Entscheidungsstichwort (Thema)
Beeinträchtigende Schenkungen
Leitsatz (redaktionell)
Gemäß § 2287 BGB hat eine vom Erblasser beschenkte Person die geschenkten Gegenstände nach Maßgabe der §§ 812 ff. BGB herauszugeben, wenn der Erblasser die Schenkung in der Absicht vorgenommen hat, den Vertragserben zu beeinträchtigen. Ein entsprechender Anspruch gehört nicht zum Nachlaß und kann deshalb von jedem benachteiligten Erben persönlich zu einem seiner Erbquote entsprechenden Bruchteil geltend gemacht werden. Eine vom Erblasser vorgenommene Schenkung löst gemäß dem Schutzzweck der Norm den Anspruch gemäß § 2287 BGB indes nur aus, wenn die berechtigte Erberwartung des Vertragserben objektiv durch eine nicht anzuerkennende Schenkung geschmälert wird. Vorliegend ist diese Voraussetzung nicht gegeben, denn der weggeschenkte Gegenstand gehörte ohnehin nicht mehr zu der Erbmasse, die den Erben verbleiben sollte. Der Umstand, daß der Kläger als Vermächtnisnehmer zugleich Vertragserbe ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Erblasserin war nicht gehindert, durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden über das eigene und das von dem Ehegatten ererbte Vermögen zu verfügen. Insoweit ist der Kläger als Bedachter gegen Beeinträchtigungen, die er als Vertragserbe oder als Vermächtnisnehmer dadurch erleidet, daß die Erblasserin über Gegenstände durch Rechtsgeschäft unter Lebenden verfügt, nicht weiter geschützt als es in §§ 2287, 2288 BGB vorgesehen ist.
Normenkette
BGB §§ 2286-2288
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 18.10.1996; Aktenzeichen 17 O 548/95) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 18.10.1996 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 17 O 548/95 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 18.000,00 DM abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger ist zu einem 1/8-Anteil Miterbe der am 27.07.1995 verstorbenen Frau El. E.s, geborene G.. Die Erblasserin und ihr Ehemann, der Landwirt M. E.s, hatten sich durch notariellen Erbvertrag vom 28.05.1953 (Urkundenrolle Nr. x des Notar H. in K., Bl. 19 f. d.GA.) gegenseitig, der Erstversterbende den Überlebenden, zu Alleinerben eingesetzt. In einem weiteren Erbvertrag vom 10.02.1977 (Urkundenrolle Nr. x des Notars Dr. Gu. in K., Bl. 21 ff. d.GA.) setzten sie u.a. den Kläger zu 1/8 Anteil als Erben des Überlebenden ein (Bl. 22 d.GA.). Ferner ordnete der Überlebende als Vorausvermächtnis an, daß u.a. der Kläger neben 3 Bauparzellen das Hausgrundstück K.-R., A./R. 644, erhalten solle (Bl. 22 d.GA.).
Nach dem gemeinschaftlichen Willen der Eheleute E.s sollten deren Vermögenswerte nach ihrem Tode in die beiden jeweiligen Familien zurückfließen; es sollte das, was aus der Familie E.s stammte, den Verwandten des Herrn E.s und das, was die Familie G. eingebracht hatte, den Verwandten der Frau E.s geborene G. zukommen. Das streitgegenständliche Grundstück war von den Eheleuten E.s zu Lebzeiten gemeinsam erworben worden.
Nach dem Tode ihres Ehemannes ordnete die jetzige Erblasserin durch notarielles Testament vom 25.01.1992 (Urkundenrolle-Nr.: x des Notars Dr. P. in D., Bl. 15 f. d.GA. in Verbindung mit der Ergänzung in der Urkunde vom 28.11.1992, Urkundenrolle-Nr. x des Notars Dr. P., Bl. 17 f. d.GA.) an, daß die Beklagte das Hausgrundstück in K.-R., „A./R. 644”, als Vermächtnis erhalten solle, da diese sie bereits seit 8 Jahren betreue.
Durch notariellen Vertrag des Notars Dr. W. vom 12.07.1993 (Urkundenrolle-Nr. x, Bl. 25 ff. d. GA.) übertrug die Erblasserin der Beklagten das Hausgrundstück „A./R. 644” in K.. Weiterhin heißt es u.a. in dem Vertrag:
„II. Auflagen, Gegenleistungen
1.
Die Übertragung erfolgt mit Rücksicht darauf, daß der Erwerber den Veräußerer bereits seit 8 Jahren unentgeltlich verpflegt hat und sich gemäß den folgenden Regelungen weiterhin verpflichtet, dem Veräußerer die Hilfe und den Beistand in gesunden und kranken Tagen zuteil werden zu lassen, wie man es im hohen Alter von nächsten Familienangehörigen erwarten kann.
Dementsprechend verpflichtet sich der Erwerber, den Veräußerer bis an sein Lebensende unentgeltlich zu pflegen, zu betreuen und zu versorgen, soweit dieser hierzu nicht mehr selber in der Lage ist. Pflege, Betreuung und Versorgung bedeuten dabei namentlich die Führung des Haushaltes, die Zubereitung von Mahlzeiten, ferner Wohnung und Kleidung des Veräußerers in Ordnung zu halten sowie alle gewünschten Besorgungen und Handreichungen einschließlich etwaigen Schriftwechsel und Behördengängen zu tätigen. Im Krankheitsfall umfaßt die Verpflichtung auch die Krankenpflege, soweit nicht ein Aufenthalt im Krankenhaus oder Pflegeheim erforderlich wird.
…
Die im Zusammenhang mit der Erfüllung der vorstehenden Verpflichtung etwa entstehenden Kosten trägt der Erwerber, ausgenommen die Kosten einer Unterbringung in einem Krankenhaus oder Pfle...