Verfahrensgang
LG Aachen (Entscheidung vom 19.01.2007; Aktenzeichen 9 O 661/06) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers, wird das Urteil der 9. Zivilkammer des LG Aachen vom 19.1.2007 -9 O 661/06- teilweise abgeändert.
Zur vorläufigen Regelung des streitigen Anspruchs auf Zahlung von Krankentagegeld wird der Beklagten aufgegeben, an den Kläger ab 1. März 2007 bis längstens 30. Juni 2007 monatlich 3.783,90 EUR zu zahlen, die Rückstände sofort, die laufenden Beträge jeweils am letzten Wochentag des Monats.
Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Krankentagegeldversicherung über insgesamt 252,26 EUR täglich. Er übt den Beruf eines Anästhesisten aus und ist als Oberarzt bei einem Krankenhaus angestellt.. Er begehrt im Wege der einstweiligen Verfügung für die Zeit ab November 2006 bis längstens Juni 2007 das vereinbarte Krankentagegeld, weil er ohne Einkünfte sei, über keinerlei finanzielle Mittel wie Sparguthaben mehr verfüge und auch keine Kredite zur Deckung seines existenziell notwendigen Lebensbedarfs, den er mit rund 7.55o:- EUR beziffert , erlangen könne. Er sei krankheitsbedingt vollständig bis voraussichtlich mindestens 30. Juni 2007 arbeitsunfähig.
Die Beklagte tritt dem Begehren entgegen. Sie meint, der Kläger habe die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht dargetan.
Das Landgericht hat den Antrag zurückgewiesen.
Dagegen wendet sich der Kläger mit der Berufung.
II.
Die zulässige Berufung ist in der Sache teilweise gerechtfertigt. Der Kläger hat Anspruch auf vorläufige Zahlung von Krankentagegeld im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang.
Der Senat hält nach nochmaliger Überprüfung an seiner Rechtsprechung ( vgl. MDR 2005, 290 ) fest, wonach der Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Zahlung von Krankentagegeld zur Abwendung einer existenziellen Notlage grundsätzlich statthaft ist ( so im Ergebnis auch KG r + s 2006, 77 ). Dem steht weder entgegen, dass dadurch jedenfalls in beschränktem Umfang auch künftige Ansprüche tituliert werden noch infolge vorläufiger Befriedigung des Gläubigers teilweise ein möglicherweise sogar endgültiger Rechtsverlust des Schuldners droht. Beide Rechtsfolgen sind unvermeidlich und werden auch in sonstigen Fällen der Leistungsverfügung, deren Statthaftigkeit grundsätzlich anerkannt ist ( einstweilige Verfügung auf Zahlung von Unterhalt, Arbeitsentgelt, Renten ), um der Sache Willen hingenommen. Zudem sind die Folgen gerade auch für den Krankentagegeldversicherer zumutbar, kann er doch jederzeit auch nach Rechtskraft der einstweiligen Verfügung eine Abänderung nach § 927 ZPO beantragen, wenn die glaubhaft gemachte Arbeitsunfähigkeit des Versicherungsnehmers entfallen ist, was der Versicherer unschwer feststellen ( lassen ) und glaubhaft machen kann, weil er das Recht hat, den Versicherungsnehmer durch einen von ihm beauftragten Arzt untersuchen zu lassen ( § 9 ( 3 ) AVB ). Gleiches gilt für den Wegfall der Versicherungsfähigkeit infolge Eintritts der Berufsunfähigkeit ( § 14 AVB ).
2.
Der Kläger hat die Tatbestandsvoraussetzungen für den Anspruch auf Zahlung von Krankentagegeld ( Verfügungsanspruch ) für den ausgeurteilten Zeitraum glaubhaft gemacht. Er hat Atteste seiner Behandler Dr. N und Prof. Dr. O vorgelegt, wonach er nach medizinischem Befund vollständig außerstande ist, seinen Beruf als im Krankenhaus angestellter und aktiv tätiger Anästhesist auszuüben. Dieser Befund leuchtet ein, ist er danach doch wegen des komplikationsträchtigen ungünstigen Heilungsverlauf nach einer Tibiakopfumstellungsosteotomie auf Gehhilfen angewiesen. Dem ist die Beklagte schon nicht substanziiert entgegen getreten, obwohl ihr die Möglichkeit offengestanden hat, den Kläger ihrerseits auf seine Arbeitsfähigkeit untersuchen zu lassen, was sie übrigens im Jahre 2005 und noch im April 2006 mit dem Ergebnis einer festgestellten Arbeitsunfähigkeit des Klägers veranlasst hatte. Es hätte nichts näher gelegen, dies Anfang oder im Frühjahr 2007 zu wiederholen, um den Attesten entgegen zu treten. Vor diesem Hintergrund kann sie auch nicht mit dem erstmals im Berufungsrechtszug vorgebrachten Einwand gehört werden, der Kläger habe nicht vorgetragen, wie seine Berufstätigkeit konkret ausgestaltet gewesen sei. Das übliche Berufsbild des Krankenhausanästhesisten ist offenbar allen mit dem Fall beschäftigt gewesenen Gutachtern, auch den von der Beklagten beauftragten, geläufig gewesen. Daran muss sie sich in diesem Verfahrensstadium festhalten lassen.
Der Kläger hat auch das entsprechend § 940 ZPO erforderliche Regelungsbedürfnis ( Verfügungsgrund ) und die existenzielle Notlage glaubhaft gemacht. Nach den vorgelegten Kontounterlagen und den eidesstattlichen Versicherungen ist davon auszugehen, dass der Kläger finanzielle Rücklagen und insbesondere die nicht unerhebliche Steuerrücker...