Leitsatz (amtlich)

Der Versicherungsnehmer hat mangels medizinischer Notwendigkeit keinen Anspruch auf Erstattung von im Rahmen der Nachsorge einer (überwundenen) Brustkrebserkrankung für eine geschlossene Kohlendioxidbehandlung und vaginale Moorpackungen angefallenen Arztkosten.

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Urteil vom 11.09.2001; Aktenzeichen 10 O 589/98)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Aachen vom 11.9.2001 (10 O 589/98) abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, falls nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten, bei der sie privat krankenversichert ist, Erstattung von Behandlungskosten sowie Feststellung der Erstattungspflicht für künftige Behandlungen. Bei der Klägerin wurde im Jahre 1994 ein Mammakarzinom im Stadium II festgestellt und behandelt. Die Krebsbehandlung selbst erfolgte über mehrere Jahre mit dem Hormonpräparat Tamoxifen. Seit Oktober 1996 befindet sich die Beklagte in Behandlung bei dem Gynäkologen und Bäderarzt Dr. L., der die Klägerin im Rahmen einer als ganzheitlich aufgefassten Therapie vor allem mit einer geschlossenen Kohlendioxidbehandlung, mit vaginalen Moorpackungen sowie mit Infusionen und Injektionen mit Mineralien und Vitaminen therapiert. Zweck dieser Behandlung ist nach dem Vortrag der Klägerin die Steigerung der Immunabwehr, die Verbesserung der Stoffwechsellage und die Bekämpfung von Nebenwirkungen des Medikaments Tamoxifen. Die Beklagte hat die medizinische Notwendigkeit der Kohlendioxidbehandlung, der vaginalen Moorpackungen und der Injektionen/Infusionen bestritten und die von der Klägerin eingereichten Rechnungen entspr. gekürzt. Die Klägerin führt die Tatsache, dass sie trotz denkbar schlechter Prognose bislang rezidivfrei geblieben sei, ausschließlich auf die Behandlung von Dr. L. zurück und vertritt die Auffassung, diese Behandlung sei medizinisch notwendig.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 16.930,91 DM (8.656,64 Euro) nebst 4 % Zinsen seit dem 19.1.1999 zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die weiteren künftig entstehenden Kosten der geschlossenen CO2-Gastherapie sowie der vaginalen Mooranwendungen zu erstatten.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Kammer hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Die durchgeführte Behandlung sei in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen Dr. C. als medizinisch notwendig anzusehen, da sie jedenfalls der Linderung der Grunderkrankung (Brustkrebs) gedient habe. Da es keine schulmedizinische Behandlungsmethode gebe, die sichere Heilung garantieren könne, habe sich die Klägerin auch alternativer Behandlungsmethoden bedienen können. Diese sei auch grundsätzlich geeignet gewesen und nicht etwa als Außenseitermethode anzusehen. Wegen der Einzelheiten wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Mit der hiergegen eingelegten Berufung verfolgt die Beklagte das Ziel der Klageabweisung weiter. Sie rügt, die Kammer habe die rechtlichen Voraussetzungen für die Annahme medizinischer Notwendigkeit verkannt. Soweit es um die Nachbehandlung des Brustkrebses gehe, stünden sehr wohl schulmedizinische Behandlungsmaßnahmen zur Verfügung, auf die die Klägerin hier bewusst verzichtet habe. Die angewandten naturheilkundlichen Maßnahmen seien selbst nach Auffassung des Sachverständigen Dr. C. nicht wissenschaftlich nachweisbar wirksam, erst recht nicht der Schulmedizin überlegen. Die bloße Tatsache, dass die Behandlung sich günstig auf die Lebensqualität der Klägerin auswirke, genüge nicht. Auch dürfe nicht auf die Tatsache abgestellt werden, dass die Klägerin bislang glücklicherweise rezidivfrei geblieben sei. Im Übrigen bleibe ein Zusammenhang zwischen der Rezidivfreiheit und der Behandlung durch Dr. L. bestritten. Der Feststellungsantrag sei bereits unzulässig.

Sie beantragt, unter Abänderung des Urteils des LG Aachen vom 11.9.2001 (10 O 589/98) die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Im Anschluss an die Entscheidung des BGH vom 12.3.2003 (BGH v. 12.3.2003 – IV ZR 278/01, BGHReport 2003, 599 = MDR 2003, 807 = GesR 2003, 179 = VersR 2003, 581 ff.) vertritt sie die Auffassung, Kostenargumente könnten nunmehr keine Rolle mehr spielen. Die medizinische Notwendigkeit ergebe sich bereits daraus, dass die Behandlung geeignet sei, ihre Beschwerden zu lindern.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses wird auf das schriftliche Gutachten des Prof. Dr. N. vom 6.8.2003 und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15.1...

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