Entscheidungsstichwort (Thema)
Formularmäßige Kontovollmacht gesamtvertretungsberechtigter BGB-Gesellschafter
Leitsatz (amtlich)
1. Die formularmäßig uneingeschränkte Einzelverfügungsmacht nur zur Gesamtvertretung berechtigter BGB-Gesellschafter über ein Girokonto der Gesellschaft ermächtigt nicht zu Kreditaufnahmen oder –erweiterungen in unbeschränkter Höhe; hierzu bedarf es vielmehr einer Spezialvollmacht.
2. Hat die kontoführende Bank wegen nachhaltiger Überschreitung des der GbR gewährten Kontokorrentkredits beiden Gesellschaftern erklärt, weitere Inanspruchnahmen des Kontos nicht mehr zu tolerieren, löst sie dann aber gleichwohl zwei nur von einem Gesellschafter gezeichnete Barschecks in erheblicher Höhe ein, braucht der Mitgesellschafter diese Scheckverfügungen auch nicht nach den Grundsätzen der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht gegen sich gelten zu lassen. Der bereicherungsrechtliche Ausgleich ist zwischen der Bank und dem Zuwendungsempfänger vorzunehmen.
Normenkette
AGBG § 9; BGB §§ 177, 607, 812
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 29 O 63/00) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 29. Zivilkammer des LG Köln vom 7.9.2000 – 29 O 63/00 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen. Die Streithelferin trägt ihre Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 18.000 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheitsleistung durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse, Volks- oder Raiffeisenbank zu erbringen.
Tatbestand
Die Beklagte hatte sich zur Errichtung einer Hotelanlage in E. mit dem Initiator des Projekts, einem Herrn J., zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen (nach dem Gesellschaftsvertrag mit dem Namen J. GbR, nachfolgend auftretend meist als J./S. GbR). Nach § 5 des Gesellschaftsvertrages vom 16.9.1993 waren beide Gesellschafter nur gemeinschaftlich zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft berechtigt. Mit Vertrag vom 29.6.1994 und Nachtrag vom 31.10.1994 beteiligte sich der Kläger als atypischer stiller Gesellschafter an der J./S. GbR. Ferner schlossen sich der Kläger und Herr J. im Jahre 1995 für ein anderes Hotelprojekt zur J. & Dr. L. GbR zusammen. Die Projekte scheiterten.
Mit Schreiben vom 7.5.1996, der Beklagten per Fax bereits am 6.5.1996 übermittelt, kündigte Herr J. den mit der Beklagten abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag zum 31.12.1997 und erklärte, mit sofortiger Wirkung keine Aktivitäten mehr für die Gesellschaft wahrzunehmen. Ebenfalls am 6.5.1996 stellte Herr J. noch zwei Barschecks über 72.500 DM und 84.648,81 DM zu Lasten des Geschäftskontos der J./S. GbR bei der Sparkasse P. (damals Kreissparkasse P.) aus. Dieses Girokonto (Nr. …) war am 28.2.1994 von Herrn J. mit Zustimmung der Beklagten auf den Namen der Gesellschaft („J. GbR”) eröffnet worden. In Ziffer 2 der formularmäßigen Kontobedingungen heißt es unter der Überschrift „Bei Gemeinschaftskonto”:
„Sind mehrere Personen Kontoinhaber so ist jede von ihnen berechtigt, über das Konto zu verfügen sowie Dritte zu bevollmächtigten …… Jeder Kontoinhaber haftet insbesondere für solche Verbindlichkeiten, die durch Verfügungen eines anderen Mitinhabers oder dessen Bevollmächtigten über das Konto entstanden sind. Dies gilt auch für Kontoüberziehungen in einem der Kontoverbindung angemessenen Rahmen.”
In Ziffer 3 ist unter der Überschrift „Kontovollmacht” bestimmt:
„Die unter Nr. 6 als Zeichnungsberechtigte genannten Personen sind in der dort angegebenen Weise bevollmächtigt, über das Konto uneingeschränkt zu verfügen, und zwar auch, soweit dadurch das Konto überzogen wird. Die Vollmacht schließt das Recht ein, für den Kontoinhaber Scheckverbindlichkeiten zu begründen sowie Kontoauszüge, Kontoabrechnungen und sonstige das Konto betreffende Schriftstücke entgegenzunehmen, zu prüfen und anzuerkennen. Die Beschränkungen des § 181 BGB gelten für den/die Bevollmächtigten nicht. Die Vollmacht gilt der Sparkasse gegenüber bis ihr ein schriftlicher Widerruf zugeht. Sie erlischt auch nicht mit dem Tode des Vollmachtgebers.”
Die Unterschriftskarte weist vier Zeichnungsberechtigte aus, unter Nr. 1 die Beklagte und unter Nr. 2 Herrn J., mit dem formularmäßigen Zusatz (die Nummern handschriftlich): „Es verfügen Nr. 1 und 2 jeder für sich, Nr. 3 und 4 je zwei gemeinschaftlich”.
Die Kreissparkasse P. ließ aufgrund der bestehenden Kontoüberziehung die Einlösung der Barschecks über 72.500 DM bzw. 84.648,81 DM zugunsten der J. & Dr. L. GbR – handelnd durch Herrn J. – erst zu, nachdem der Kläger mit Datum vom 7.5.1996 bis zum Betrage von 157.148 DM die selbstschuldnerische Bürgschaft für alle Forderungen der Sparkasse gegen die J. GbR aus dem Kontokorrentkonto Nr. … übernommen hatte. Nach Kündigung der Geschäftsverbindung mit der J. GbR (im August 1996) hat die Kreissparkasse P. den Kläger mit Schrei...