Entscheidungsstichwort (Thema)
Kanzleistandorte im Anwaltsbriefkopf
Leitsatz (amtlich)
1. Zwischen einer Gesellschaft, die für Studienbewerber aus Deutschland entgeltlich Studienplätze in den Studiengängen Humanmedizin, Zahnmedizin und Tiermedizin an ausländischen Universitäten vermittelt, und einer Rechtsanwaltsgesellschaft, die Studienplatzklagen für die vorgenannten Studiengänge an deutschen Universitäten führt und Studienplatzbewerber bei der Erstellung einer strategisch sinnvollen Bewerbung unterstützt, besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis.
2. Das Wettbewerbsverhältnis entfällt nicht dadurch, dass die klagende Gesellschaft ihre Liquidation beschlossen hat, solange der Liquidator weiterhin bestehende Verträge mit Kunden betreut, die bereits ein Studium im Ausland aufgenommen haben und einen Studienwechsel nach Deutschland vornehmen wollen.
3. Die Nutzung eines Anwaltsbriefbogens, der im Briefkopf unter der Namensbezeichnung 4 deutsche Großstädte hervorgehoben aufführt, obwohl die Rechtsanwaltsgesellschaft nur in einer der Städte einen Sitz unterhält, stellt eine erhebliche Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise i. S. d. § 5 Abs. 1, Satz 2, Nr. 3 UWG dar.
Normenkette
UWG § 2 Abs. 1 Nr. 3, § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 33 O 114/17) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 30.04.2019 verkündete Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 33 O 114/17 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten.
3. Dieses Urteil und das genannte Urteil des Landgerichts Köln sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe 20.000 EUR hinsichtlich der Unterlassung und im Übrigen in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 20.000 EUR hinsichtlich der Unterlassung und im Übrigen in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen irreführender Werbung in dem Briefkopf der Beklagten zu 1 mit mehreren Kanzleistandorten auf Unterlassung und Zahlung von Abmahnkosten in Anspruch.
Die Klägerin vermittelt für Studienbewerber u.a. aus Deutschland entgeltlich Studienplätze in den Studiengängen Humanmedizin, Zahnmedizin und Tiermedizin an ausländischen Universitäten. Sie berät Studienbewerber bei der Wahl einer geeigneten Universität im Ausland und begleitet den Bewerbungsprozess an der Universität bis zum Erhalt des gewünschten Studienplatzes, indem sie z.B. die notwendigen Bewerbungsunterlagen für die Studenten zusammenstellt und bei der Universität einreicht und die Korrespondenz mit der Universität bis zum Abschluss des Zulassungsverfahrens führt. Sofern für den Erhalt eines Studienplatzes seitens der Universität Zugangstests von den Studienbewerbern zu durchlaufen sind, bietet die Klägerin diese nach Möglichkeit in Kooperation mit der Universität in Deutschland an. Mit Beschluss vom 03.07.2018 hat die Gesellschafterversammlung der Klägerin die Auflösung der Gesellschaft beschlossen.
Die Beklagte zu 1 ist eine auf das Verwaltungsrecht, insbesondere das Hochschulrecht spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei. Neben Studienplatzklagen berät sie Studienbewerber bei der Studienplatzwahl und unterstützt sie bei der Erstellung einer strategisch sinnvollen Bewerbung. Auf ihrer Internetseite hält die Beklagte zu 1 einen - mit "Auslandsstudium Medizin: Die Ergänzung zur Studienplatzklage" gekennzeichneten - elektronischen Verweis (Link) zur Internetseite der A GmbH & Co. KG vor, die Medizinstudienplätze an ausländischen Universitäten vermittelt. Der Beklagte zu 2 ist Rechtsanwalt und alleiniger Geschäftsführer der Beklagten zu 1.
Auf Briefbögen führt die Beklagte zu 1 unmittelbar unter einem Wappen und dem Schriftzug "B" die Städtenamen C, D, E und F auf. Auf den Briefbogen, der als Anlage 7 zu den Akten gereicht worden ist, wird Bezug genommen. In den Städten D, E und F unterhält die Beklagte zu 1 jedoch, anders als in C, keine Büroräume.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 22.05.2017 ließ die Klägerin die Beklagten durch ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten erfolglos abmahnen.
Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, die Gestaltung des Briefbogens der Beklagten zu 1 sei irreführend, weil durch die Nennung der Städtenamen D, E und F der Eindruck erweckt werde, dass die Beklagte zu 1 in jenen Städten Kanzleistandorte unterhalte. Da der Beklagte zu 2 - unstreitig - der alleinige Geschäftsführer der Beklagten zu 1 ist, hafte er für die angegriffene Irreführung.
Die Klägerin hat beantragt,
Die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 EUR, ersatzweise/oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an dem Beklagten zu 2, zu unterlassen, auf ihren Kanzleibriefbögen die Standorte D, E und F anzugeben, wenn dies geschieht wie nachfolge...