltend, die die Antragsgegnerin als Bestandteil der von ihr vertriebenen Controller-Module zur Sicherheits-Steuerung verwendet.

Wegen des Sachverhalts wird gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das LG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung - gerichtet auf Unterlassung der Vervielfältigung der Firmware und der Verbreitung von Controller-Modulen, soweit darin die Firmware enthalten ist - zurückgewiesen. Es hat zwar den Unterlassungsanspruch dem Grunde nach bejaht, den Antrag aber als zu weitgehend angesehen, weil zumindest hinsichtlich des Teils der Firmware, die die S-Bus-Kompatibilität betreffe, die Antragsgegnerin zur Nutzung berechtigt sei.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Antragstellerin ihren erstinstanzlichen Verfügungsantrag weiter. Die Rechtsauffassung des LG sei unrichtig, weil im Falle einer Urheberverletzung das gerichtliche Verbot gegen die Verletzungshandlung insgesamt - ohne Beschränkung auf die urheberrechtsverletzenden Teile der Verletzungshandlung - auszusprechen sei. Außerdem sei es ggf. problemlos möglich, den Unterlassungstenor zu beschränken und die S-Bus Funktionalität herauszunehmen.

Die Antragsgegnerin verteidigt das angefochtene Urteil. Es bestehe weder ein Verfügungsgrund noch ein Verfügungsanspruch. Das die Software beherbergende System funktioniere nur, weil sie - als Grundlage für die urheberrechtlich geschützte Leistung - ihr gesamtes Know-how eingebracht habe. Die Antragstellerin handele treuwidrig und widersprüchlich, da sie selbst in ihren Modulen Arbeitsergebnisse (Hardware-Techno-logie, z.B. Gehäuse-Entwicklungen) verwende, die von ihr, der Antragsgegnerin, erbracht worden seien. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung würde eine "Schieflage" bewirken, die nur in einem Hauptsacheverfahren beseitigt werden könne. Hilfsweise regt die Antragsgegnerin die Anordnung einer Vollziehungssicherheit an.

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

1. Die Antragstellerin kann sich im Streitfall zunächst auf einen für ein Vorgehen im einstweiligen Verfügungsverfahren erforderlichen Verfügungsgrund stützen.

a. Der Verfügungsgrund wird im Urheberrecht - anders als nach der ausdrücklichen Regelung in § 12 Abs. 2 UWG - nicht vermutet (vgl. Senat, Beschluss v. 17.01.2014, Az. 6 W 5/14; Urteil v. 30.12.1999, 6 U 151/99, zitiert nach Juris, dort Rdnr. 2; Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Auflage, § 12 Rdnr. 3.14 m.w.N. zu der insoweit h.M. in der Rechtsprechung). Danach bedarf der Erlass einer vollstreckbaren Entscheidung auf Grund eines bloß summarischen Verfahrens einer besonderen Rechtfertigung. Den Nachteilen, die dem Antragsteller aus einem Zuwarten bis zur Hauptsacheent-scheidung entstehen können, sind die Nachteile gegenüberzustellen, die dem Antragsgegner aus der Anordnung drohen. Das Interesse des Antragstellers muss so sehr überwiegen, dass der beantragte Eingriff in die Sphäre des Antragsgegners auf Grund eines bloß summarischen Verfahrens gerechtfertigt ist (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2012, 146, 147 - E-Sky). Bei Verletzung von Rechten aus dem gewerblichen Rechtsschutz oder urheberrechtlich geschützten Rechtspositionen kann sich die Dringlichkeit allerdings aus der Lage des Falls von selbst ergeben. Das ist dann der Fall, wenn eine Verletzung dieses Rechts fortdauert und daraus dem Rechtsinhaber ein Schaden erwächst (OLG München, GRUR 2007, 174 - Wettenvermittlung).

Im vorliegenden Fall spricht der Umstand, dass die Antragsgegnerin die streitgegenständliche Firmware tatsächlich für ihre Module übernommen hat und nutzt, grundsätzlich für die Dringlichkeit. Stellt sich diese Nutzung als eine Rechtsverletzung dar, s...

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