Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe des Selbstbehaltes bei Ehegattenunterhalt
Leitsatz (redaktionell)
Die neuere Rechtsprechung des BGH zum Ehegattenunterhalt und zur Höhe des dem Unterhaltsverpflichteten zu belassenden Selbstbehalts, der mit einem Betrag zu bemessen ist, der nicht unter dem notwendigen Selbstbehalt (§ 1603 Abs. 2 BGB), aber auch nicht über dem angemessenen Selbstbehalt (§ 1603 Abs. 1 BGB) liegt, erfordert stets eine Einzelfallprüfung. Im Regelfall wird von einem Betrag auszugehen sein, der etwa in der Mitte zwischen den beiden Beträgen liegt (vgl. BGH v. 15.3.2006 – XII ZR 30/04, BGHReport 2006, 781 m. Anm. Luthin = FamRZ 2006, 683 ff. und Anm. Büttner in FamRZ 2006, 765 ff.).
Ein Regelfall erscheint dann nicht gegeben, wenn die unterhaltsberechtigte Ehefrau wegen der Betreuung minderjähriger gemeinsamer Kinder noch nicht vollschichtig erwerbstätig ist und auch nicht sein muss und daher in finanziell beengten Verhältnissen lebt.
Gerade bei der Ermittlung eines angemessenen Betreuungsunterhalts ist das Kindeswohl mit zu berücksichtigten, was zur Folge haben kann, dass bei relativ beengten wirtschaftlichen Verhältnissen der Unterhaltsschuldner auf den Mindestselbstbehalt zu verweisen ist.
Normenkette
BGB § 1603 Abs. 1-2
Verfahrensgang
AG Brühl (Urteil vom 10.01.2006; Aktenzeichen 31 F 463/03) |
Tenor
Auf die Berufungen der Parteien wird unter Zurückweisung der Rechtsmittel und Klageabweisung im Übrigen das Urteil des AG - FamG - Brühl vom 10.1.2006 - 31 F 463/03 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt,
1. zu Händen der Klägerin für die am 7.1.1990 geborene gemeinsame Tochter der Parteien T ab November 2003 einen Kindesunterhalt i.H.v. monatlich 284 EUR sowie
2. an die Klägerin
a) für November 2003 sowie Dezember 2003 Trennungsunterhalt i.H.v. monatlich 185 EUR und
b) ab Januar 2004 monatlichen Trennungsunterhalt i.H.v. 202 EUR zu zahlen.
Die auf die einstweilige Anordnung des AG - FamG - Brühl vom 23.1.2004 - in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses des AG - FamG - Brühl vom 5.2.2004 - beide 31 F 463/03 EAUEK - bis einschließlich Januar 2006 geleisteten Zahlungen sind auf Nachweis durch den Beklagten anzurechnen.
Für die erste Instanz verbleibt es bei der amtsgerichtlichen Kostenentscheidung.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässigen - insb. frist- und formgerecht eingelegten - Berufungen der Parteien haben nur teilweise Erfolg. Dabei ist die Berufung der Klägerin ganz überwiegend erfolgreich, während die Berufung des Beklagten ganz überwiegend unbegründet ist.
Klar stellend weist der Senat darauf hin, dass es sich entgegen der Protokollierung in der Sitzungsniederschrift vorliegend um zwei selbständige Berufungen der Parteien handelt. Fälschlicherweise wurde das Rechtsmittel der Klägerin als Anschlussberufung bezeichnet, was offensichtlich unzutreffend ist. Die Falschbezeichnung hat auf die Zulässigkeit des Rechtsmittels jedoch keinen Einfluss.
Der Beklagte greift das amtsgerichtliche Urteil nur zum Trennungsunterhalt an, während die Berufung der Klägerin darauf abzielt, dass amtsgerichtliche Urteil dahin abzuändern, dass der Beklagte verpflichtet wird, an die Klägerin einen Gesamtunterhalt von 486 EUR zu zahlen. Dabei sind sich die Parteien darüber einig, dass der Kindesunterhalt vorrangig sein soll. So hatte die Klägerin zuletzt erstinstanzlich auch den Antrag gestellt, den Beklagten zu verurteilen, an sie Kindesunterhalt i.H.v. 284 EUR und Trennungsunterhalt i.H.v. 202 EUR zu zahlen. Das AG ist über diesen Antrag teilweise hinweggegangen und hat der Klägerin ab Januar 2005 mehr Trennungsunterhalt, dafür aber weniger Kindesunterhalt als beantragt zugesprochen. Auf die beiderseitigen Berufungen war dies zu korrigieren. Dabei legt der Senat den Berufungsantrag der Klägerin dahin aus, dass, soweit die Berufung des Beklagten schon deswegen Erfolg hat, weil das FamG teilweise über die erstinstanzlichen Klageanträge hinausgegangen ist, sie eine Korrektur des erstinstanzlichen Urteils entsprechend dem vor dem AG gestellten Antrag begehrt.
Die Berufung der Klägerin ist im Ergebnis zum ganz überwiegenden Teil begründet. Dem gegenüber musste die Berufung des Beklagten ganz überwiegend erfolglos bleiben.
Lediglich für November und Dezember 2003 schuldet der Beklagte einen geringeren Gesamtunterhalt als 486 EUR, nämlich nur 469 EUR und zwar 284 EUR Kindesunterhalt und 185 EUR Trennungsunterhalt. Ab Januar 2004 kann die Klägerin dagegen Zahlung von 284 EUR Kindesunterhalt für die gemeinsame Tochter T und von 202 EUR Trennungsunterhalt verlangen.
Soweit sich der Beklagte gegen seine erstinstanzliche Verurteilung mit der Begründung wehrt, dass die auf die einstweilige Anordnung geleisteten Zahlungen vom AG nicht berücksichtigt worden seien, ist dies nicht geeignet, der Berufung zum Erfolg zu verhelfen. Der Beklagte hat nämlich, wie das Berufungsverfahren zeigt, seine Leistungen nicht vorbehaltlos erbracht. Vi...