Entscheidungsstichwort (Thema)
Parallelimport von Arzneimitteln - Klacid
Leitsatz (amtlich)
1. Der Verlust markenrechtlicher Ansprüche nach § 24 Abs. 1 MarkenG setzt voraus, dass die betreffende Ware mit der nämlichen Kennzeichnung, mit der sie in Deutschland vertrieben wird, bereits im EG-Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden ist. Die Erschöpfungseinrede kann daher der Parallelimporteur, der das vom Hersteller in Spanien als "Klacid" vertriebene Arzneimittel in Deutschland als "Klacid Pro" anbietet, nicht berufen.
2. Handelt es sich bei "Klacid" und "Klacid Pro" wegen unterschiedlicher Dosierempfehlungen um verschiedene Arzneimittel, so stellt die Durchsetzung der Markenrechte keine Maßnahme dar, die sich wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung auswirkt (Art. 28 EGV), wenn der Importeur das Arzneimittel "Klacid" in Deutschland absetzen kann. Dieser hat daneben EG-rechtlich keinen Anspruch, das importierte Mittel zusätzlich oder alternativ als anderes Arzneimittel ("Klacid Pro") zu vertreiben (Übereinstimmung mit OLG Hamburg MD 2003, 470 [479 ff.])
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 11.09.2003; Aktenzeichen 31 O 679/01) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagen gegen das am 11.9.2003 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des LG Köln - 31 O 679/01 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann jedoch die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in nachbenannter Höhe abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit jeweils in derselben Höhe leistet. Es ist Sicherheit in folgender Höhe zu leisten bzw. sind folgende Beträge zu hinterlegen:
Bei Vollstreckung des Anspruches auf
a) Unterlassung 250.000 Euro;
b) Kostenerstattung 120 % der zu vollstreckenden Summe.
Die Parteien können die Sicherheiten durch eine schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstitutes leisten.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien sind Pharmaunternehmen. Sie streiten über die Rechtmäßigkeit eines Parallelimports des Arzneimittels "KLACID" durch die Beklagte.
Bei KLACID handelt es sich um ein Antibiotikum mit dem Wirkstoff Claritromycin. Dieses in Blisterstreifen zum Durchdrücken verpackte Präparat vertreibt die Klägerin in Deutschland seit mehr als 10 Jahren, und zwar in den Packungsgrößen zu 10 (N1) und zu 20 (N2) Tabletten. In Spanien bietet sie das Arzneimittel als "KLACID 250 Comprimidos" in einer Packungsgröße zu 12 Filmtabletten an. Das auf dem Markt sehr erfolgreiche Präparat wird seit dem Jahre 1995 in steigendem Umfang insb. aus Spanien parallel nach Deutschland importiert.
Die Klägerin vertreibt (nur) in Deutschland seit dem Jahre 2001 auch ein Arzneimittel unter der Bezeichnung "KLACID PRO". Dabei handelt es sich von der stofflichen Zusammensetzung her um ein Präparat, das mit KLACID völlig identisch ist. Der einzige Unterschied besteht in der Form der Verpackung, der Anzahl der in der Packung enthaltenen Tabletten und der abweichenden Dosierungsempfehlung: Das - nur in einer Packungsgröße angebotene - Arzneimittel KLACID PRO enthält 12 Filmtabletten. Nach der Dosierungsanweisung soll der Patient (wie bei KLACID) täglich zwei Tabletten nehmen, am ersten Tag jedoch - abweichend von der Einnahme von KLACID - doppelt soviel, nämlich 2 × 2 Tabletten. Dementsprechend ist auf der Rückseite der Blisterverpackungen der Einnahmetag vermerkt ("1., 2.,... Tag") und enthalten die beiden Tablettenkammern für den ersten Anwendungstag nicht - wie die übrigen Kammern - jeweils eine, sondern zwei Tabletten. Diese Blistergestaltung soll nach dem Vortrag der Klägerin die sog. "Patienten-Compliance", also die Befolgung der Dosierungsanweisung, gewährleisten. Andere Unterschiede zu dem Präparat KLACID bestehen nicht. Die Klägerin hat bei der Einführung von KLACID PRO in einem Anschreiben formuliert, eine "Substitution durch einen Reimport KLACID 250 mg 12 Tabletten" sei nicht erlaubt. Sie hat für KLACID PRO eine eigene Zulassung beantragt und erlangt und vertreibt es ausschließlich in Deutschland, und zwar zu dem selben Packungspreis wie KLACID in der Größe N1, die nur 10 Tabletten enthält.
Die Beklagte hat zunächst eine Parallelimportzulassung für den Import von KLACID 250 Comprimidos von Spanien nach Deutschland erhalten. Eine spätere Änderungsanzeige dahingehend, dass das Produkt nunmehr unter der Bezeichnung "KLACID PRO" vertrieben werde, lehnte das BfArM mit Schreiben vom 20.11.2001 ab. Die daraufhin beantragte weitere Parallelimportzulassung für den Vertrieb des Präparates nunmehr unter der Bezeichnung KLACID PRO hat die Beklagte dann von dem BfArM erhalten. Den Vertrieb des aus Spanien importierten Mittels unter der Bezeichnung KLACID PRO greift die Klägerin im vorliegenden Verfahren an.
Sie stützt sich auf die für ihre Muttergesellschaft eingetr...