Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer in einer Bahnsteighalle quer oberhalb der Gleise verlaufenden, der Wartung dienenden Empore, die nur über zwei jeweils gesondert gegen Benutzung gesicherte Treppenanlagen zu erreichen ist, handelt es sich um befriedetes Besitztum im Sinne des § 123 Abs. 1 StGB.
2. Zu den Voraussetzungen einer öffentlichen Versammlung unter freiem Himmel gem. § 26 VersammlG.
Normenkette
StGB § 123; VersammlG § 26
Verfahrensgang
AG Köln (Entscheidung vom 18.10.2017) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit seinen Feststellungen aufgehoben, und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Strafkammer des Landgerichts Köln zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Köln hat die Angeklagten am 18. Oktober 2017 des "gemeinschaftlichen Hausfriedensbruchs" für schuldig befunden und sie - bei unterschiedlichen Tagessatzhöhen - zu Geldstrafen von je 40 Tagessätzen verurteilt. Auf ihre hiergegen gerichteten Berufungen hat das Landgericht die Angeklagten mit der angefochtenen Entscheidung freigesprochen.
Das Landgericht ist hierbei von folgenden - vom Amtsgericht getroffenen - Feststellungen ausgegangen:
"Am 27.10.2016 gegen 12:20 Uhr kletterten die Angeklagten A und B aufgrund eines zuvor gemeinsam gefassten Tatplans zusammen mit der gesondert verfolgten C im Der Hauptbahnhof unter Umgehung entsprechender Absperrungen über eine Empore in die Dachkonstruktion des Bahnhofsgebäudes, während der Angeklagte G sich vereinbarungsgemäß auf den Bahnsteigen aufhielt, um von dort die Situation zu koordinieren und zu schützen. Die Angeklagten A und B sowie die gesondert verfolgte C befestigten sodann an der Nordseite der Innenfassade des Bahnhofs in etwa 30 m Höhe ein 10 x 4 m großes Banner mit der Aufschrift "Endstation für 'TTIP/CETA - Aktionstage am 03.-05.11. in E - F" und hängten sich zudem selbst in Höhe des Banners über die Gleisanlagen, so dass, um eine Gefährdung der Angeklagten sowie eine Gefährdung der darunter stehenden Passanten zu verhindern, der Bahnbetrieb auf den betroffenen Gleisen eingestellt werden musste.
Der von den Angeklagten A und B betretene Bereich ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Auf regulärem Weg ist er lediglich über zwei Leitern zugänglich. Diese beiden Leitern befinden sich an den jeweils gegenüberliegenden Seiten auf Bahnsteigen, die ebenfalls für den öffentlichen Verkehr nicht freigegeben sind. Öffentliche Zugänge zu diesen Bahnsteigen existieren nicht. Für die Öffentlichkeit können diese lediglich dadurch erreicht werden, dass man über die entsprechenden Gleise, die sich neben des jeweiligen Bahnsteigen befinden, klettert. Die jeweiligen Leitern ihrerseits sind mit einer Platte gesichert, so dass erkennbar wird, dass der Betreiber des Bahnhofs ein Besteigen der Leitern für Unbefugte nicht wünscht. Der genaue Zeitraum, über den sich die Angeklagten in dem für den öffentlichen Verkehr nicht freigegebenen Bereich des Bahnhofs aufhielten, konnte nicht sicher festgestellt werden. Es ließ sich lediglich nachvollziehen, dass der Polizeieinsatz um ca. 12.00 Uhr bis 12.20 Uhr begonnen hatte, die Oberleitungen ab ca. 12:45 Uhr wieder angeschaltet wurden und die gesamte Aktion jedenfalls um ca. 14:30 Uhr beendet war."
Diesen Sachverhalt hat die Berufungsstrafkammer wie folgt rechtlich gewürdigt:
"1. Wegen Hausfriedensbruchs wird bestraft, wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, wobei die Tat nur auf Antrag verfolgt wird (§ 123 Abs. 1, Abs. 2 StGB).
Des Hausfriedensbruchs schuldig gemacht haben sich die Angeklagten nicht. Im einzelnen gilt hierzu:
a) In die Bahnhofshalle des Hauptbahnhofs D als solche sind die Angeklagten nicht eingedrungen. Denn bei genereller Eintrittserlaubnis, wie sie für Bahnhöfe als Räume des öffentlichen Verkehrs anzunehmen ist, kommt ein Eindringen im Sinne des § 123 Abs. 1 StGB nur in Betracht, wenn das Betreten nach seinem äußeren Erscheinungsbild offenkundig von dem allgemein erlaubten Verhalten abweicht, und dafür liegen - für den insofern maßgeblichen Zeitpunkt des Betretens der Halle - keine Anhaltspunkte vor.
b) Bei der sog. "Empore", wie sie auf den Lichtbildern Bl. 64 und Bl. 65 d. A. zu sehen sind, handelt es sich nicht um einen abgeschlossenen Raum, der zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt ist:
(1) Zum öffentlichen Dienst bestimmt sind Räume, in denen Tätigkeiten erledigt werden, die wenigstens mittelbar im öffentlichen Interesse liegen wie z. B. Amtsräume des Rathauses, eine in öffentlichrechtlicher Form betriebene städtische Tiefgarage oder der Sitzungssaal eines Parlaments; die Wahrnehmung öffentlicher Daseinsvorsorge ist ausreichend (BayObLG, Urteil vom 28. Februar 1986 - RReg 2 St 214/85 - juris). Um eine solche handelt e...