Verfahrensgang

LG Aachen (Aktenzeichen 12 O 519/18)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 18.07.2019 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Aachen (Az.: 12 O 519/18) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Von einer Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß den §§ 544 Abs. 2 Nr. 1, 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

II. Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

1. Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten aus den §§ 826, 31 BGB ein Anspruch auf Schadenersatz wegen des Inverkehrbringens des streitgegenständlichen PKW VW A 2,0 TDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer B in Höhe von 9.142,68 EUR (Kaufpreis von 14.100,00 EUR abzüglich Nutzungsentschädigung von 4.957,32 EUR) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.12.2018 (§§ 286, 288 Abs. 1 BGB), Zug-um-Zug gegen Herausgabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeuges, zu.

a) Es entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Senates, dass das Inverkehrbringen eines Fahrzeuges bzw. Motors mit manipulierter Motorsteuerungssoftware grundsätzlich geeignet ist, den Käufer konkludent zu täuschen (Senatsurteile vom 04.10.2019 - 19 U 98/19, vom 06.09.2019 - 19 U 51/19 und vom 05.07.2019 - 19 U 50/19 sowie Senatsbeschluss vom 27.09.2019 - 19 U 150/19, jeweils m.w.N., abrufbar jeweils unter www.NRWE.de). Die Voraussetzungen für eine Haftung der Beklagten liegen auch im vorliegend zur Entscheidung anstehenden Fall vor.

Hinsichtlich des Vorliegens einer Täuschungshandlung der Beklagten, eines Schadens des Klägers und eines dazwischen bestehenden Kausalzusammenhangs sowie der weiteren Voraussetzungen für eine Haftung der Beklagten gemäß den §§ 826, 31 BGB wegen des Inverkehrbringens von Fahrzeugen, die vom sogenannten Abgasskandal betroffen sind, kann zunächst auf die Ausführungen in den vorgenannten Entscheidungen verwiesen werden, an denen der Senat auch in der für die vorliegende Entscheidung zuständigen Besetzung und unter Berücksichtigung der mit der Berufungsbegründung der Beklagten in Bezug genommenen anderweitigen Rechtsprechung weiterhin festhält.

b) Der Senat ist nach Anhörung des Klägers nach § 141 Abs. 1 Satz 1 ZPO auch davon überzeugt, dass die schädigende Handlung kausal für die Willensentschließung des Klägers, den zum Erwerb des streitgegenständlichen Fahrzeuges führenden Kaufvertrag abzuschließen, war, er vor dem Kauf insbesondere auch keine Kenntnis davon hatte, dass das von ihm erworbene Fahrzeug auch von dem Abgasskandal betroffen war. Eine Haftung der Beklagten scheidet deshalb auch nicht deswegen aus, weil es an einer Täuschung und einem hierauf beruhenden Irrtum des Klägers fehlt (hierzu: Senat, Urteil vom 05.07.2019 - 19 U 50/19, abrufbar unter www.NRWE.de).

Ob jemand Kenntnis hat bzw. sich in Unkenntnis befindet und dadurch einen Schaden erleidet, ist ein tatsächlicher Umstand, der grundsätzlich vom Anspruchsteller darzulegen und zu beweisen ist. Dies gilt nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und der Oberlandesgerichte auch, soweit es sich - wie hier - um eine negative Tatsache handelt. Der Schwierigkeit eines solchen Negativbeweises ist dadurch Rechnung zu tragen, dass die Gegenpartei die entsprechende Behauptung substantiiert bestreiten und die beweisbelastete Partei sodann die Unrichtigkeit dieser Gegendarstellung beweisen muss (BGH, Urteil vom 26.10.2004 - XI ZR 279/03, abrufbar unter juris; BGH, Urteil vom 20.06.1990 - VIII ZR 182/89, abrufbar unter juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.09.2018 - 24 U 185/17, abrufbar unter juris). Der Beweis für die innere Tatsache der Nichtkenntnis der Betroffenheit des streitgegenständlichen Fahrzeuges vom Abgasskandal obliegt hier folglich dem Kläger, so dass dieser im vorliegenden Fall, in dem der Abgasskandal zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses schon öffentlich bekannt gemacht worden war, zur entsprechenden Überzeugungsbildung des Senates anzuhören war.

Eine teilweise in der Rechtsprechung vertretene Ansicht geht zwar davon aus, dass die Tatbestandsvoraussetzungen der Haftung nach § 826 BGB bei Fahrzeugkäufen ab Herbst 2015 aufgrund der Ad-hoc-Mitteilung der Beklagten vom 22.09.2015 und der sodann eingesetzten medialen Berichterstattung generell entfielen (OLG Celle, Hinweisbeschluss vom 27.05.2019 - 7 U 335/18, abrufbar unter juris; OLG Köln, Urteil vom 06.06.2019 - 24 U 5/19, abrufbar unter juris, mit Verweis auf zwei Entscheidungen des OLG Celle vom 29.04.2019 - 7 U 159/19, abrufbar unter juris, und des OLG München vom 09.04.2019 - 21 U 4615/18, abrufbar unter juris). Der Senat folgt dieser Auffassung indes nicht. Wie bereits vom Oberlandesgericht Hamm (Urteil vom 10.09.2019 - 13 U 149/18, abrufbar unter juris) zutreffend ausgeführt, war die Ad-hoc-Mitteilung der Beklagten vom 22.09....

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