Entscheidungsstichwort (Thema)
Warenbeschlagnahme wegen Verstoßes gegen Konvoibestimmungen
Leitsatz (amtlich)
Übernimmt der Frachtführer einen Alkoholtransport, der außerhalb der EU im Transit durch einen Drittstaat führt, obliegt ihm die Erkundigung, ob ungeachtet mitgeführter Zolldokumente besondere Sicherheitsanforderungen für den Transittransport gelten (hier: Konvoibegleitung bei Alkoholtransporten durch die Republik Belarus).
Normenkette
CMR Art. 11, 17 Abs. 1-2
Verfahrensgang
LG Bonn (Urteil vom 28.12.2010; Aktenzeichen 11 O 92/10) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Bonn vom 28.12.2010 - 11 O 92/10 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar; die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten, die sie im Februar 2010 mit der Durchführung eines Transports von 20 t. Wodka zu fixen Kosten von T/Russische Föderation (im Folgenden: Russland) nach U/Bundesrepublik Deutschland beauftragt hat, Schadensersatz wegen des Verlustes der Ware im Obhutszeitraum der Beklagten.
Mit Urteil vom 28.12.2010, auf das wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes, der dort gestellten Anträge und der Würdigung des Streitstoffes durch die Kammer für Handelssachen Bezug genommen wird, hat das LG der Klage hinsichtlich der Hauptforderung, eines Teils der Zinsforderung sowie der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten stattgegeben. Die Ware sei in Verlust geraten, während sie sich in der Obhut der Beklagten befunden habe (Art. 17 Abs. 1, 20 Abs. 1 CMR); den Entlastungsbeweis nach Art. 17 Abs. 2 CMR habe die Beklagte nicht geführt. Die Zollabfertigung habe der Beklagten oblegen, dass die Ware wegen des fehlenden Konvoipapiers beschlagnahmt worden sei, stelle für die mit derartigen Transporten vertraute Beklagte kein unabwendbares Ereignis dar. Ein Mitverschulden könne der Klägerin nicht zur Last gelegt werden, denn es sei Sache der Beklagten gewesen, den Transport nach der Freigabe der beschlagnahmten Ware weiter zu führen; ein Leistungsverweigerungsrecht habe ihr nicht zugestanden.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiter verfolgt. Die Beklagte, die in zweiter Instanz erstmals den CMR-Frachtbrief sowie weitere Unterlagen vorgelegt hat, ist u.a. der Ansicht, das LG habe es zu Unrecht als unstreitig angesehen, dass die Beklagte ein ständig mit derartigen Transporten betrautes Unternehmen sei. Auch habe die Kammer die Darlegungs- und Beweislast im Rahmen des Art. 17 CMR verkannt; den Haftungsausschlusstatbestand des Art. 17 Abs. 2 Alt. 1 CMR habe das Gericht fehlerhaft überhaupt nicht angewandt; nicht hinreichend differenziert habe die Kammer zwischen der reinen Zollabwicklung und den - nach Auffassung der Beklagten der Klägerin obliegenden - Vorarbeiten (Zurverfügungstellung der notwendigen Papiere und Erteilung entsprechender Auskünfte). Zu Unrecht habe das LG auch keinen Beweis über die Behauptung der Beklagten erhoben, ein Mitarbeiter des Warenversenders (Fa. M) habe sowohl der Beklagten als auch der Unterfrachtführerin (Fa. W) in einem Telefonat vor Ausführung des Transports auf Nachfrage mitgeteilt, eine Konvoibegleitung durch Weißrussland sei nicht erforderlich. Zweitinstanzlich hat die Beklagte erstmals hilfsweise die Aufrechnung mit Gegenansprüchen erklärt, und zwar zum einen mit einem Anspruch i.H.v. 31.100 EUR (Standgeld während der Zeit der Beschlagnahme des Lkw in Weißrussland), zum anderen mit einem Anspruch i.H.v. 33.350 EUR (Geldstrafe, zu welcher die Geschäftsführerin der Unterfrachtführerin in Weißrussland durch Urteil vom 25.11.2010 wegen Verstoßes gegen die Konvoibestimmungen verurteilt worden ist).
Die Beklagte beantragt, die Klage unter Abänderung des am 28.12.2010 verkündeten Urteils des LG Bonn - Az. 11 O 92/10 - abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Das Gericht des Stadtbezirks "N3j" der Stadt C hat mit Urteil vom 25.11.2010 den eingezogenen Wodka konfisziert.
Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 10.1.2012 durch Vernehmung der Zeugen I, N2, N1 und N. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 2.7.2012, wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Prozessbeteiligten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Das LG ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 37.178,76 EUR gem. Ar...