Leitsatz (amtlich)
1. Die Einbringung einer Wasserleitung durch einen Regie- oder Eigenbetrieb einer Gemeinde in ein Grundstück der Gemeinde führt zum Eigentumserwerb gem. §§ 946, 94 Abs. 1 S. 1 BGB.
2. Allein die Haltbarkeit oder die Funktion der Wasserleitung zur Erschließung von Baugrundstücken begründet in diesem Fall keine Einbringung nur zu einem vorübergehenden Zweck i.S.v. § 95 Abs. 1 S. 1 BGB.
3. Eine nachträgliche Schaffung eines Scheinbestandteils i.S.v. § 95 Abs. 1 S. 1 BGB ist durch dingliche Rückveräußerung des wesentlichen Bestandteils möglich, wenn eine rechtgeschäftliche Eigentumsübertragung gem. § 929 analog i.V.m. § 930 BGB erfolgt und der innere Wille der Zweckänderung durch den Grundstückseigentümer nach außen kundgetan wird, wobei regelmäßig in der dinglichen Eigentumsübertragung konkludent die erforderliche Bekundung der Zweckänderung liegt.
Normenkette
BGB §§ 94-95, 946
Verfahrensgang
LG Bonn (Urteil vom 28.07.2004; Aktenzeichen 13 O 579/03) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Bonn vom 28.7.2004 - 13 O 579/03 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.1. Die Parteien streiten über das Eigentum an einer im Stadtgebiet der Klägerin verlegten Wasserleitung. Die Klägerin ist mit vier anderen Städten/Gemeinden Gesellschafterin der Beklagten, deren Unternehmensgegenstand die Gewinnung, Aufbereitung und Verteilung von Brauch- und Trinkwasser in den Gemeindegebieten ihrer Gesellschafter ist.
Die streitgegenständliche Wasserleitung ist Anfang der 60-er Jahre in einer Parzelle T. Weg verlegt worden, die im Eigentum der damaligen Gemeinde U.-G., deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin ist, stand. Die Gemeinde U.-G. betrieb zur Wasserversorgung ihrer Einwohner das "Wasserwerk U.-G.". Sie trat mit Wirkung zum 1.7.1968 der Beklagten als Gesellschafterin bei. Im Zuge dieses Beitritts übertrug die Gemeinde U.-G. mit Überleitungsvertrag v. 3.2.1968 das zum Wasserwerk gehörende Vermögen auf die Beklagte. Wegen der Einzelheiten wird auf den in Kopie als Anlage B1 zur Akte gereichten Vertrag v. 3.2.1968 (Bl. 49 f. d.A.) verwiesen.
Mit Vertrag v. 20.12.1974 verkaufte die Klägerin der Beklagten ferner mehrere Wasserversorgungsanlagen, der sog. "Amtswasserversorgung", die sie aufgrund der kommunalen Neugliederungsgesetze in den 70er Jahren erlangt hatte. Wegen der Einzelheiten wird auf den in Kopie zur Akte gereichten Vertrag (Bl. 11-21 d.A.) und auf die Anlagen einschließlich der Übersichtskarte (Bl. 51-54 d.A.) verwiesen.
Die Klägerin beabsichtigt, die Wasserversorgung in ihrem Stadtgebiet zu vereinheitlichen und begehrt im Wege der Feststellungsklage die Feststellung, dass sie Eigentümerin der im T. Weg verlegten Wasserleitung sei. Sie ist der Auffassung, das Eigentum an dieser Leitung sei weder durch den Vertrag v. 3.2.1968 noch den v. 20.12.1974 auf die Beklagte übergegangen. Die Leitung sei nach wie vor wesentlicher Bestandteil des Grundstücks. Dem hält die Beklagte entgegen, die Leitung sei von Beginn an kein wesentlicher Bestandteil gewesen, jedenfalls sei das Eigentum vertraglich auf sie übergegangen.
Das LG hat die Klage abgewiesen, weil die Leitung, die zwar ursprünglich wesentlicher Bestandteil gewesen sei, durch den Vertrag v. 3.2.1968 sonderrechtsfähig wurde und das Eigentum auf die Beklagte übergegangen sei. Auf das Urteil des LG wird im Einzelnen bezug genommen (Bl. 108 ff. d.A.).
2. Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr ursprüngliches Begehren weiter. Sie tritt der Rechtsauffassung des LG entgegen. Die Leitung in dem T. Weg sei immer noch wesentlicher Bestandteil des Straßengrundstücks. Mit dem Einbau der Leitung sei die Gemeinde U.-G., deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin sei, Eigentümerin geworden. Durch die Vereinbarung v. 3.2.1968 sei die Beklagte nicht Eigentümerin der Leitung geworden. Es sei nicht ausreichend, eine Vereinbarung zu treffen, wonach aus dem wesentlichen Bestandteil ein Scheinbestandteil werden solle. Ein solcher Fall sei noch nicht vom BGH entschieden. Aus BGHZ 23, 57 (59) (BGHZ 23, 57 [59]) folge lediglich, dass auf diesen Vorgang die Grundsätze des umgekehrten Falles anwendbar seien, folglich müsse neben der Einigung eine Zweckänderung erfolgen. Eine neue Zweckrichtung müsse auch vollzogen werden. Ein rechtsgeschäftlicher oder sonstiger tatsächlicher Wille reiche insoweit nicht aus. Ein Wechsel vom Schein- zum wesentlichen Bestandteil und umgekehrt könne nicht "im Verborgenen" erfolgen. Andernfalls sei eine objektive Zuordnung des Eigentums an einer Sache nicht mehr möglich und die allgemeine Rechtssicherheit gefährdet. Die Zweckänderung müsse daher von einem objektiv verständigen Beobachter wahrgenommen werden (BGH NJW 1968, 2331).
Selbst wenn man daher eine rechtsgeschäftliche Eigentumsübertragung annehmen wollte, sei diese erforderliche Zweckänderung nicht eingetreten. Es sei i...