Entscheidungsstichwort (Thema)
"Donaprevent": Präsentationsarzneimittel trotz Aufdruck "Nahrungsergänzungsmittel"
Leitsatz (amtlich)
Trotz der - gut lesbaren - Hinweise auf der Verpackung, dass es sich um "Tabletten zur Nahrungsergänzung" bzw. um ein "Nahrungsergänzungsmittel" handele, kann ein Produkt als (Präsentations-) Arzneimittel einzustufen sein, wenn die blickfangmäßig herausgestellte Produktbezeichnung, Schriftbild und Farbgebung den Verbraucher an bekannte Arzneimittel erinnern, und wenn es ausschließlich in Apotheken abgegeben wird.
Normenkette
LFGB § 11 Abs. 1 S. 1; UWG § 4 Nr. 11
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 08.02.2007; Aktenzeichen 31 O 722/06) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 8.2.2007 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des LG Köln - 31 O 722/06 - wird zurückgewiesen.
Die weiteren Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung wegen des Unterlassungsanspruchs durch Sicherheitsleistung i.H.v. 30.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Sie kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der klagende Wettbewerbsverein nimmt die Beklagte, soweit im Berufungsrechtszug noch von Interesse, auf Unterlassung des Vertriebs ihres Produkts donaprevent ® - eines Nahrungsergänzungsmittels - in der als Anlage K 1 und 6 vorgelegten sowie im Tenor des erstinstanzlichen Urteils eingeblendeten Aufmachung (Verpackung) in Anspruch. Sie meint, die Beklagte erwecke mit dem Gebrauch der Produktbezeichnung in der konkreten Verpackungsgestaltung, die sich an die des von der Beklagten seit vielen Jahren vertriebenen Arzneimittels dona ® 200-S anlehne, den falschen Eindruck, dass es sich bei dem Erzeugnis ebenfalls um ein arzneilich wirksames Mittel handele. Soweit die Klage ursprünglich weiter ging, ist sie teils zurückgenommen, teils nach Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung der Beklagten in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden. Bereits am 12.7.2006 hatte sich die Beklagte vor dem LG Hamburg gegenüber einem Mitbewerber strafbewehrt verpflichtet, es zu unterlassen, ein Nahrungsergänzungsmittel für Gelenke und Knorpel unter einer Produktbezeichnung mit dem Kennzeichnungsbestandteil oder Kennzeichnungszusatz "prevent" - wie in Verpackungsaufmachung und Packungsbeilage geschehen - in den Verkehr zu bringen und/oder zu bewerben.
Das LG hat die Beklagte im noch rechtshängigen Umfang antragsgemäß verurteilt. Mit ihrer Berufung gegen dieses Urteil, auf das wegen aller Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 161-173 d.A.), erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage. Sie rügt unrichtige tatsächliche Feststellungen und Fehler bei der Anwendung materiellen Rechts; insbesondere sei das LG von einem veralteten Verbraucherleitbild ausgegangen. Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. Er hält die Produktbezeichnung nach der am 1.7.2007 in Kraft getretenen Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel auch formal für unzulässig und macht in Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens geltend, die beiden Hauptbestandteile des Erzeugnisses - Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat - fielen unter das Zusatzstoffverbot des § 6 Abs. 1 LFGB.
II. Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen, denen der Senat beitritt, hat das LG einen Unterlassungsanspruch des Klägers aus §§ 3, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG i.V.m. § 4 Nr. 11 UWG und § 11 Abs. 1 LFGB bejaht. Die Angriffe der Berufung rechtfertigen keine andere Beurteilung.
1. Streitgegenständlich ist dabei nicht, ob es sich bei den Produktbestandteilen Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat um lebensmittelfremde Stoffe mit oder (wie der Kläger meint) ohne Nährwert i.S.v. § 2 Abs. 3 Nr. 1 LFGB handelt. Der insoweit vom Kläger erstmals mit der Berufungserwiderung geltend gemachte Verstoß der Beklagten gegen das Verbot nicht zugelassener Lebensmittel-Zusatzstoffe aus § 6 Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 2 LFGB hat im Rahmen dieses Verfahrens gem. §§ 529, 531, 533 Nr. 2 ZPO außer Betracht zu bleiben. Ebenso wenig kommt es hier auf den physiologischen oder therapeutischen Nutzen der Einnahme von Glucosaminsulfat an; anders als in den Fällen, die den Entscheidungen des Senats vom 26.5.2004 (MD 2004, 1054 = ZLR 2005, 109) und 15.7.2005 (GRUR-RR 2006, 293) zugrunde lagen, ist im Streitfall unstreitig, dass es sich bei dem angegriffenen Produkt mit Rücksicht auf seine stoffliche Zusammensetzung und seine Wirkungen jedenfalls um kein (Funktions-) Arzneimittel handelt (vgl. zur weiteren Abgrenzung Meyer/Streinz, LFGB - BasisVO, 2007, Art. 2 BasisVO, Rz. 34 ff., 54 ff., 120 m.w.N.).
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