Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 18 O 143/18)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 12.10.2021; Aktenzeichen VI ZR 489/19)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 28.3.2019 (18 O 143/18) unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, sämtliche in der Datenbank der Internetseite www.A+*.de zum Kläger gespeicherten Daten - Name, Fachrichtung, Anschrift und Telefonnummer der Praxis sowie die zum Kläger abgegebenen Bewertungen - zu löschen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu vollstrecken an ihren Geschäftsführern,

zu unterlassen, auf der Internet-Seite www.A+*.de ein Profil mit Namen und Fachrichtung des Klägers sowie Anschrift und Telefonnummer seiner Praxis zu veröffentlichen, auf welchem Bewertungen durch angebliche Patienten des Klägers eingestellt werden können und dabei gleichzeitig

a. auf dem Profil des Klägers auf eine Liste mit weiteren Ärzten zu verweisen, während auf den Profilen zahlender Ärzte ein Hinweis auf weitere Ärzte unterbleibt, wenn dies geschieht wie folgt:

(Bild/Grafik nur in Originalentscheidung ersichtlich)

und/oder

b. auf dem Profil des Klägers auf eine Liste mit weiteren Ärzten zu verweisen, auf der zahlende Ärzte anders als der Kläger mit Bild dargestellt werden, wenn dies geschieht wie folgt:

(Bild/Grafik nur in Originalentscheidung ersichtlich)

und/oder

c. auf dem Profil des Klägers auf eine Liste mit Ärzten für die speziellen Behandlungsgebiete "Zahnersatz, Zahnimplantate, Wurzelbehandlung" zu verweisen, während auf den Profilen zahlender Ärzte ein solcher Verweis unterbleibt, wenn dies geschieht wie folgt:

(Bild/Grafik nur in Originalentscheidung ersichtlich)

3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Gebührenforderung seiner Prozessbevollmächtigten für die vorgerichtliche Rechtsverfolgung in Höhe von 337,07 Euro freizustellen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 86 % und die Beklagte zu 14 %.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der tenorierten Löschungs- bzw. Unterlassungsgebote gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 2.500 Euro und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger ist Fachzahnarzt für Oralchirurgie und verlangt von der Beklagten, die ein Bewertungsportal für Ärzte mit monatlich über sechs Millionen Nutzern betreibt, die Löschung seiner auf diesem Portal ohne seine Einwilligung veröffentlichten Daten sowie die Unterlassung der Veröffentlichung dieser Daten im Zusammenhang mit einer abweichenden, in den Klageanträgen im Einzelnen beschriebenen Darstellung bei zahlenden Kunden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten sowie der erstinstanzlichen Anträge wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dem Kläger stehe sowohl ein Löschungsanspruch aus Art. 17 Abs. 1 d) DSGVO als auch ein Unterlassungsanspruch gegen die Wiederaufnahme seiner Daten in die Online-Datenbank aus §§ 823 Abs. 2, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog i.V.m. Art. 17 Abs. 1 d), 6 Abs. 1 DSGVO zu. Entsprechend der Grundsätze, wie sie der Bundesgerichtshof unter anderem in seiner Entscheidung vom 20.2.2018 (VI ZR 30/17, BGHZ 217, 340) aufgestellt habe, überwögen die Interessen des Klägers an der Löschung seiner Daten gegenüber den Interessen der Beklagten. Denn auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Beklagte Änderungen an der Darstellung im Bewertungsportal vorgenommen habe, trete sie weiterhin unter Berücksichtigung des Gesamtkonzeptes nicht als neutrale Informationsmittlerin auf. Vielmehr führe die Verknüpfung von Daten, die (noch) den legitimen Informationsinteressen der Öffentlichkeit dienten mit solchen Daten, die darüber hinausgingen und gerade eine Besserstellung der zahlenden Ärzte gegenüber ihren nicht zahlenden Mitbewerbern bezweckten, dazu, dass den zahlenden Ärzten Vorteile verschafft würden, die für einen durchschnittlichen Besucher des Bewertungsportals nicht offensichtlich seien. Eine solche Offensichtlichkeit werde insbesondere nicht dadurch hergestellt, dass die Beklagte einen zahlenden Arzt auf dessen Profilseite durch ein Symbol mit dem Text "Gold" bzw. "Platin" kenntlich mache.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt und verfolgt ihren erstinstanzlichen Antrag auf Klageabweisung weiter.

Sie macht geltend, ein Löschungsanspruch des Klägers scheide schon deshalb aus, weil sie - die Beklagte - unter das Medienprivileg des Art. 85 DSGVO i.V.m. Art. 38 BayDSG falle. Im Gegensatz zur früheren Rechtslage in § 41 BDSG a.F., ...

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