Leitsatz (amtlich)
In der Krankentagegeldversicherung sind nach Beendigung eines Arbeitsverhältnis-ses und vor Aufnahme einer neuen Tätigkeit zur Feststellung einer in Zeiten der Arbeitssuche eingetretenen Arbeitsunfähigkeit nicht mehr die konkreten Umstände am bisherigen Arbeitsplatz maßgebend. Abzustellen ist vielmehr auf die bislang ausgeübte Berufstätigkeit ohne Berücksichtigung besonderer Erschwernisse am früheren Arbeitsplatz.
Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 12.03.2010; Aktenzeichen 9 O 388/09) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 12.3.2010 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des LG Aachen - 9 O 388/09 - unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert.
Es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien bestehende Vertrag über die Krankentagegeldversicherung, Versicherungs-Nr. D-65X. XXX, nicht zum 1.9.2008 beendet ist, sondern über den 13.5.2009 fortbesteht.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 82 % und die Beklagte zu 18 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die gegnerische Partei nicht vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen, soweit zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist. Im Übrigen wird sie nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über den Fortbestand einer Krankentagegeldversicherung mit einem Tagessatz von zuletzt 117,37 EUR und monatlichen Beiträgen von zuletzt 52,79 EUR (GA 126) über den 31.8.2008 hinaus sowie um Leistungen aus diesem Versicherungsverhältnis wegen behaupteter Arbeitsunfähigkeit für die Zeit vom 5.3.2009 bis zum 29.5.2009.
Der Kläger war bis zum 31.8.2008 bei der Firma L beschäftigt; das Arbeitsverhältnis wurde durch Auflösungsvertrag beendet. Der Beklagte zahlte bis zum 22.6.2008 aufgrund zunächst nicht streitiger Arbeitsunfähigkeit das vertraglich vereinbarte Krankentagegeld; für die Zeit vom 23.6.2008 bis zum 31.8.2008 wurde der Beklagte durch rechtskräftiges Urteil des OLG Celle vom 12.5.2010 - 8 U 216/09 - (bestätigt durch Urteil des BGH v. 9.3.2011 - IV ZR 137/10 -, VersR 2011, 518) zur weiteren Zahlung von Krankentagegeld verurteilt; hierbei drang der Beklagte mit dem Einwand nicht durch, eine durch Mobbing (mit-)ausgelöste Krankheit, die zur Arbeitsunfähigkeit führt, sei vom Versicherungsschutz nicht gedeckt.
In der Folgezeit stand der Kläger zunächst nicht in einem neuen Arbeitsverhältnis.
Der Kläger hat behauptet, er habe sich arbeitssuchend gemeldet und sich zunächst erfolglos auf freie Stellen beworben. Seit dem 25.1.2009 sei er erneut arbeitsunfähig erkrankt; unter Berücksichtigung der vertraglich vereinbarten Karenzzeit stünden ihm Ansprüche auf Krankentagegeld in der Zeit vom 5.3.2009 bis einschließlich 29.5.2009 zu.
Der Kläger hat beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 10.093,82 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.6.2009 zu zahlen;
2. festzustellen, dass der zwischen den Parteien bestehende Vertrag über die Krankentagegeldversicherung, Versicherungs-Nr. D-65X. XXX, nicht zum 1.9.2008 beendet ist, sondern über den 13.5.2009 fortbesteht.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, als Folge des mit der Firma L geschlossenen Aufhebungsvertrags sei die Versicherungsfähigkeit des Klägers weggefallen. Der Vortrag des Klägers lasse nicht den ernsthaften Wunsch erkennen, eine neue Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Er habe nur eine Bewerbung vorgelegt. Dies stelle in Anbetracht der schwierigen Arbeitsmarktsituation kein ausreichendes Bemühen um eine neue Arbeitsstelle dar. Auch angesichts des Alters des Klägers von 59 Jahren zum Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbslosigkeit zum 1.9.2008 sei es nahezu ausgeschlossen, dass er eine neue Anstellung finden werde. Die Krankentagegeldversicherung sei daher rückwirkend zum 1.9.2008 aufzuheben. Der Beklagte hat ferner eine bedingungsgemäße Arbeitsunfähigkeit im streitgegenständlichen Zeitraum bestritten.
Das LG hat die Klage mit Urteil vom 12.3.2010, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, das Versicherungsverhältnis sei beendet; der Kläger habe nicht hinreichend dargelegt, dass seine Arbeitssuche nach wie vor Aussicht auf Erfolg habe.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlich gestellten Anträge in vollem Umfang weiterverfolgt. Der Kläger hält das landgerichtliche Urteil für eine Überraschungsentscheidung. Das LG habe ihn nicht darauf hingewiesen, dass er zu seinen Bemühungen, eine neue Arbeitsstelle zu finden, näher habe vortragen müssen. Der Kläger behauptet, er habe sich mehr als 30mal beworben. Zum Beleg hierfür hat er mit Schriftsatz vom 14.7.2010 Bewerbungsunterlagen vorgelegt (GA 90 ff.). Zum 2.7.2009 habe e...