nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflicht des Gerichts, auf mangelnde Schlüssigkeit des Klagevorbringens hin zu weisen
Leitsatz (amtlich)
1. Das Gericht ist gem. §§ 139 I, 273 I 2 ZPO grundsätzlich gehalten, auf mangelnde Schlüssigkeit des Klagevorbringens hin zu weisen. Die Pflicht besteht auch gegenüber einer anwaltlich vertretenen Partei; dies gilt jedenfalls dann, wenn der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Rechtslage falsch beurteilt oder ersichtlich darauf vertraut, sein schriftsätzliches Vorbringen reiche aus. Die in der Entscheidung BGH NJW 1984, 310 vertretene gegenteilige Auffassung ist als überholt anzusehen.
2. Ob die vom Beklagten geäußerte Auffassung, das Klagevorbringen sei unsubstanziiert, das Gericht von seiner Hinweispflicht befreien kann, erscheint fraglich. Eine vom Prozessgegner geäußerte Kritik an der Schlüssigkeit ist insoweit jedenfalls nur dann beachtlich, wenn es sich nicht um eine allgemeine Rüge handelt, sondern sie die Partei zuverlässig ins Bild setzt.
3. Die Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache gem. § 539 ZPO hat nicht zwingend die Nichterhebung der Gerichtskosten für das Berufungsverfahren gem. § 8 I 1 GKG zur Folge. Für die Anwendung der Vorschrift ist dann kein Raum, wenn das erstinstanzliche Gericht sich zur Rechtfertigung des von ihm eingeschlagenen Verfahrens auf die in einer höchstrichterlichen Entscheidung vertretene Gesetzesauslegung berufen kann, die nachfolgend nicht ausdrücklich aufgegeben worden ist.
Normenkette
ZPO § 139 Abs. 1, § 273 I 2
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 19.03.1999; Aktenzeichen 17 O 345/98) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 19. März 1999 – 17 O 345/98 – aufgehoben und die Sache zurerneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Landgericht vorbehalten.
Tatbestand
Die Klägerin macht aus übergegangenem Recht eines (unter der Bezeichnung „B. Bau” auftretenden) Dipl.-Ing. B. Werklohnansprüche geltend, die diesem aus einem am 1./8.3.1994 geschlossenen Generalübernehmervertrag (GÜV) betreffend das H.I. Hotel in B. gegen die Beklagten zustehen sollen. Die Klägerin hat Bauarbeiten an dem Objekt aufgrund eines von ihr mit B. am 18.2.1994 geschlossenen Generalunternehmervertrags (GUV) ausgeführt (bzw. durch Subunternehmen ausführen lassen). Sie hat wegen restlicher Werklohnansprüche gegen B. ein rechtskräftiges Versäumnisurteil über ca. 3.507.074,71 DM nebst 5,5 % Zinsen seit 2.9.1997 erstritten. Aufgrund dieses Titels hat sie die Ansprüche B.s gegen die Beklagten gepfändet und sich zur Einziehung überweisen lassen. Vorliegend macht sie diese Ansprüche geltend. Wegen weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der von ihnen gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts verwiesen, das die Klage insgesamt abweist.
Die Klägerin hat gegen dieses ihr am 21.4.1999 zugestellte Urteil am 12.5.1999 Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel (nach Fristverlängerung bis zu diesem Tag) am 12.10.1999 begründet. Sie verfolgt mit ihrer Berufung den erstinstanzlichen Klageantrag (mit einer modifizierten Zinsforderung) weiter. Sie hält das Urteil für verfahrensfehlerhaft mit der Rüge, das Landgericht habe seiner Hinweispflicht nicht genügt und die mündliche Verhandlung wieder eröffnen müssen, um ihr Vorbringen in dem Schriftsatz vom 4.3.1999 zu berücksichtigen.
Die Beklagten, die um Zurückweisung des Rechtsmittels bitten, treten den Ausführungen der Klägerin in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht entgegen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die unbedenklich zulässige Berufung der Klägerin hat insoweit Erfolg, als sie zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht führt.
I.
Das Verfahren des Landgerichts leidet an einem wesentlichen Mangel, auf dem das angefochtene Urteil beruht. Eine eigene Sachentscheidung erachtet der Senat nicht für sachdienlich, §§ 539, 540 ZPO.
1. Soweit das Landgericht darauf abhebt, die eingeklagte Forderung sei nicht fällig, weil die Klägerin bis zur mündlichen Verhandlung am 22.1.1999 nichts dazu vorgetragen habe, wann und mit welchem Inhalt B. den Beklagten eine Schlussrechnung erteilt hat, vermag diese Erwägung die ausgesprochene uneingeschränkte Klageabweisung nicht zu rechtfertigen. Wird eine Werklohnklage wegen fehlender Schlussrechnung abgewiesen, kann die Abweisung nur deshalb und insoweit ausgesprochen werden, dass die Klage zur Zeit unbegründet ist; es darf hingegen nicht wegen fehlender Substanziierung des Anspruchs die Klage als endgültig unbegründet abgewiesen werden (st. Rspr.; vgl. BGHZ 140, 365 = NJW 1999, 1867 = BauR 1999, 635 m.w.N.). Der Kläger kann in seinem solchen Fall die Fälligkeitsvoraussetzung noch h...