rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Baurecht, SteuerR
Leitsatz (amtlich)
Eine zwischen den Beteiligten eines Bauvertrages vereinbarte Beschleunigungsprämie ist Teil der vereinbarten Vergütung. Der Auftraggeber hat die darauf entfallende Umsatzsteuer auch dann gesondert zu zahlen, wenn der Vertragstext keine dahin gehende ausdrückliche Regelung enthält, die im Leistungsverzeichnis ausgewiesenen Preise aber Nettopreise sind, denen die Umsatzsteuer zuzusetzen ist.
Normenkette
VOB/A § 12
Verfahrensgang
LG Bonn (Urteil vom 19.11.1998; Aktenzeichen 11 O 99/99) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 13.08.1999 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bonn – 1 O 99/99 – abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 16.000,00 DM nebst 4% Zinsen seit dem 27.02.1999 zu zahlen.
Die Kosten des des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.
Das Landgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der Umsatzsteuer auf die bereits gezahlte Beschleunigungsprämie von 100.000,00 DM. Der allgemeine Grundsatz, dass die vertragliche Vergütung in einem bürgerlich-rechtlichen gegenseitigen Vertrag die auf die Gegenleistung zu entrichtende Umsatzsteuer umfaßt, falls nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist (BGHZ 60, 119, 203; BGH NJW 1991, 2484; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 9. Aufl., Rn. 1270 ff. mit weiteren Nachweisen), greift entgegen der Ansicht des Landgerichts im Streitfall nicht. Aus den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ergibt sich, dass die Beklagte nicht nur die in dem Leistungsverzeichnis ausgewiesene, auf die Vergütung entfallende Umsatzsteuer zu zahlen hat, sondern auch die Umsatzsteuer, die auf die Beschleunigungsprämie entfällt.
Grundlage für die Zahlung der Beschleunigungsprämie ist Ziffer 6.3.1 der besonderen Vertragsbedingungen der Beklagten, wonach die Beklagte bei Unterschreitung der Gesamtfertigstellungsfrist eine Prämie von 5.000,00 DM pro Wochentag (Höchstgrenze 100.000,00 DM) zu zahlen hat. Richtig ist, dass Ziffer 6 der Besonderen Vertragsbedingungen unter der Überschrift „Vertragsstrafen (§ 11 VOB/B)” steht; die Ziffern 6.1 und 6.3 enthalten auch Vertragsstrafenregelungen. Eine Beschleunigungsprämie ist jedoch ersichtlich keine Vertragsstrafe. Die Zuordnung von Vertragsstrafe und Beschleunigungsprämie entspricht der Regelung des § 12 VOB/A, in dessen Absatz 2 bezeichnenderweise von Beschleunigungsvergütungen die Rede ist. Man mag die Beschleunigungsvergütung als „Gegenteil” der Vertragsstrafe bezeichnen können (vgl. Ingenstau/Korbion, VOB, 13. Aufl., A § 12 Rn. 25). In der Sache handelt es sich jedoch um einen gesondert geregelten Teil der vom Unternehmer für die vereinbarte Leistung zu zahlenden Vergütung (vgl. Ingenstau/Korbion a.a.O.). Forderungen des Bauunternehmers, die durch die Ausführung der vertraglichen Arbeiten entstanden sind, sind ungeachtet ihrer Bezeichnung (etwa als „Schadensersatz” o.ä.) Teil der geschuldeten Vergütung, wenn sie ein (zusätzliches) Äquivalent für die Bauleistungen darstellen (vgl. BGHZ 50, 25, 29 zur Verjährung des Anspruchs auf Mehraufwendungen nach § 6 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B). Die vereinbarte Beschleunigungsprämie ist ein solch zusätzliches Entgelt.
Richtig ist allerdings auch, dass Ziffer 6.3.1 der Besonderen Vertragbedingungen die Zahlung von Umsatzsteuer auf die Beschleunigungsprämie nicht erwähnt. Die dahingehende Verpflichtung der Beklagten ergibt sich jedoch aus dem Zusammenhang der vertraglichen Vereinbarungen. Aus dem gesonderten Ausweis der Umsatzsteuer in dem Leistungsverzeichnis war ersichtlich, dass die Klägerin die Zahlung von Umsatzsteuer auf den Baupreis verlangte. Für die Erwähnung der eventuell anfallenden Beschleunigungsprämie war an dieser Stelle kein Raum. Sie war auch aus Sicht der Klägerin nicht erforderlich. Denn die Beschleunigungsprämie stellt keine Vergütung für zusätzlich zu erbringende Leistungen dar, für die die Zurechnung der Umsatzsteuer gesondert vereinbart werden musste. Vielmehr wird die Prämie, soweit sie anfällt, für die im Leistungsverzeichnis beschriebenen Leistungen als zusätzliche Vergütung geschuldet. Die im Leistungsverzeichnis ausgewiesenen Preise waren aber Nettopreise, denen die Umsatzsteuer zuzusetzen war. Zu Recht weist die Klägerin darauf hin, dass bei dieser Sachlage die Verpflichtung des Auftraggebers, die Umsatzsteuer auf den letztlich für die vereinbarten Leistungen insgesamt geschuldeten Betrag zu zahlen, nicht davon abhängt, dass jede vertragliche Regelung, die zu einer Modifizierung des Preises führt, erneut auf den zusätzlichen Anfall der Umsatzsteuer hinweist (vgl. auch § 2 Nr. 3 Abs. 3 Satz 3 VOB/B). Angesichts dessen hätte die Beklagte den für die Prämie ausgeworfenen Betrag ausdrücklich als Bruttobetrag bezeichnen müssen, wenn sie nicht bereit war, darauf die verlangte Umsatzsteuer zusätzlich zu ...