Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufstockungsunterhalt: Herabsetzung oder Befristung bei fehlender Möglichkeit zur Erzielung höherer Einkünfte aufseiten des Unterhaltsberechtigten wegen ehebedingter Nachteile
Leitsatz (amtlich)
1. Aufstockungsunterhalt ist weg nicht herabzusetzen oder zu befristen, wenn der/die Unterhaltsberechtigte ehebedingte Nachteile insoweit erlitten hat, dass sie ehebedingt kein höheres, in etwa dem des/der Unterhaltsverpflichteten entsprechendes Einkommen mehr erzielen kann.
2. Die den Unterhalt begrenzenden Möglichkeiten sind als Ausnahmetatbestände konzipiert, so dass der/die Unterhaltspflichtige die Darlegungs- und Beweislast für Umstände trägt, die zu einer Unterhaltsbegrenzung führen können. Erst wenn dieser solche Umstände vorgetragen hat, obliegt es der/dem Unterhaltsberechtigten, solche Umstände darzulegen und zu beweisen, die gegen eine Unterhaltsbegrenzung sprechen (BGH FamRZ 2008, 134).
3. Trägt der/die Unterhaltsberechtigten substantiiert und detailliert vor, dass sie/er, wenn sie/er nicht durch die Betreuung des gemeinsamen Kindes daran gehindert gewesen wäre, weitere Lehrgänge und Fortbildungsmaßnahmen durchgeführt, was der/die Unterhaltsverpflichtete bestätigt hat, und am sog. Aufbau Ost teilgenommen hätte, in dessen Verlauf sie die schon vorher angestrebte Verbeamtung hätte erreichen und eine laufbahnübergreifende Beförderung hätte erzielen können mit einem Einkommen nach Besoldungsgruppe A 13, nach der auch der/die Unterhaltsverpflichtete besoldet wird, so reicht das grundsätzlich für die Annahme eines ehebedingten Nachteils aus. Den sicheren Beweis, dass dies tatsächlich auch eingetreten wäre, kann sie/er naturgemäß nicht führen. Ausreichend für den Nachweis ist insoweit eine genügend sichere Prognose aufgrund der konkreten bewiesenen oder zugestandenen Umstände des Einzelfalls.
Normenkette
BGB §§ 1569, 1573 Abs. 2, § 1578
Verfahrensgang
AG Brühl (Aktenzeichen 31 F 368/03 UE) |
Tenor
I. Die Berufung des Antragstellers wird zurückgewiesen.
II. Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des AG - FamG - Brühl teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Antragsteller wird verurteilt, an die Antragsgegnerin monatlich im Voraus bis zum dritten Werktag eines jeden Monats nachehelichen Unterhalt zu zahlen und zwar
ab dem 17.3.2007 bis Oktober 2007
einschließlich monatlich 475 EUR
für November 2007 455 EUR
für Dezember 2007 496 EUR
für Januar 2008 bis einschließlich Juni 2008 monatlich 407 EUR
für Juli 2008 454 EUR
ab August 2008 monatlich 409 EUR
III. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge trägt der Antragsteller 70 % und die Antragsgegnerin 30 %.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Beide Rechtsmittel sind zulässig.
Jedoch hat nur die Berufung der Antragsgegnerin in der Sache teilweise Erfolg.
I. Der Antragsgegnerin steht gem. §§ 1569, 1573 Abs. 2, 1578 BGB ein Anspruch auf Zahlung von Aufstockungsunterhalt gegen den Antragsteller zu.
Denn die Einkünfte der Antragsgegnerin aus ihrer vollschichtigen Erwerbstätigkeit reichen nicht aus, um ihren vollen Unterhalt gemessen an den ehelichen Lebensverhältnissen zu decken.
Diese wurden bestimmt von den beiderseitigen Erwerbseinkünften der Parteien.
1. Der Senat hat zur Berechnung der Einkünfte des Antragstellers die Verdienstbescheinigung für Dezember 2007 und nicht diejenige für Dezember 2005 zugrunde gelegt. Der Verdacht der Antragsgegnerin, der Antragsteller habe bewusst die Höhe seines Einkommens manipuliert, ist angesichts der vorgelegten Bescheinigungen der Dienststellen eher fern liegend. Außerdem beträgt die Differenz zwischen dem Einkommen im Jahr 2005 und dem im Jahr 2006 brutto nur 1.120,48 EUR. Bei einer derart niedrigen Absenkung erscheint eine Manipulation angesichts der möglichen Folgen für einen Beamten mehr als unwahrscheinlich. Insoweit verweist der Senat auch auf die Erörterungen in der mündlichen Verhandlung.
Nach der Verdienstbescheinigung für Dezember 2007 hatte der Antragsteller ein Jahresnettoeinkommen von 38.439,43 EUR, monatlich also 3.203,29 EUR
Nach Abzug von vermögenswirksamen Leistungen des Arbeitsgebers -6,65 EUR
und nach Addition der im Jahr 2007 für das Jahr 2006 erhaltenen Steuererstattung von auf den Monat umgelegten +184,38 EUR
ergeben sich monatlich 3.381,02 EUR
Da von sind Fahrkosten mit -330 EUR
abzusetzen. Der Senat hat hier eine Entfernung von 30 km zugrunde gelegt und verweist insoweit auf die Erörterungen in der mündlichen Verhandlung.
Dann verbleiben 3.051,02 EUR.
Die vom AG für die Zeit bis einschließlich August 2007 abgesetzten Kosten für das Haus der Parteien, das im November 2007 verkauft worden ist, waren nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen, weil der Antragsteller insoweit in einem anderen Verfahren den Gesamtschuldnerausgleich gerichtlich geltend gemacht hat. Auch der vom AG für die Monate September bis Oktober vorgenommene Abzug ist nicht zu berücksichtigen, da der Antragsteller sich vorbehalten hat, diese Kosten noch im
Wege des Ge...