Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 28 O 12/16) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 13.7.2016 (28 O 12/16) in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 12.9.2016 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten zu 1) und 2) werden als Gesamtschuldner verurteilt, den Kläger von außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.317,87 Euro freizustellen.
Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.358,86 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.8.2015 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Kläger.
Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 89 % und die Beklagte zu 1) zu 11 %. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) zu 89 % und die des Beklagten zu 2) in voller Höhe. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt die Beklagte zu 1) zu 11%. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Gegners durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger, der von 1989 bis Anfang 2015 als V-Mann für den Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen arbeitete, nimmt die Beklagten auf Zahlung einer Geldentschädigung sowie auf Zahlung/Freistellung von außergerichtlichen Anwaltskosten für an diese gerichtete Abmahn- und Abschlussschreiben in Anspruch. Anlass für die geltend gemachten Ansprüche sind verschiedene, vom Beklagten zu 2) verfasste Berichterstattungen, die am 14.6.2015, 16.6.2015 und 28.6.2015 auf der von der Beklagten zu 1) betriebenen Internetseite www.X2.de sowie in der von ihr verlegten Zeitung "X" erschienen sind. In den Beiträgen wird der Kläger im Zusammenhang mit dem Bombenanschlag in der Ler Qgasse namentlich genannt und teilweise wird ein Bildnis von ihm mit schwarzer Kappe und Balken über den Augen abgedruckt. Am 14.6.2015 wurden die Beiträge "Das Phantom von L" auf der Internetseite www.X2.de sowie in der "X" (vgl. Anlagen K 5 (inkl. Bildnis) und K 6), "Die dubiosen Ermittlungen zum Ler Neonazi "I3" "auf der Internetseite www.X2.de (vgl. Anlage K 7 inkl. Bildnis), "Neuer NSU-Verdacht" auf der Internetseite www.X2.de sowie in der "X" (vgl. Anlagen K 8 und K 9) sowie "Geheimdienst-Informant soll in Mordserie verwickelt sein" auf der Internetseite www.X2.de (vgl. Anlage K 10) veröffentlicht. Am 16.6.2015 folgte der Beitrag "V-Mann im Zwielicht" auf der Seite www.X2.de (vgl. Anlage K 11). Am 28.6.2015 schließlich wurden die Beiträge "Das Phantom" auf der Internetseite www.X2.de und in der "X" (vgl. Anlagen K 22 und K 23) sowie "Ein geheimer Mitarbeiter sorgt für Verwirrung" auf der Internetseite www.X2.de (vgl. Anlage K 24 inkl. Bildnis) veröffentlicht.
Bezüglich der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie der gestellten Anträge wird auf das erstinstanzliche Urteil (Bl. 164 ff. d.A.) Bezug genommen.
Mit Urteil vom 13.7.2016 hat das Landgericht dem Kläger eine Geldentschädigung in Höhe von 20.000 Euro sowie einen Zahlungs-/Freistellungsanspruch in Höhe von insgesamt 2.676,73 Euro zugesprochen und die weitergehende Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, für die Abmahnung vom 18.6.2015 hinsichtlich der Berichterstattungen vom 14.6.2015 und 16.6.2015 stehe dem Kläger ein Anspruch auf Freistellung von außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.317,87 Euro zu. Zwar folge sein gegen die betreffende Berichterstattung gerichteter Unterlassungsanspruch nicht bereits aus der rechtskräftigen Entscheidung der Kammer im einstweiligen Verfügungsverfahren (28 O 246/15 LG Köln). Jedoch stehe ihm ein solcher Anspruch zu, da eine unzulässige Verdachtsberichterstattung der Beklagten vorliege. Durch die Wiedergabe wahrer Tatsachen über die Ermittlungen zum Bombenanschlag in der Qgasse werde der auf diese Tatsachen gestützte Verdacht geäußert, dass der Kläger an dem Anschlag beteiligt gewesen sein könnte.
Für eine zulässige Verdachtsberichterstattung fehle es jedoch bereits an einem Mindestbestand an Beweistatsachen. Der Aktenvermerk der ehemaligen Präsidentin des Landesamtes für Verfassungsschutz stelle keine privilegierte Quelle dar, auf die die Beklagten sich ohne weitere Recherchen hätten verlassen dürfen. Eine wie auch immer geartete Ähnlichkeit des Klägers mit dem Phantombild reiche angesichts des massiven Vorwurfs der Beteiligung an einem Sprengstoffanschlag der NSU ebenfalls nicht aus. Zwar bestehe ein hohes öffentliches Interesse an dem Umstand, dass die Ähnlichkeit mit dem Phantombild erst zehn Jahre nach der Tat festgestellt wurde...