Entscheidungsstichwort (Thema)
"CCCP auf Kleidungsstücken": Beseitigungspflichten aus Unterlassungsvertrag
Leitsatz (amtlich)
I. Die Betreiber von Internetseiten im Rahmen eines Affiliate-Programms ("Publisher") sind keine Erfüllungsgehilfen des Anbieters ("Merchant") i.S.d. § 278 BGB, soweit kein neuer aktiver Verstoß gegen dessen vertragliche Unterlassungspflichten in Rede steht, sondern (nur) die unzureichende Beseitigung eines vor Vertragsschluss geschaffenen Zustandes gerügt wird.
II. Handlungspflichten aus einem strafbewehrten Unterlassungsvertrag entstehen - wenn gegenteilige Anhaltspunkte fehlen - erst mit dem Zustandekommen des Vertrages.
III. Ist der Unterlassungsschuldner den ihm obliegenden Handlungspflichten nicht vollständig nachgekommen, so entsteht der Vertragsstrafeanspruch gleichwohl nur, wenn dieses Fehlverhalten ursächliche Auswirkungen auf die (rechtzeitige) Beseitigung des wettbewerbswidrigen Zustandes gehabt hätte; über diese hypothetische Frage ist in Anwendung der in § 287 ZPO festgehaltenen Grundsätze zu befinden.
Das Urteil ist rechtskräftig, nachdem innerhalb der Monatsfrist des § 544 Abs. 1 ZPO Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nicht eingelegt worden ist.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 242, 278, 313; MarkenG § 20; UWG § 11; ZPO § 287
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 04.09.2009; Aktenzeichen 81 O 20/09) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 4.9.2009 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Köln - 81 O 20/09 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Am 28.11.2006 verpflichtete sich der Beklagte ggü. der Klägerin bei Meidung einer Vertragsstrafe von 5.001 EUR, das Anbieten von Bekleidungsstücken mit der Kennzeichnung ... zu unterlassen. Die Klägerin hat behauptet, entsprechende Werbung sei noch am 30.11.2006 auf der Internetseite emax24. de abrufbar gewesen, die dem Beklagten über die Plattform affili. net als Partnerseite vermittelt worden war. Am 6.1.2009 verlangte die Klägerin erstmals Zahlung der Vertragsstrafe. Das LG hat die am 12.2.2009 eingereichte Klage abgewiesen; der Anspruch sei verwirkt.
II. Die zulässige Berufung der Klägerin bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1. Nach der Berufungsverhandlung hat der BGH mit Urteil vom 14.1.2010 - I ZR 82/08 - entschieden, dass die Verwendung der Buchst f.olge ... auf Kleidungsstücken keine Markenverletzung darstellt. Es kann offen bleiben, ob dem Beklagten deshalb ein Festhalten an dem Unterlassungsvertrag vom 28.11.2006 unzumutbar geworden ist (§ 313 BGB) und ob sich das auf die streitgegenständliche Vertragsstrafe auswirken könnte. Denn unabhängig davon ist eine Zuwiderhandlung des Beklagten gegen seine strafbewehrte vertragliche Unterlassungspflicht nicht festzustellen, und zwar auch dann nicht, wenn der undatierte Bildschirmausdruck mit der Seite emax24. de (Anlage K 6) tatsächlich - wie von der Klägerin unter Zeugenbeweis gestellt - vom Abend des 30.11.2006 stammt und die im Internet zu diesem Zeitpunkt abrufbare Seite wiedergibt. In Auslegung der Unterlassungserklärung kann das Strafversprechen des Beklagten zwar grundsätzlich auch auf die Benutzung von T-Shirt-Abbildungen mit dem ...-Zeichen auf Internetseiten seiner Werbepartner bezogen werden; doch ist ihm in dieser Hinsicht kein schuldhafter Verstoß anzulasten.
2. Der Beklagte hat für die Inhalte von Partnerseiten wie emax24. de nicht wie für eigenes Verhalten einzustehen. Die Betreiber solcher Seiten (in den affili. net-AGB [Anlage B 2] als "Publisher", sonst auch als "Affiliate" bezeichnet) sind im Rahmen ihrer Anmeldung zu dem (über Plattformen wie affili. net betriebenen) Partnerprogramm des Anbieters ("Advertiser" oder "Merchant") zwar als dessen Beauftragte (§ 14 Abs. 7 MarkenG, § 8 Abs. 2 UWG) anzusehen (BGH GRUR 2009, 1167 = WRP 2009, 1520 [Rz. 21] - Partnerprogramm). Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) in Bezug auf vom Anbieter vertraglich übernommene Unterlassungspflichten sind sie aber nicht, soweit keine Neuvornahme (vgl. BGH GRUR 1998, 963 [964] = WRP 1998, 864 - Verlagsverschulden II für einen nach dem Unterlassungsvertrag neu erteilten Anzeigenauftrag), sondern nur die Beibehaltung der zu unterlassenden Werbung in Rede steht (vgl. BGH GRUR 2003, 545 f. = WRP 2003, 756 - Hotelfoto für in einem bereits ausgelieferten Gastronomieführer verwendete Fotos; OLG Köln, Urt. v. 11.3.2009 - 6 U 222/08, BeckRS 2009, 86082 = GRUR 2010, 85 Ls. für die Gestaltung einer Seite bei eBay). So liegt es hier: Dem Vortrag des Beklagten, dass seine Werbepartner die Bilddatei mit dem inkriminierten Werbefoto vor dem 28.11.2006 heruntergeladen haben müssten, er sie nach Abschluss des Unterlassungsvertrages also nicht mehr aktiv an sie weitergegeben habe, ist die Klägerin nicht im Einzelnen entgegengetreten, so dass er als zugestanden gilt (§ 138 Abs. 3 ZPO).
3. Dies entband den Beklagten als vertraglichen Unterlassungsschuldner nicht von ...