Entscheidungsstichwort (Thema)
HappyDigits
Leitsatz (amtlich)
1. Die in der "Liste qualifizierter Einrichtungen" eingetragenen Institutionen können die in § 1 UklaG bezeichneten Unterlassungsansprüche geltend machen und AGB's beanstanden, ohne dass zu prüfen wäre, ob die angegriffene AGB-Klausel gerade von einer dem Verbraucherschutz dienenden Norm abweicht.
2. a) Macht der Verwender den Vertragsschluss von der Angabe des vollständigen Geburtsdatums des Kunden abhängig, so stellt er damit eine Vertragsbedingung i.S.d. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB.
b) Die Forderung nach Angabe des vollständigen Geburtsdatums "dient" i.S.d. § 28 Abs. 1 Nr. 1 BDSG "der Zweckbestimmung eines Vertragsverhältnisses", wenn die Teilnahme an dem in Rede stehenden Rabattsystem von einem Mindestalter und die Teilnahme ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters von der Volljährigkeit abhängen.
3. Hinweise, in denen lediglich Gründe dafür angeführt werden, warum in anderen AGB-Klauseln bestimmte Kundendaten erhoben werden, unterliegen ihrerseits nicht auch einer Inhaltskontrolle.
4. Eine Bestimmung, mit der sich der Veranstalter eines Rabattsystems von den Kunden das Recht einräumen lässt, die Daten über die "Warengruppe" der von ihnen gekauften Waren an die an dem System beteiligten Unternehmen weiterzuleiten, verstößt nicht gegen § 28 Abs. 1 Nr. 1 BDSG, sofern dies die Unternehmen in den Stand setzt, die Höhe der Rabattgewährung angesichts unterschiedlicher Rabattsätze bei den Warengruppen ggü. den Kunden nachvollziehbar zu machen.
5. Eine AGB-Regelung, die dem Kunden das Recht einräumt, sein Einverständnis mit der Speicherung seiner Daten und ihrer Verwendung zu schriftlichen Werbeaktionen durch Streichen der fraglichen Klausel zu verweigern ("Opt-Out"), stellt jedenfalls bei einem Rabattsystem, an dem sich zu beteiligen dem Kunden ansonsten nur wirtschaftliche Vorteile bringt, eine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB dar.
Normenkette
BGB §§ 107-108, 305 Abs. 1, § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1; BDSG §§ 3a, 4a, 28 Abs. 1 Nr. 1; UKlaG §§ 1, 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 8 Abs. 1 Nr. 2; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 16.11.2007; Aktenzeichen 26 O 358/05) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 9.5.2007 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer des LG Köln - 26 O 358/05 - teilweise abgeändert und im Hauptausspruch insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt,
a) es zur Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihren jeweiligen Geschäftsführern, zu unterlassen, die nachfolgende oder ihr inhaltsgleiche Bestimmungen in Verträge mit Verbrauchern über die Gewährung von Rabatten einzubeziehen sowie sich auf diese Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger, nach dem 1.4.1977 geschlossener Verträge zu berufen:
"Ich bin damit einverstanden, dass meine bei HappyDigits erhobenen persönlichen Daten (Name, Anschrift, Geburtsdatum) und meine Programmdaten (Anzahl gesammelte Digits und deren Verwendung; Art der gekaufte Waren und Dienstleistungen; freiwillige Angaben) von der CAP Customer Advantage Program GmbH (CAP), Sachsenring 6, D-50677 Köln, als Betreiberin des HappyDigits Programms und ihren Partnerunternehmen zu Marktforschungs- und schriftlichen Beratungs- und Informationszwecken (Werbung) über Produkte und Dienstleistungen der jeweiligen Partnerunternehmen gespeichert, verarbeitet und genutzt werden. [...] Sind Sie nicht einverstanden, streichen Sie die Klausel [...]",
wenn dies wie nachstehend wiedergegeben geschieht:
b) an den Kläger 50 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 26.8.2005 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben der Kläger ¾ und die Beklagte ¼ zu tragen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann jedoch die Vollstreckung des Unterlassungsanspruches durch Sicherheitsleistung i.H.v. 2.500 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Vollstreckung des Zahlungs- und des Kostenerstattungsanspruches können die Parteien durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Bezüglich der Entscheidung über die Berufungsanträge zu I 1)-3) wird die Revision zugelassen, im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beklagte organisiert und betreibt das - recht bekannte - Kundenbindungs- und Rabattsystem "HappyDigits". An das System angeschlossen sind große Unternehmen, wie der Kaufhof und die Deutsche Telekom AG. Die teilnehmenden Kunden werden mit einer Karte im Kreditkar...