Entscheidungsstichwort (Thema)
Architektenhaftung
Leitsatz (amtlich)
Zwar darf sich ein Architekt grundsätzlich auf die Berechnungen eines Statikers verlassen. Er muss sich jedoch vergewissern, dass sie auf der Grundlage zutreffender und vollständiger bautechnischer Vorgaben vorgenommen worden sind, und sie zumindest auf Fehler oder Unvollständigkeit überprüfen, die für ihn als Architekten auch ohne Spezialkenntnisse erkennbar sind Das umfasst insbesondere die Prüfung, ob der Statiker seiner Berechnung den maßgebenden Stand der Architektenplanung zugrunde gelegt hat.
Normenkette
BGB §§ 280, 631
Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 21.12.2010; Aktenzeichen 12 O 511/07) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 12. Zivilkamer des Landgrichts Aachen vom 21.12.2010 (12 O 511/07) dahin abgändert, dass die Kägerin unter Abwesiung der weitergehenden Widerklage verurteilt wird, an die Beklagten 17.444,04 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinsatz seit dem 27.10.2007 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Berufung der Kägerin zurückgewiesen.
3. a) Die Kosten des Rechtstreits 1. Instanz tragen die Klägerin zu 44 % und die Beklagten zu 56 %.
b) Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 57 % und die Beklagten zu 43 %.
c) Die Kosten des Streithelfers trägt dieser selbst.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen (§§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO.
I. Die zulässige Berufung der Klägerin ist nur teilweise begründet. Im einzelnen gilt Folgendes:
1. Die Klägerin rügt zunächst, dass das LG die Position 1. der Widerklage (2.479,01 EUR) doppelt zuerkannt habe. Es habe sie zu den Positionen 2.-5., die der Sachverständige mit 8.242,14 EUR beziffert habe (richtig: 8.242,12 EUR, vgl. S. 57 des Gutachtens = Bl. 587 d.A.), irrtümlich nochmals hinzugerechnet. Diese Rüge ist berechtigt (8.242,12 EUR + 2.479,01 EUR = zuerkannte 10.721,13 EUR). Es handelt sich um einen offensichtlichen Rechenfehler, der - wovon beide Parteien ausgehen - nach § 319 ZPO zu berichtigen ist.
Ferner meint die Beklagte, der Ersatz der Position 1., mit der die Beklagten die Kosten der nachträglichen statischen Berechnung durch das Ingeniergesellschaft L-L geltend machen, sei nicht berechtigt. Diese Berechnung sei unbrauchbar, weil sie - wie der gerichtliche Sachvertändige ausgeführt habe - auf falschen Grundlagen beruhe. Das ändert indes nichts daran, dass die statische Neuberechnung aufgrund der von der Klägerin fehlerhaft vorgenommenenen Umsetzung der Außenwanddämmung (dazu unter 2.) erforderlich geworden ist und daher nach § 249 BGB zu ersetzen ist. Dementsprechend hat die Ingenieurgesellschaft L-L die statische Notwendigkeit der zusätzlichen Unterfangung der Erdgeschossdecke ermittelt. Etwaige Mängel dieser statischen Berechnung lassen den Zurechnungszusammenhang nicht entfallen.
2. Zu den zugesprochenen Positionen 2.-5. der Widerklage rügt die Klägerin, die Kosten für die zusätzliche Unterfangung der Erdgeschossdecke durch das Einbringen einer zusätzlichen Wandschale (5.056,76 EUR) seien nicht von ihr zu verantworten. Das LG hat hierzu ausgeführt, die erforderliche Außenwanddämmung von 22 cm sei von der Klägerin in ihrer Planung fehlerhaft umgesetzt worden. Diese sah eine 24 cm dicke Dämmschicht mit der Folge vor, dass die oberirdischen Außenwände um 2 cm nach innen versetzt wurden, was nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen unzulässige Spannungen im Mauerwerk bewirkt hätte. Zu deren Ausgleich wurde die Untermauerung der Kelleraußenwände mit einer 11,5 cm dicken Wandschale erforderlich. Gegen die Verurteilung zum Schadensersatz wendet sich die Klägerin ohne Erfolg.
a) Sie macht geltend, im maßgebenden Zeitraum 2006 seien weder die 22 cm dicken Dämmstoffe noch die für die vom Sachverständigen alternativ vorgeschlagene zweilagige Variante erforderlichen Dämmstoffe mit einer Dicke von 12 und 10 cm zu beschaffen gewesen. Das bleibt aber unsubstantiiert. Die Klägerin beschränkt sich auf die pauschale, nicht näher konkretisierte Behauptung, zum damaligen Zeitpunkt sei es "keineswegs möglich gewesen, ohne weiteres Dämmstoffe zu bekommen", der Markt sei wegen der anstehenden Erhöhung der Mehrwertsteuer "relativ leer" gekauft gewesen. Damit ist aber nicht dargtan, dass die Beschaffung der vorgenannten Dämmstoffe unmöglich gewesen wäre.
b) Die Anbringung von zwei Lagen Dämmmaterial - so der weitere Einwand - hätte wesentlich höhere Kosten verursacht. Dieser Einwand wäre nur bei Nichtverfügbarkeit einer 22 cm dicken Dämmschicht erheblich. Die Kostenerhöhung wird zudem nicht näher beziffert, was zu Lasten der Klägerin geht. Es handelt sich um den Einwand von Sowieso-Kosten, für den die Klägerin als Schädigerin darleg...