Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer sog. gemischten Kostenentscheidung besteht für den Betroffenen ein Wahlrecht, ob er nur den auf die übereinstimmende Teilerledigung nach § 91a ZPO entfallenden Teil mit der sofortigen Beschwerde gem. § 567 ZPO angreift oder sich im Zuge eines einheitlichen Berufungsverfahrens (auch) gegen die (anteilige) Kostenentscheidung wendet.
2. Auch in Ansehung der Tatsache, dass es nach der Rechtsprechung des EuGH keinen sog. "Bagatellvorbehalt" und keine "Erheblichkeitsschwelle" bei Art. 82 Abs. 1 DS-GVO gibt, bedeutet dies nicht, dass eine Person, die von einem Verstoß gegen die DS-GVO betroffen ist, der für sie negative Folgen gehabt haben soll, vollständig vom Nachweis befreit wäre, dass überhaupt solche Folgen bei ihr vorliegen und einen immateriellen Schaden i.S.v. Art. 82 Abs. 1 DS-GVO darstellen.
Solche Folgen können aber z.B. darin liegen, wenn das rechtswidrige Vorenthalten der Datenauskunft belastende Unsicherheiten über den Fortgang eines anderen ihm wichtigen gerichtlichen Verfahrens bewirken.
3. Die Voraussetzungen, die Vollständigkeit und Richtigkeit einer - scheibchenweise - erteilten Datenauskunft gem. §§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB an Eides statt durch den Vorstand einer Versicherungsgesellschaft versichern zu lassen, liegen nicht vor, wenn die
Datenauskunftsklage in der Hauptsache für erledigt erklärt wird und nicht ersichtlich ist, welche weiteren Daten noch nicht beauskunftet worden sein sollen.
4. Soweit der Kläger die erteilte Datenauskunft für unvollständig erachtet, berührt dies die Erfüllung des Auskunftsanspruchs und darf die Datenauskunftsklage nicht für erledigt erklärt werden, um hiernach eine eidesstattliche Versicherung über deren Vollständigkeit und Richtigkeit abzuverlangen. Vielmehr ist der Rechtsstreit über die aus Klägersicht noch nicht beauskunfteten Datenbestände fortzusetzen.
5. Ein Datenauskunftsklageantrag ist hinreichend bestimmt, wenn er wenn er dem Wortlaut des Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 2 DSGVO entsprechend auf Erteilung einer vollständigen Auskunft über die der verantwortlichen Stelle verarbeiteten personenbezogenen Daten des Betroffenen gerichtet ist; eine Spezifizierung dieser Daten ist grundsätzlich nicht erforderlich.
Denn aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes muss es einen Weg geben, den Datenauskunftsanspruch auch prozessual durchzusetzen. Dabei ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass der Anspruchsteller durch sein Auskunftsbegehren erst die Informationen erlangen will, die ihm eine genaue Bezeichnung seiner vom Anspruchsgegner verarbeiteten personenbezogenen Daten ermöglichen.
Die Angabe solcher Informationen kann deshalb nicht Voraussetzung für die prozessuale Durchsetzung des Anspruchs sein.
6. Auch wenn personenbezogene Daten in Bilddateien gespeichert werden, die einer Texterkennung nicht zugänglich sind, ändert dies bei Daten einer Versicherungsgesellschaft schon wegen ihrer personen- bzw. schadensfallbezogenen Ablagesystematik der dabei genutzten elektronischen Veraktung nichts daran, dass dabei eine automatisierte Verarbeitung personenbezogenen Daten in einem Datensystem i.S.v. Art. 4 Nr. 6 DS-GVO stattfindet. Diese Betrachtung gebietet auch der Grundsatz der Technologieneutralität aus. Erwägungsgrund 15.
Der 15. Zivilsenat des OLG Köln entscheidet zwar anhand des Anspruchs aus Art. 15 DS-GVO. Aber bei Auskunftsansprüchen aus dem deutschen Recht ist der Verfahrensablauf nicht groß unterschiedlich.
Verfahrensgang
LG Bonn (Aktenzeichen 9 O 224/21) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 04.04.2022 - 9 O 224/21 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen der Kläger zu 3/4 und die Beklagte zu 1/4 mit Ausnahme der Mehrkosten durch die Anrufung des Amtsgerichts Bonn, die der Kläger trägt.
3. Das Urteil und das vorbezeichnete Urteil des Landgerichts Bonn sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren wird in Abänderung der Streitwertfestsetzung im oben bezeichneten Urteil auf "bis 2.000 EUR" festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten - das zunächst beim Amtsgericht Bonn anhängig gemachte Verfahren wurde hier nach mündlicher Verhandlung mit Beschluss vom 09.09.2021 - 114 C 404/20 (Bl. 2990 d.A.) nach einer Klageerweiterung um einen Schadensersatzanspruch an das Landgericht verwiesen - um Ansprüche im Zusammenhang mit einer Auskunftserteilung nach Art. 15 Abs. 1, 3 DSGVO. Der Kläger hat die Verurteilung der Beklagten zur Erteilung einer Datenauskunft durch Überlassung einer Kopie und zur Zahlung eines angemessenen "Schmerzensgeldes" wegen unvollständiger Datenauskunftserteilung begehrt. Nachdem die Beklagte Auskünfte erteilt und die Parteien den Auskunftsanspruch teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt haben, hat der Kläger nach Erteilung weiterer Auskünfte den zuletzt gestellten Auskunftsantrag schließlich einseitig für erledigt erklärt. Ferner hat er die Verurteilung d...