Leitsatz (amtlich)

1. Die Ankündigung, ein rechtlich nicht gebotenes Handeln zu unterlassen, kann sich als Drohung mit einem empfindlichen Übel darstellen.

2. Ein angedrohtes Übel ist indessen nicht "empfindlich" im Sinne von § 253 StGB, wenn von dem Bedrohten erwartet werden kann, dass dieser der Drohung in besonnener Selbstbehauptung standhält.

3. Das ist in einem Fall anzunehmen, in dem ein Fluggast auf dem Flughafen E./I. im Sommer 2022 unter Beibehaltung seines Platzes in der Warteschlange vor dem Sicherheitsbereich, dem Ansinnen des angeklagten "Linemanagers", ihn gegen einen geringen Geldbetrag an der Warteschlange vorbeizuführen, standhält.

 

Normenkette

StBG § 253

 

Tenor

I. Die Revision wird verworfen.

Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.

II. Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Staatskasse, die auch die dem Angeklagten im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen hat, als unbegründet verworfen.

 

Gründe

I.

Die Staatsanwaltschaft Köln hat dem zur Tatzeit 20 Jahre alten Angeklagten mit Anklageschrift vom 30. Mai 2023 zur Last gelegt, sich am 23. Juli 2022 als Heranwachsender der versuchten Erpressung (§§ 253, 22, 23 StGB) schuldig gemacht zu haben.

Als Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsunternehmens und sog. "Line-Manager" am E./I. Flughafen habe der Angeklagte am Tattag von einem auf den Abflug in den Urlaub wartenden und in Anbetracht der extremen Wartezeiten in großer Sorge vor einem Verpassen des Fluges befindlichen Fluggast, dem Zeugen B., 50 € gefordert, um diesen im Gegenzug an der Warteschlange vorbeizuführen.

Das Amtsgericht Köln hat es aus rechtlichen Gründen mit Beschluss vom 16. August 2023 abgelehnt, die Anklage zuzulassen und das Verfahren zu eröffnen.

Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft hat die 4. große Strafkammer des Landgerichts Köln mit Beschluss vom 25. Oktober 2023 die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben, die Anklage zugelassen und das Verfahren vor dem Amtsgericht - Jugendschöffengericht - Köln eröffnet.

Mit Urteil vom 11. Dezember 2023 (651 Ls 114 Js 21/22 - 145/23) hat das Amtsgericht - Jugendschöffengericht - Köln den Angeklagten aus rechtlichen Gründen freigesprochen. Der Angeklagte habe sich aufgrund des in der Hauptverhandlung festgestellten Sachverhalts nicht strafbar gemacht. Insbesondere könne sein Verhalten entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft nicht als versuchte Erpressung gewertet werden. Die Kosten des Verfahrens, einschließlich der Auslagen des Angeklagten hat das Amtsgericht im Urteil der Landeskasse auferlegt.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Staatsanwaltschaft Köln im Wege der (Sprung-) Revision. Zugleich hat sie gegen die im Urteil getroffene Kostenentscheidung sofortige Beschwerde eingelegt.

Das Amtsgericht hat in seinem Urteil folgende Feststellungen getroffen:

"Der Angeklagte war im Juli 2022 am Flughafen E./I. für ein privates Sicherheitsunternehmen als sogenannter Line-Manager zur Ordnung und Entzerrung der damals erheblichen Warteschlangen tätig. Zu diesem Zeitpunkt herrschten an dem Flughafen chaotische Bedingungen an den Sicherheitskontrollen, was zu mitunter langen Wartezeiten führte. Die durch den Flughafen ausgesprochene Empfehlung war damals, sich ca. 4-5 Stunden vor Abflug zum Flughafen zu begeben. Der Angeklagte war in seiner Funktion auch befugt, ggf. einzelne Personen in Bereiche zu führen, in denen sie kürzer warteten.

Am 23.07.2023[Anm. d. Sen.: gemeint: 23.07.2022]gegen 9:30 befand sich der Zeuge B. mit einem Freund bereits seit ca. 1,5 Stunden am Flughafen. Nachdem sie bereits online eingecheckt und ihr Gepäck am Flughafen aufgegeben hatten, warteten sie darauf, die Sicherheitskontrolle passieren zu können. Sie standen hierbei in einer langen Schlange und es war auch an diesem Tag mit erheblichen Wartezeiten zu rechnen. Da sie befürchteten, ihren für ca. 12 Uhr angesetzten Flug zu verpassen, erkundigte sich der Zeuge B. im Internet, wie für die erfolgreiche Durchsetzung möglicher Schadenersatzansprüche weiter zu verfahren sei. Hierbei stieß er u.a. auf den Rat, sowohl der Fluggesellschaft, als auch dem Flughafen die lange Wartezeit und ein mögliches Verpassen des Fluges anzuzeigen, um sich später nicht Mitverschulden entgegen halten lassen zu müssen. Er sprach daher zunächst bei der Fluggesellschaft Ryanair vor, welche den gebuchten Flug ausführte. Sodann sprach er den Angeklagten an, den er durch seine Kleidung (eine Security-Weste) als Mitarbeiter des Flughafens identifiziert hatte. Ihn fragte er hierbei sodann auch, ob nicht ein "fast-Check-in" möglich sei. Dem Zeugen war bekannt, dass dies bei manchen Fluggesellschaften, gelegentlich gegen einen Aufpreis, möglich war. Der Angeklagte sagte zum Zeugen B., dass dieser ihm nach draußen - in den Bereich vor dem Terminalgebäude - folgen solle, was dieser auch tat. Dort sagte der Angeklagte zum Zeugen: "Ich riskiere dafür zwar meinen Job, aber wieviel kannst...

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