Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurechnung des vollen Wohnwertes vor der Scheidung und Kosten nach § 97 Abs. 2 ZPO
Leitsatz (amtlich)
1. Ist die Ehe (endgültig) zerrüttet und kann daher nicht mehr mit einer Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft gerechnet werden, so ist dem in der Wohnung verbliebenen Ehegatten grds. auch bereits vor der Scheidung der Ehe eine Verwertung zuzumuten, so dass ihm der volle Wohnwert des mietfrei genutzten früheren Familienheims ab diesem Zeitpunkt zugerechnet werden kann, etwa mit Zustellung des Scheidungsantrags (so BGH FamRZ 2008, 963), wobei im Einzelfall auch schon vor der Zustellung des Scheidungsantrags die Zurechnung des vollen Wohnvorteils gerechtfertigt erscheinen kann (vgl. BGH, a.a.O.).
2. War die Frage der Anrechenbarkeit eines Wohnvorteils bereits Streitgegenstand des ersten Rechtszugs und waren alle Fakten zur Berechnung seiner Höhe bekannt. und herrschte in erster Instanz nur Streit darüber, in welcher Höhe ein Wohnvorteil anzurechnen ist und ob gegen den Wohnvorteil Belastungen gegengerechnet werden konnten, so rechtfertigt die Erhöhung des geltend gemachten Wohnwerts im Berufungsverfahren unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH nicht die Anwendung des § 97 Abs. 2 ZPO. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die gegnerische Partei dieser Auffassung noch im Berufungsverfahren entgegentritt.
Normenkette
ZPO § 97 Abs. 2; BGB § 1361 Abs. 1 S. 1 Halbs. 1
Verfahrensgang
AG Brühl (Urteil vom 20.11.2007; Aktenzeichen 31 F 248/06) |
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das am 20.11.2007 verkündete Urteil des AG - FamG - Brühl - 31 F 248/06 - wird zurückgewiesen.
II. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 20.11.2007 verkündete Urteil des AG - FamG - Brühl - 31 F 248/06 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin
1. unter Abänderung der Urkunde der Stadt Brühl vom 17.8.2006 (23/2006) für die Tochter B. C., geboren am 18.3.1993 über den titulierten Unterhalt von 235 EUR monatlich hinaus von Januar bis Dezember 2007 monatlich weitere 97 EUR, insgesamt also 332 EUR und ab Januar 2008 monatlich weitere 108 EUR, insgesamt also 343 EUR sowie
2. unter Abänderung der Urkunde der Stadt Brühl vom 17.8.2006 (24/2006) für die Tochter M. C., geboren am 18.11.1994, über den titulierten Unterhalt von 199 EUR monatlich hinaus, von Januar bis Dezember 2007 monatlich weitere 133 EUR, insgesamt also 332 EUR und ab Januar 2008 monatlich weitere 144 EUR, insgesamt also 343 EUR und
3. einen monatlichen Trennungsunterhalt für die Monate Januar bis November 2007 von weiteren 208 EUR, insgesamt also 408 EUR, für den Monat Dezember 2007 von 200 EUR und ab Januar 2008 i.H.v. weiteren 60 EUR, insgesamt also 260 EUR zu zahlen.
4. Im Übrigen verbleibt es bei der erstinstanzlichen Klageabweisung.
III.1. Die Kosten des Rechtstreits erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige - insbesondere form- und fristgerecht eingelegte - Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Dagegen ist die Berufung der Klägerin begründet. Der Klägerin steht monatlicher Trennungsunterhalt von September 2006 bis Dezember 2006 i.H.v. 46 EUR, von Januar 2007 bis November 2007 von 408 EUR, für Dezember 2007 von 200 EUR und ab Januar 2008 von 260 EUR sowie monatlicher Kindesunterhalt für die beiden gemeinsamen Töchter der Parteien, M. und B., von Januar bis Dezember 2007 von jeweils 332 EUR (Zahlbetrag) und ab Januar 2008 von jeweils 343 EUR (Zahlbetrag) zu.
Der Beklagte wehrt sich mit seiner Berufung gegen das angegriffene Urteil nur, soweit er zur Zahlung von Trennungsunterhalt an die Klägerin verurteilt worden ist. In dessen gehen seine hiergegen gerichteten Angriffe fehl.
Der Klägerin steht gegen den Beklagten für die Zeit von September 2006 bis Dezember 2006 gem. § 1361 BGB ein monatlicher Trennungsunterhaltsanspruch von 46 EUR zu. Insoweit kann zunächst auf die Ausführungen des FamG in seinem Urt. v. 20.11.2007 - 31 F 248/06 AG Brühl - Bezug genommen werden, das die Klägerin für diesen Zeitraum der Höhe nach gegen sich gelten lässt. Dabei geht der Senat mit dem FamG für diesen Zeitraum von einem Nettoerwerbseinkommen des Beklagten nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben von monatlich 1.992,03 EUR und einem solchen der Klägerin von 840,26 EUR aus. Wesentliche Einwände zur Berechnung des AG werden seitens der Parteien nicht erhoben.
Soweit der Beklagte ggü. der weiteren Unterhaltsberechnung des FamG mit seiner Berufung vorbringt, es seien nicht alle von ihm getragenen Belastungen berücksichtigt worden, kann dem im Ergebnis nicht gefolgt werden. Zwar mag es zutreffen, dass der Beklagte noch bis einschließlich Januar 2007 anstatt lediglich bis Oktober 2006, wie vom FamG angenommen, die Kfz-Kreditraten für den von der Klägerin genutzten Pkw i.H.v. monatlich 262,50 EUR gezahlt hat. Dies wird aber jedenfalls dadurch kompensiert, dass das AG - wie von der Kläger...