Leitsatz (amtlich)
Je naheliegender eine bestimmte Operationserweiterung ist, desto konkreter muss der Patient über Art, Umfang und besondere Risiken der in Betracht kommenden weiteren Behandlungsmaßnahme aufgeklärt werden. Der übliche pauschale Hinweis auf das Risiko einer Operationserweiterung reicht nicht aus, wenn sich bei einer geplanten Narbenhernien-Operation präoperativ ein CT-Befund ergibt, der daneben eine Nabelhernie vermuten lässt.
Normenkette
BGB §§ 280, 611, 823
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 30.11.2016; Aktenzeichen 25 O 321/14) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 30.11.2016 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 25 O 321/14 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Das vorliegende Urteil und die angefochtene Entscheidung sind vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Bei dem am 13.1.1962 geborenen Kläger wurde im November 2004 im St. F-Krankenhaus in L unter der Diagnose einer Sigmadivertikulitis laparoskopisch eine Sigmaresektion vorgenommen. Im November 2008 erfolgte eine offene Revision mit Appendektomie. Wegen eines Subileus wurde der Kläger im November 2009 konservativ behandelt.
Am 8.2.2011 stellte er sich ambulant im Krankenhaus der Beklagten zu 1) bei dem Beklagten zu 2) vor. Er berichtete über intermittierende, teils kolikartige Schmerzen im linken Abdomen und einen Gewichtsverlust von 7 kg in vier Monaten. Wie vereinbart wurde er am 23.2.2011 zur weiteren Diagnostik im Krankenhaus der Beklagten zu 1) aufgenommen. Er unterzeichnete einen Aufklärungsbogen über eine explorative Laparoskopie. Unter den hierauf von der Ärztin B handschriftlich vermerkten Risiken ist eine "Erweiterung des Eingriffs" eingetragen. Ein schriftlicher Befund der am 23.2.2011 durchgeführten Computertomografie befindet sich nicht bei den Behandlungsunterlagen. Am 24.2.2011 erfolgten eine Magen- und eine Darmspiegelung, die keinen die Beschwerden erklärenden Befund erbrachten. Am 25.2.2011 nahm der Beklagte zu 2) die geplante laparoskopische Operation vor. Dabei zeigten sich Adhäsionen, die der Beklagte zu 2) löste, sowie eine vorher nicht bekannte Narbenhernie und eine Nabelhernie, die der Beklagte zu 2) mit einem IPOM-Netz (15 × 20 cm) verschloss, das er mit Spiraltackern aus Titan an der Bauchwand befestigte. Am 8.3.2011 wurde der Kläger entlassen.
Am 17.3.2011, 31.3.2011, 12.5.2011 und 9.6.2011 stellte sich der Kläger ambulant beim Beklagten zu 2) vor und berichtete jeweils über anhaltende Bauchschmerzen sowie teils über Übelkeit. Der Beklagte zu 2) führte Sonografien mit unauffälligem Befund durch und empfahl ein abwartendes Verhalten.
Im August 2011 suchte der Kläger Prof. Dr. K im Ekrankenhaus in X auf. Dieser führte am 22.8.2011 eine diagnostische Laparoskopie und nach Umstieg auf eine offene Operation eine Adhäsiolyse durch, bei der gelöste Tacker und ein Teil des Netzes entfernt wurden. Am 18.10.2011 nahm er eine Relaparotomie vor, löste die vorhandenen Verwachsungen und explantierte das Netz sowie alle Tacker. Weitere Operationen mit Adhäsiolyse führte Prof. Dr. K am 22.2.2012, 21.8.2012 und 7.4.2012 durch. Nach der Bescheinigung des Arztes Dr. L2 vom 14.10.2014 liegt bei dem Kläger eine schwere chronische Schmerzstörung vor.
Der Kläger hat die Beklagten auf ein Schmerzensgeld von mindestens 240.000 EUR sowie für den Zeitraum vom 1.7.2011 bis 31.10.2014 auf Ersatz von Haushaltsführungsschaden von 24.000 EUR, von Verdienstausfall von 52.000 EUR und von Pflegeaufwand von 16.000 EUR in Anspruch genommen. Ferner hat er die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten begehrt. Er hat ihnen vorgeworfen, dass das Netz zu groß gewählt und fehlerhaft mit Tackern befestigt worden sei. Stattdessen hätten selbstauflösende Fäden verwendet werden müssen. Die Nachbehandlung sei unzureichend gewesen. Der Beklagte zu 2) habe abklären müssen, ob sich Tacker gelöst hätten. Über die Erweiterung des Eingriffs sei er nicht aufgeklärt worden. In die Anbringung des Netzes mit den gewählten Tackern habe er nicht eingewilligt. Nach der Operation im Krankenhaus der Beklagten zu 1) und erneut nach den Operationen durch Prof. Dr. K hätten starke bis massive Schmerzen bestanden. Er nehme deshalb Opiate ein und könne kaum mehr als 100 m gehen. Bei ihm habe sich eine reaktive Depression entwickelt.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, welches in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch in Höhe von 240.000 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.3.2014,
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn einen Schadensersatzanspruch z...