Verfahrensgang
LG Aachen (Aktenzeichen 10 O 196/00) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 16.1.2001 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des LG Aachen – 10 O 196/00 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Das förmlich nicht zu beanstandende Rechtsmittel bleibt in der Sache erfolglos. Zu Recht hat das LG die Klage als unzulässig abgewiesen, da die internationale Zuständigkeit des LG Aachen nicht gegeben ist. Bereits aufgrund der gesetzlichen Regelungen lässt sich eine solche Zuständigkeit für das LG Aachen nicht feststellen, sodass es auf die Frage, ob aufgrund der von der Beklagten verwendeten allgemeinen Geschäftsbedingungen eine ausschließliche Zuständigkeit in Belgien begründet wird, nicht mehr ankommt.
Die internationale Zuständigkeit richtet sich im vorliegenden Fall nach Artikel 2, 3, 5 Nr. 1 EuGVÜ. Dessen Regelungen finden Anwendung, da sowohl Deutschland als auch Belgien Vertragsstaaten des EuGVÜ sind, Artikel 1 Abs. 1 EuGVÜ.
Da der Gerichtsstand des Wohnsitzes nach Artikel 2 Abs. 1 EuGVÜ hier nicht gewählt wurde – dieser läge am Sitz der Beklagten in Belgien –, kann sich die internationale Zuständigkeit nur gem. Artikel 3 Abs. 1 EuGVÜ aus den Regelungen der folgenden Abschnitte 2 bis 6 des EuGVÜ ergeben. Indes liegen die Voraussetzungen für den hier allein in Betracht kommenden Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach Artikel 5 Nr. 1 EuGVÜ nicht vor. Die Frage, wo der Erfüllungsort liegt, beurteilt sich nach dem Vertragsstatut des Vertrages, der der Klage zugrunde liegt. Dieses wiederum ist zu bestimmen nach dem internationalen Privatrecht des angerufenen Gerichts, lex causae (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 22. Aufl., Art. 5 EuGVÜ Rz. 1; Geimer/Schütze, europäisches Zivilverfahrensrecht, Art. 5, Rz. 65; Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl., Art. 5 EuGVÜ Rz. 3). Maßgebend ist mithin deutsches Kollisionsrecht. Anknüpfungspunkt ist diejenige Verpflichtung, die den Gegenstand der Klage bildet. Bei einem Rechtsstreit über die Folgen einer Vertragsverletzung, wie er hier gegeben ist, kommt es für die Anwendung des Artikel 5 Nr. 1 EuGVÜ auf die Hauptpflicht an, deren Nichterfüllung geltend gemacht wird. Das ist hier die Lieferpflicht des Verkäufers (des Beklagten) (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 22. Aufl., Art. 5 EuGVÜ Rz. 2; Geimer/Schütze, europäisches Zivilverfahrensrecht, Art. 5 Rz. 59).
Artikel 28 Abs. 1 und 2 EGBGB, der grundsätzlich das Vertragsstatut regelt, wird hier durch die Vorschriften des CISG verdrängt, das Anwendung findet, weil Deutschland und Belgien dem Übereinkommen der vereinten Nation über Verträge über den internationalen Warenkauf beigetreten sind (vgl. Gesetzessammlung Jayme/Hausmann, Anm. 1 zu CISG; im Verhältnis zu Belgien findet das Abkommen seit 1.11.1997 Anwendung). Das CISG selbst enthält keine ausdrückliche Regelung zum Erfüllungsort, sondern überlässt dessen Bestimmung in erster Linie den Vertragsvereinbarungen. Die hier von den Parteien herangezogene Vorschrift des Artikel 31a CISG, die den Ort der „Lieferung” regelt, greift nur ein, wenn vertraglich ein Ort der Lieferung nicht bestimmt wurde (vgl. Schlechtriem/Huber, Kommentar zum einheitlichen UN-Kaufrecht, 3. Aufl., Art. 31 Rz. 5).
Der im vorliegenden Fall zwischen den Parteien mündlich geschlossene Vertrag sieht ausdrücklich nichts für den Erfüllungsort vor. Die unstreitig getroffene Abrede „frei Hof” bedeutet lediglich, dass die Verkäuferin die Transportkosten übernimmt. Diese Klausel ist nämlich gem. Art. 8 Abs. 1 Abs. 2 CISG nach dem hypothetischen Parteiwillen, hilfsweise nach dem objektiven Erklärungsinhalt auszulegen. Ausreichende konkrete Anhaltspunkte zur Ermittlung eines hypothetischen Parteiwillens fehlen hier. Somit ist die Abrede „frei Hof” nach objektiven Kriterien zu verstehen. Die vergleichbare Abrede „frei Haus” enthält nach überwiegender Meinung keinen handelsüblich eindeutigen Inhalt; sie ist vielmehr je nach den Umständen des Einzelfalles auszulegen (so die Rechtsprechung, vgl. BGH v. 19.9.1983 – VIII ZR 195/81, NJW 1984, 567 = MDR 1984, 223; NJW 1997, 871; OLG Karlsruhe v. 28.6.1993 – II ZR 99/92, NJW-RR 1993, 1371 = MDR 1994, 43). Sonstige objektive Momente, die für die Auslegung im vorliegenden Fall maßgeblich sein könnten, sind nicht erkennbar. Somit ist auf die Grundregel des Art. 31 zurückzugreifen. Art. 31b und c CISG gehen als Regelfall von der Hohlschuld aus; Art. 31c CISG regelt den Versendungskauf. Mithin ist auch nach den Vorschriften des CISG von der Grundregel auszugehen, dass sich der Erfüllungsort am Sitz des Verkäufers befindet (vgl. Schlechtriem/Huber, Kommentar zum einheitlichen UN-Kaufrecht, 3. Aufl., Art. 31 Rz. 32a; Honsell/Karollus, UN-Kaufrecht, Art. 31 Rz. 31, 44). In Anbetracht, dass die Vereinbarung der Parteien über die Lieferung der Tiere „frei Hof” nicht mit sonstigen besonderen Abreden verbunden war, würde es zu weit gehen, dieser mündlich vereinbarten Klausel so weitreich...