Entscheidungsstichwort (Thema)
Hausratversicherungsfall bei Raub einer Rolex in Neapels Innenstadt
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 23.12.2004; Aktenzeichen 24 O 45/04) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers und unter Zurückweisung seiner weiter gehenden Berufung wird das am 23.12.2004 verkündete Urteil des LG Köln - 24 O 45/04 - abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.250 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.10.2003 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 20 % und die Beklagte zu 80 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
(abgekürzt gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO).
A. Die zulässige Berufung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 8.250 EUR aus §§ 1, 49 VVG, 3 Nr. 2, 5 Nr. 2 lit. a), 12 Nr. 1, 18 Nr. 1 lit. a) Nr. 2 VHB 92. Dem Kläger ist bei einem versicherten Raub eine echte Rolex vom Typ "P. Q. E." entwendet worden, für die ein Versicherungswert (Neuwert) von 8.250 EUR anzusetzen ist, der die vereinbarte Entschädigungsgrenze für die Außenversicherung nicht übersteigt, während die Voraussetzungen für eine Leistungsfreiheit der Beklagten nicht vorliegen.
I. Der Kläger ist am 23.9.2003 in Neapel Opfer eines Raubes i.S.d. §§ 3 Nr. 2, 5 Nr. 2, 12 Nr. 1 VHB 92 geworden, wobei ihm eine Rolex-Uhr entwendet worden ist.
Raub liegt gem. § 5 Nr. 2 lit. a) vor, wenn gegen den Versicherungsnehmer Gewalt angewendet wird, um dessen Widerstand gegen die Wegnahme auszuschalten. Von einem solchen Raub ist jedenfalls dann auszugehen, wenn die Gewalt dabei vom Opfer als solche empfunden und vom Täter mit dem Ziel der Wegnahme bewusst angewendet wird (so OLG Hamm, RuS 2000, 292, juris-Rz. 10; Knappmann, in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 5 VHB 84 Rz. 6).
Darüber hinaus ist aber für den versicherungsrechtlichen Begriff der Beraubung der allgemeine Sprachgebrauch maßgebend (so BGH, VersR 1977, 417 f., juris-Rz. 28 mit Hinweis auf RG, VerRAV 1922, Nr. 1277 und BGH, VersR 1971, 357, 358). Dem versicherungsrechtlichen Raubbegriff ist eine Differenzierung nach dem Maß der aufgewendeten Gewalt fremd. Er umfasst z.B. den Handtaschenraub in jedem Fall als Raub. Für das Versicherungsrecht geht es nicht um die strafrechtlich weittragende Entscheidung, ob der Täter als Dieb wegen eines Vergehens oder als Räuber wegen eines Verbrechens bestraft wird. Vielmehr muss für das Versicherungsrecht in erster Linie "der vom Versicherten erlittene Sachschaden und erst in zweiter Linie die äußere Art und Weise der Herbeiführung des Schadens maßgebend sein" (so BGH, VersR 1977, 417 f., juris-Rz. 28 mit Hinweis auf Silberschmidt, WuR 28, 31 und Hugger, Die Beraubungsversicherung, S 30). Es würde die Abwicklung von Versicherungsfällen dieser Art zu sehr belasten und zu Unsicherheiten führen, wenn jedes Mal geprüft werden müsste, ob das überraschende Wegreißen eines Gegenstandes eine Gewaltanwendung gegen den Körper des Angegriffenen enthielt, die über das Wegreißen hinausging. Versicherungsrechtlich liegt Raub danach (auch dann) vor, wenn der Täter überraschend zugreift, um den Träger des Gegenstandes daran zu hindern, seiner von vornherein vorhandenen inneren Haltung entsprechend Widerstand zu leisten (so BGH, VersR 1977, 417 f., juris-Rz. 28).
Gewalt ist dem Kläger hier dadurch angetan worden, dass der unbekannte Täter dem Kläger am 23.9.2003 gegen 14.10 Uhr auf der W.U. in Neapel von hinten die Armbanduhr des Klägers, bei der es sich um eine Rolex handelte, vom Handgelenk riss, wobei der Täter seine Hand zunächst zwischen Armband und Handgelenkt steckte, den Kläger einige Meter mitzog und ihn dann über ein Auto zog, bevor das Armband riss. Anschließend flüchtete der Täter mit der Uhr zunächst zu Fuß und dann weiter mit einem Komplizen, der auf einem bereit stehenden Mofa wartete.
Der Täter hat damit den Widerstand des Klägers nicht nur durch einen Überraschungseffekt, sondern auch durch Krafteinwirkung auf den Körper des Klägers überwunden, die er gezielt zur Erlangung der Uhr eingesetzt hat.
Dieser Ablauf steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der Vernehmung der Zeuginnen L. und W. fest, die dies glaubhaft und übereinstimmend so in der mündlichen Verhandlung bekundet haben. Anhaltspunkte dafür, dass diese Zeuginnen die Unwahrheit gesagt haben sollten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere haben die Zeuginnen Erinnerungslücken freimütig eingeräumt und z.B. zu der für den Kläger ebenfalls entscheidenden Frage, welche Uhr dem Kläger entrissen worden ist, von vorne herein bekundet, keine entscheidenden Angaben machen zu können. So hat die Zeugin L. angegeben, auf die Uhr des Klägers zuvor nicht geachtet zu haben, und konnte nur noch angeben, dass die Uhr - einschließlich Armband - golden ausgesehen habe. Die Zeugin W. hat angegeben, sie könne über die Uhr nur sagen, ...