Leitsatz (amtlich)
Das vom Stimmverbot des § 142 Abs. 1 AktG betroffene Vorstands- bzw. Aufsichtsratsmitglied ist gehindert, aufgrund Bevollmächtigung das Stimmrecht für Aktionäre auszuüben.
Normenkette
AktG § 142 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 91 O 18/01, 91 O 20/01) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufungen der Beklagten gegen die am 28.11.2001 verkündeten Urteile der 11. Kammer für Handelssachen des LG Köln (91 O 18/01 sowie 91 O 20/01) werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand
Die Kläger sind Aktionäre der Beklagten. Mit ihren Klagen, die im Berufungsverfahren gem. § 246 Abs. 3, S. 3 AktG verbunden worden sind, begehren sie u.a. die Aufhebung des unter Tagesordnungspunkt 9 der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten am 18.12.2000 gefassten Beschlusses. Mit diesem wurde bei einer Präsenz von 63.362 Stimmen mit 340.398 Nein-Stimmen zu 262.575 Ja-Stimmen und 398 Enthaltungen der Antrag auf Einsetzung eines Sonderprüfers nach § 142 AktG abgelehnt.
Für die Abstimmungen war das Subtraktionsverfahren vorgesehen, das heißt von der Gesamtzahl der in der Hauptversammlung vertretenen Stimmen waren zunächst die Enthaltungen abzuziehen, um die Zahl der abgegebenen Stimmen zu ermitteln, sodann die Neinstimmen, um die Zahl der Ja-Stimmen zu ermitteln. Dementsprechend wurden bei der genannten Versammlung der Beklagten bei allen zur Abstimmung anstehenden Tagesordnungspunkten mit Ausnahme der zu Tagesordnungspunkt 9 jeweils getrennt nur die Enthaltungen und die Nein-Stimmen eingesammelt. Bei der Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 9 wurden im Saal weder Nein-Stimmen noch Enthaltungen eingesammelt. Erst bei der Feststellung des Wahlergebnisses wurden 340.398 Nein-Stimmen festgestellt. Diese Nein-Stimmen hatte der mit der Eingabe der Stimmrechtskarten in die zur Ermittlung des Abstimmungsergebnisses bestimmte EDV-Anlage betraute Mitarbeiter V., den die Beklagte als ihren „externen Berater” bezeichnet, unmittelbar in den zur Ermittlung des Stimmergebnisses verwandten Computer eingegeben. Auf Befragen des zwecks Protokollierung anwesenden Notars erklärte dieser, dass ein Fax gekommen sei. Der Vorsitzende teilte mit, dass es sich bei dem Fax um eine Stimmrechtsvollmacht handele, die schon vor Beginn der Versammlung vorgelegen habe. Der Kläger und andere Versammlungsteilnehmer erklärten daraufhin Widerspruch zur Niederschrift des Notars zu allen gefassten Beschlüssen.
Die Kläger haben vorgetragen: Der unter Tagesordnungspunkt 9 der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten am 18.12.2000 gefasste Beschluss sei entgegen der Feststellung durch den Versammlungsleiter und der Protokollierung antragsgemäß zustande gekommen. Das Vorstandsmitglied Dr. G. Ga. habe bezüglich der Bevollmächtigungen St. (Stimmkarte 43), 24.270 Stimmen, S.In. (Stimmkarten 204 und 242), 59.706 bzw. 21.281 Stimmen, H. (Stimmkarten 243 und 250), 17.144 bzw. 20.000 Stimmen, G. (Stimmkarten 249 und 341), 25.000 bzw. 13.859 Stimmen, Sal.O. (Stimmkarte 383), 20 Stimmen, gegen das Stimmrechtsverbot aus § 142 Abs. 1 S. 2 und Abs. 3 AktG verstoßen. Dies gelte auch, soweit nicht Dr. Ga. persönlich, sondern die Gesellschaft selbst ermächtigt worden sei. Die vom Beklagten-Mitarbeiter V. abgegebenen Stimmen, welche dieser nicht in die von der Beklagten während der Hauptversammlung verwandten Sammelbehälter eingeworfen, sondern unmittelbar in den zur Ermittlung des Stimmergebnisses verwandten Computer eingegeben habe, seien nicht wirksam abgegeben worden.
Der Kläger zu 1) hat beantragt,
1. den auf der Hauptversammlung der Beklagten am 18.12.2000 zu Tagesordnungspunkt 9 festgestellten Beschluss über die Bestellung eines Sonderprüfers für nichtig zu erklären.
2. festzustellen, dass auf der ordentlichen Jahreshauptversammlung der Beklagten am 18.12.2000 in K. zu Tagesordnungspunkt 9 beschlossen wurde, die K. Deutsche Treuhand-Gesellschaft AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, A.B. hof …, … D., als Sonderprüfer einzusetzen, um folgende Vorgänge zu prüfen:
a) alle Vorgänge, die im Zusammenhang mit dem Erwerb der D. Industriebeteiligungsgesellschaft mbH, E. (jetzt firmierend unter W. Holding GmbH, „D. GmbH”) durch die Beklagte stehen, insbesondere die Kaufpreiserhöhungen und zusätzliche Zahlungen in den Jahren 1996 bis 1998;
b) alle Vorgänge, die mit der Verwendung der Mittel aus der Kapitalerhöhung vom 29.12.1995 bei der D. GmbH zusammenhängen;
c) alle Vorgänge, die mit dem Kauf- und Übertragungsvertrag vom 21.12.1995 über den Erwerb aller Geschäftsanteile an der K. Gießereitechnik GmbH („K.”), D., durch die D. GmbH zusammenhängen;
d) alle Vorgänge, die mit der Gewährung einer Bürgschaft durch die Beklagte zugunsten des Pensionssicherungsvereins K. ...