Verfahrensgang
LG Aachen (Aktenzeichen 7 O 202/17) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 23.01.2018 - 7 O 202/17 - aufgehoben und wie folgt abgeändert:
Es wird festgestellt, dass die Erklärung aus dem Schreiben der Beklagten vom 18.05.2017 zum Bauvorhaben "Umgestaltung Sstraße" rechtlich eine freie Kündigung des Bauvertrages vom 19.04./21.04.2017 darstellt.
Hinsichtlich der Klageanträge zu 1), 2) und 4) ist die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt.
Zur Entscheidung über die Höhe der Klageanträge zu 1), 2) und 4) sowie der Kosten des Berufungsverfahrens wird der Rechtsstreit an das Landgericht Aachen zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung einer Vergütung nach vorzeitiger Beendigung eines Bauvertrages.
Die Beklagte schrieb Anfang 2017 Kanal- und Straßenbauarbeiten für das Bauvorhaben "Umgestaltung Sstraße" in T aus. Gegenstand waren die Teilnahmebedingungen mit Stand April 2016. Wegen der Einzelheiten über den Inhalt der Teilnahmebedingungen wird Bezug genommen auf die zur Akte gereichte Kopie (Anlage K 1, Bl. 13-14R GA).
Laut Ausschreibungsunterlagen wurden die Besonderen Vertragsbedingungen (BVB, Bl. 16-18R GA) und die zusätzlichen Vertragsbedingungen (ZVB, Bl. 19-20R GA) sowie das "Bodengutachten IQ" (Bl. 176-183R GA) ausgehändigt und Vertragsbestandteil. Wegen der weiteren Einzelheiten über den Inhalt der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes wird Bezug genommen auf die zur Akte gereichte Kopie (Anlage K 1, Bl. 11-207R GA). Die Arbeiten sollten am 02.05.2017 beginnen und am 23.02.2019 abgeschlossen sein.
In dem Bodengutachten der IQ Ingenieurgesellschaft R GmbH - der Streithelferin - vom 06.02.2017 heißt es auf Seite 15 (Bl. 183 GA): "Da eine visuelle Unterscheidung der Materialien nicht möglich ist, wird empfohlen, alle Aushubmassen aus der Sstraße als 'gefährlichen Abfall' mit einer Entsorgung unter der Abfallschlüsselnummer 170503* auf einer Deponie der Klasse DK II auszuschreiben.". Tatsächlich wurde in dem Leistungsverzeichnis der Ausschreibung der Aushub zum Teil als "gefährlicher Abfall" und zum Teil als solcher der Deponieklasse DK I oder DK II ausgewiesen (Bl. 61R-63, 67-67R GA).
Auf die Ausschreibung unterbreitete die Klägerin unter dem 22.03.2017 auf dem Formular der Beklagten, auf welchem unter Ziffer 5 die Geltung der VOB/B aufgeführt war, ein Angebot, das ohne die Titel 1.8 und 1.9 ein Volumen von 2.677.972,44 Euro aufwies. Dabei wurden von der Klägerin als Nachunternehmer Unternehmen für Markierungen (1.6.500-610), Schilder/Poller (1.6.20-60, 1.6.170, 1.6.190-490) und Schweißen (1.6.1910-170) angegeben. Wegen der weiteren Einzelheiten über das von der Klägerin abgegebene Angebot vom 22.03.2017 wird auf die zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen (Anlage B 1, Bl. 300 GA).
Die Klägerin war Billigstbietender und erhielt mit Schreiben vom 19.04.2017 den Zuschlag. In dem Schreiben ist als Baubeginn der 02.05.2017 genannt. Wegen der weiteren Einzelheiten über den Inhalt des Schreibens vom 19.04.2017 wird auf die zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen (Anlage K2, Bl. 208 GA).
Die Klägerin sendete die Empfangsbestätigung des Auftragsschreibens vom 19.04.2017 mit Schreiben vom 21.04.2017 an die Beklagte und bat um Übersendung der für die Bauausführung notwendigen Unterlagen einschließlich eines bodentechnischen Gutachtens, soweit ein solches vorliege. Wegen der Einzelheiten über den Inhalt des Schreibens der Klägerin vom 21.04.2017 wird Bezug genommen auf die zur Akte gereichte Kopie (Anlage K 3, Bl. 209 GA).
Am 26.04.2017 fand ein Gespräch zwischen der Klägerin und Vertretern der Beklagten, unter anderem dem Leiter des Amts für Immobilienmanagement und technische Infrastruktur (Hochbau, Tiefbau-Planung, Tiefbau-Bauausführung, Vermessung, Bauverwaltung), Herrn L, statt. Die Klägerin erklärte dabei, dass mit den Arbeiten am 22.05.2017 begonnen werden könne, wenn bestimmte Voraussetzungen wie die Entsorgung von giftigem Abfall und - was insoweit als Gesprächsinhalt zwischen den Parteien streitig ist - die Beweissicherung erfüllt seien. Die Einhaltung aller Zwischentermine wurde dabei durch die Klägerin bestätigt.
Im Nachgang des Gesprächs vom 26.04.2017 wurde die Klägerin mit Schreiben der Beklagten vom 26.04.2017 gemäß § 5 Abs. 2 VOB/B aufgefordert, binnen 12 Tagen, d.h. spätestens zum 12.05.2017, mit den Bauarbeiten zu beginnen und diesen Baubeginn bis zum 02.05.2017 zu bestätigen. Wegen der weiteren Einzelheiten über den Inhalt des Schreibens vom 26.04.2017 wird auf die zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen (Anlage K 4, Bl. 210 GA).
Mit Schreiben vom 02.05.2017 teilte die Klägerin der Beklagten unter Bezugnahme auf die Bodenaushubpositionen des Leistungsverzeichnisses mit, den Baubeginn vom 12.05.2017 nicht bestätigen zu können, da umweltrechtliche Fragen noch beklagtenseits geklärt werden müssten. Sollte dennoch auf einen Baubeginn bestanden werden, we...